Im Sog der Angst
Bulldoggenjahren war er längst im Rentenalter. Als wir zurückkamen, hatte er fuchtbaren Hunger und schrecklichen Durst, und ich machte seine Schüsseln voll.
Während er fraß, wählte ich die letzte Telefonnummer, die ich von Ned Biondi hatte. Ned war vor einigen Jahren als Kolumnist für die Times in Pension gegangen und hatte davon gesprochen, nach Oregon zu ziehen, so dass ich nicht überrascht war, als ich die Botschaft Kein Anschluss unter dieser Nummer zu hören bekam. Ich versuchte es über die Auskunft in Oregon, aber er war dort nicht aufgeführt.
Ich hatte Neds Tochter, ein äußerst kluges Mädchen mit zu hohen Maßstäben, das sich beinahe zu Tode gehungert hätte, vor mehreren Jahren behandelt. Ich nahm an, der Umstand, dass Ned es nicht für nötig gehalten hatte, mir seine neue Nummer mitzuteilen, war ein gutes Zeichen. Die Familie brauchte mich nicht mehr. Wie alt wäre Anne Marie inzwischen? Beinahe dreißig. In den vergangenen Jahren hatte Ned angerufen, um mich auf dem Laufenden zu halten, und ich wusste, dass sie geheiratet und ein Kind bekommen hatte und immer noch davon redete, Karriere zu machen.
Die Informationen kamen immer von Ned. Ich hatte nie ein engeres Verhältnis mit seiner Frau hergestellt, die während der Therapie kaum mit mir gesprochen hatte. Als die Behandlung vorüber war, sprach auch Anne Marie nicht mehr mit mir, nicht mal, um meine Telefonanrufe zur Nachfrage zu erwidern. Ich hatte das einmal Ned gegenüber erwähnt, und er war peinlich berührt gewesen und hatte sich entschuldigt, und deshalb kam ich nicht mehr darauf zu sprechen. Ein Jahr nach dem Ende der Behandlung hatte Anne Marie mir einen eleganten Dankesbrief auf rosafarbenem, parfümiertem Briefpapier geschrieben. Der Ton war liebenswürdig, die Botschaft klar: Mir geht’s gut. Lass mich in Frieden.
Auf keinen Fall konnte ich sie anrufen, um Neds Aufenthaltsort festzustellen. Irgendjemand bei der Zeitung würde wissen, wo er war.
Als ich begann, die Nummer der Times -Zentrale einzutippen, war ein Anruf in der Leitung.
»Hallo, Baby«, sagte Allison.
»Hey.«
»Wie war dein Tag?«
»Nicht schlecht«, sagte ich. »Und deiner?«
»Das Übliche … hast du eine Minute Zeit?«
»Stimmt irgendwas nicht?«
»Nein, nein. Es war nur - gestern, als ich vorbeikam … Alex, du weißt, ich mag Robin, wir sind immer gut miteinander ausgekommen. Aber als ich vorfuhr … und euch zwei gesehen habe …«
»Ich weiß, wie es aussah, aber sie hat sich nur bei mir dafür bedankt, dass ich ihr Spike abgenommen habe.«
»Ich weiß.« Ihr Lachen war dünn. »Ich hab angerufen, um dir zu sagen, dass ich es weiß. Weil ich vielleicht ein paar Eifersuchtsschwingungen ausgestrahlt habe. Ich war ein bisschen genervt. Als ich sah, wie sie dich küsste.«
»Keusch«, sagte ich. »Auf die Wange.«
Sie lachte erneut und wurde dann still.
»Ally?«
»Ich konnte die Szene nicht richtig einschätzen«, sagte sie. »Alles, was ich sah, waren zwei Leute, die … Ihr saht wie ein Paar aus - ihr saht so aus, als fühltet ihr euch wohl miteinander. Und dann begriff ich es plötzlich. Die ganze Geschichte, die ihr gemeinsam habt. Da ist nichts Falsches dran. Ich hab nur angefangen, es damit zu vergleichen … Es scheint nur so, als wären wir noch so weit davon entfernt …«
»Allison...«<
»Ich weiß, ich weiß, ich benehme mich neurotisch und unsicher«, sagte sie. »Ab und zu darf ich das mal, stimmt’s?«
»Klar darfst du das, Schatz, aber in diesem Fall ist es nicht gerechtfertigt. Sie war nur aus dem Grund hier, um Spike abzugeben. Punkt.«
»Nur ein Küsschen auf die Wange.«
»Genau.«
»Ich will nicht, dass du glaubst, ich hätte mich in eine besitzergreifende, paranoide Ziege verwandelt - ach, hör mich nur an.«
»Hey«, sagte ich, »wenn die Situation umgekehrt wäre, würde ich genauso reagieren. Robin hat kein Interesse an mir, sie ist mit Tim glücklich. Und ich bin völlig verrückt nach dir .«
»Ich bin deine Geliebte numero uno .«
»Das bist du.«
»Okay, ich habe meine Selbstachtungsspritze bekommen«, sagte sie. »Tut mir Leid, dass ich dir mitten am Tag auf den Wecker gegangen bin.«
»Du bist mein Mädchen, Dr. Gwynn. Wenn ich dich mit einem Typen knutschend antreffe, wird das kein schöner Anblick sein.«
»Sicher. Mein kultivierter Freund.«
»Stell mich nicht auf die Probe.«
Diesmal kam ihr Lachen von Herzen. »Ich kann nicht glauben, dass ich diesen Anruf gemacht habe. Ich will auf keinen
Weitere Kostenlose Bücher