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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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auseinander gerissen worden, aber die Welt drehte sich weiter.
    Ich wendete den Seville, fuhr nach Norden durch das Gewerbegebiet, kam in die Flats und rollte langsam an der Bartell-Villa vorbei. Im Tageslicht wirkte das Haus noch riesiger. Es war rechteckig und weiß wie ein frisches Stück Seife. Der Zaun sah so aus, als umgäbe er ein Gefängnis. Das Tor der Vierergarage war geschlossen, aber ein roter Jeep Grand Cherokee stand mit dem Motor im Leerlauf unmittelbar hinter dem elektrischen Tor.
    Ich parkte und sah von der anderen Straßenseite aus zu, wie das Tor aufging und Kayla Bartell herauskam. Sie sprach in ihr Mobiltelefon, bog rechts ab, ohne auf den Verkehr zu achten, und sauste in Richtung Santa Monica Boulevard. Sie redete angeregt und ununterbrochen und hatte keine Ahnung, dass ich hinter ihr herfuhr, während sie weder das Stoppschild an der Elevado noch das an der Carmelita beachtete. Ohne den Blinker zu betätigen, bog sie nach links auf den Santa Monica ein und fuhr weiter nach Osten, das Telefon immer noch fest in der Hand. Mit der anderen lenkte sie, nahm sie aber manchmal vom Steuer, um damit zu gestikulieren, und schwenkte dann in andere Fahrbahnen. Die übrigen Autofahrer hielten meistens einen gewissen Abstand zu ihr ein, bis eine andere junge Frau in einem Porsche Boxter auf die Hupe drückte und ihr den Mittelfinger zeigte.
    Kayla nahm sie nicht zur Kenntnis, plapperte weiter, schlängelte sich bis zum Canon Drive durch, bog nach Süden ab und parkte in der Gasse hinter dem Coiffeursalon Umberto. Ein Parkwächter hielt die Fahrertür auf, und Kayla sprang hinaus. Sie trug ein bauchfreies Top aus schwarzer Spitze, eine schwarze Lederhose und hochhackige Stiefel, ebenfalls aus schwarzem Leder. Auf dem Kopf hatte sie eine Baseballmütze aus Silberlamé. Ihr blonder Pferdeschwanz hing über dem Verstellband.
    Kein Trinkgeld für den Parkwächter, nur ein Lächeln. Irgendjemand hatte ihr gesagt, das wäre genug.
    Mit federndem Schritt betrat sie den Salon.
    »Ein Zweihundertdollarhaarschnitt«, sagte Milo. »Ah, man möchte noch mal jung sein.«
    Wir saßen im Seville, und ich fuhr auf dem Olympic nach Westen zu Mary Lous Praxis.
    »Hast du die Jungs erreicht, die in den Unfall verwickelt waren?«, fragte ich.
    »Beide, und sie bestätigen das, was uns die Quicks erzählt haben. Gavin saß hinten zwischen ihnen in der Mitte. Sie waren angeschnallt, als der Wagen den Berg rammte, und wurden von den Gurten zurückgehalten. Aber durch den Aufprall wurde Gavin nach vorne gerissen und mit dem Kopf gegen den Fahrersitz geschleudert. Er kam rausgeschossen wie eine Banane aus der Schale, so beschrieb es einer von ihnen. Beide sagten, Gavin sei ein netter Kerl gewesen, aber er hätte sich enorm verändert. Wäre nicht mehr gesellig gewesen, hätte sich von ihnen zurückgezogen. Ich fragte sie, ob er in geistiger Hinsicht nachgelassen hätte, und sie zögerten. Wollten ihn nicht schlecht machen. Als ich nicht locker ließ, gaben sie zu, dass er abgestumpft sei. War einfach nicht mehr derselbe.«
    »Haben sie irgendwas von zwanghaftem Verhalten gesagt?«
    »Nein, aber sie hatten ihn eine Zeit lang nicht mehr gesehen. Sie waren ziemlich erschüttert darüber, dass er ermordet worden war. Keiner hatte eine Idee, wer ihm etwas hätte antun wollen, und sie wussten nichts von einer Blondine, mit der er zusammen war, abgesehen von Kayla. Die einer von ihnen als ›verwöhnte kleine Hexe‹ bezeichnete.«
    »Die namenlose Blondine«, sagte ich.
    »Ich habe die Fernsehsender angerufen«, sagte er, »und sie gefragt, ob sie diese Aufnahme von ihr aus der Pathologie zeigen würden. Sie haben Nein gesagt, das wäre zu gruselig, aber wenn ich einen Maler dazu brächte, eine etwas abgemilderte Version davon zu machen, dann vielleicht. Falls die Sendezeit es zuließe. Ich hab einem unserer Zeichner eine Kopie des Fotos geschickt, mal sehen. Vielleicht würden die Zeitungen das richtige Foto bringen. Dem armen Kind seine fünfzehn Sekunden Ruhm verschaffen.«
    »Zu gruselig«, sagte ich. »Sehen die denn in dieselbe Glotze wie ich?«
    Er lachte. »Die Medien reden immer vom Dienst an der Öffentlichkeit, aber sie wollen vor allem Werbezeit verkaufen. Alex, es war so, als wollte ich irgendeinem Arschloch im Showbusiness eine Geschichte schmackhaft machen. Was ist dabei drin für michmichmichmich - okay, da wären wir, fahr doch hintenrum, damit wir sehen, ob Mary Lous Mercedes da ist.«
    Er war nicht da, aber wir parkten

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