Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
verschlossenen Umschlag mit dem Stempel FOTOS, BITTE NICHT KNICKEN. »Hier ist deine Chance, eine ›anonyme Quelle‹ zu sein.«
    Ich legte einen Finger an die Lippen.
    Wir kamen am Ende der Treppe an. Roland Kristof und sein Staubsauger waren nicht mehr zu sehen, und Milo schaute in den leeren Korridor.
    »Eine Geisterstadt«, sagte er. »›Charitable Planning‹. Hast du ein Eau de Beschiss wahrgenommen?«
    »Zumindest Eau de Schattenfirma«, erwiderte ich. »Du hast Kristof drangsaliert. Was hat dich an ihm gestört?«
    »Er hat schwadenweise Eau de Knacki verströmt, und darauf reagiert meine Nase immer empfindlich.«
    »Ich dachte, es wäre vielleicht mehr als das.«
    »Und was?«
    »Ein auf Bewährung Freigelassener, der von Koppels Exmann eingestellt wird, arbeitet in dem Haus, in dem drei Mordopfer verkehren. Flora Newsomes Job bei der Bewährungshilfe. Bevor Koppel umgebracht wurde, haben wir uns Gedanken über einen Exsträfling gemacht.«
    »Flora schon wieder«, sagte er und bewegte sich weiter.
    »Das stört dich nicht?«, fragte ich.
    »Was?«
    »Dass Sonny Koppel einen rauschgiftsüchtigen Sträfling auf Bewährung als Hausmeister einstellt? Der gesamte Gefängniszusammenhang?«
    »Alles stört mich.« Als wir am Auto ankamen, sagte er: »Und was Flora betrifft: Worüber wir uns Gedanken gemacht haben, war, dass sie mit einem Knastbruder schlief . Sie hat sich vielleicht unters gemeine Volk gemischt, Alex, aber ich kann sie mir nicht neben einem ausgebrannten Junkie wie Kristof vorstellen.«
    »Kristof ist vielleicht nicht der einzige Mann auf Bewährung in Koppels Belegschaft. Vielleicht hat Koppel ja eine Quelle aufgetan, wo er billige Arbeitskräfte herbekommt. Mary Lou hat sich für Gefängnisreformen eingesetzt. Da könnte eine Verbindung bestehen.«
    »Larsen sagt, er hätte sie auf die Idee gebracht.«
    »Larsen war enttäuscht, weil wir ihn nicht auf den Interviewaufnahmen gehört haben. Jeder hat ein Ego.«
    »Sogar Seelenklempner?«
    »Besonders Seelenklempner.«
    Er versuchte, die Beifahrertür aufzuziehen. Ich hatte den Seville noch nicht aufgeschlossen, sein Arm strengte sich an, und er ächzte. Bevor ich den Schlüssel umgedreht hatte, war er zurück in die Gasse geschlendert.
    Als er wiederkam, sagte er: »Es wird Zeit, Mr. Sonny Koppel kennen zu lernen. Noch etwas, das sofort hätte gemacht werden sollen. Frau wird ermordet, geh direkt auf den Exmann los, das lernst du im gottverdammten Grundkurs für Detectives.«
    »Du hast es mit drei Fällen zu tun, die in alle möglichen Richtungen zeigen.«
    Er warf die Hände in die Luft und lachte. »Wieder die unterstützende Therapie.«
    »Die Realität.«
    »Wenn ich Realität wollte, würde ich nicht in L.A. leben.«
    Als wir losfuhren, versank er in Schweigen. Ich überquerte den Olympic, und er kündigte an, dass er Sheila Quick zwecks Durchsuchung von Gavins Zimmer allein gegenübertreten würde. Ich ließ ihn am Revier aussteigen und fuhr zurück nach Hause. Spike wartete an der Tür auf mich und machte einen trostlosen Eindruck.
    Das war neu. Im Allgemeinen spielte er den Nonchalanten: blieb auf der Veranda liegen, wenn ich nach Hause kam, wartete ab, wenn die Zeit zum Spazierengehen näher rückte, gab vor zu schlafen, bis ich seinen schlaffen Körper hochhob und ihn auf seine vier Pfoten stellte.
    »Hey, Kerlchen.«
    Er schnaubte, schüttelte einen Speichelregen in meine Richtung, leckte mir die Hand.
    »Bist einsam, was?«
    Er senkte den Kopf, wandte den Blick aber nicht von mir ab. Ein Ohr zuckte.
    »Richtig einsam.«
    Er blickte nach oben und stieß ein leises, heiseres Stöhnen aus.
    »Hey«, sagte ich, ließ mich auf ein Knie nieder und kraulte ihm den Nacken, »sie ist morgen wieder zu Hause.«
    Früher hätte ich hinzugefügt: Ich vermisse sie auch .
    Spike schniefte und rollte sich auf den Rücken. Ich kratzte ihn am Bauch. »Wie wär’s mit ein bisschen Bewegung?«
    Im nächsten Moment war er auf den Beinen. Keuch, keuch.
    Ich hatte eine alte Hundeleine im Schrank meines Arbeitszimmers aufbewahrt, und als ich mit ihr zurückkam, sprang er in die Luft, jaulte und kratzte an der Tür.
    »Schön, wenn man das Gefühl hat, geschätzt zu werden«, sagte ich.
    Er hörte auf mit dem Theater. Sein Gesichtsausdruck besagte: Bild dir bloß nichts ein.
    Seine kleinen Stummelbeine und sein geschwächter Gaumen wurden mit einer halben Meile den Glen hoch und zurück fertig. Nicht schlecht für ein zehn Jahre altes Hündchen - in

Weitere Kostenlose Bücher