Im Sog der Gefahr
Stirnrunzelnd trat Holly einen Schritt auf sie zu. Ihr Herz begann schwer und langsam zu hämmern. Das klang gar nicht gut. Messenger winkte sie näher zu sich heran. Sie benahm sich merkwürdig, und Holly hasste es, wenn Leute sich merkwürdig benahmen.
»Was ist?«
»Bei der Hotline ist ein Hinweis eingegangen, wem das Messer gehört hat, und man hat ihn an mich weitergeleitet.«
Holly verschränkte die Arme. »Wem?«
»Thomas Edgefield.« Messengers Blick huschte immer wieder zur Eingangstür.
»Scheiße!« Holly schob das Kinn vor.
»Ich habe auch einen Beleg dafür, dass er am Tag vor Milbanks Ermordung ein neues Messer in Tofino gekauft hat.«
Finn musste sie angelogen haben. Holly presste die Lippen zusammen, wollte den Zorn, der in ihren Adern floss, noch nicht entweichen lassen.
»Aber das Interessanteste daran ist Folgendes: Ich habe mir den Anruf angehört und die Stimme des Mannes erkannt, der den Hinweis gegeben hat.«
»Wer war es?«, drängte Holly.
»Rob Fitzgerald. Finn Carvers Assistent.«
Sie dachte darüber nach. Entweder war Rob ein besorgter Bürger, der seinen Job nicht riskieren wollte, oder er versuchte, Edgefield den Mord anzuhängen, was bedeutete, dass er vielleicht selbst etwas damit zu tun hatte. »Überprüfen Sie Rob Fitzgeralds Hintergrund. Alles von den Telefonverbindungen bis zu seinen Finanzen.« Sie blickte zur anderen Seite des Meeresarms, während ihr Zorn an Boden gewann, ihr die Haut versengte und in ihrem Herzen brodelte. »Ich bin in einer Stunde zurück.«
»Wohin gehen Sie?«, fragte Messenger.
»Ich werde Edgefield und Carver noch einmal wegen des Messers befragen. Wir sollten genau wissen, wer in welchen Punkten gelogen hat, bevor wir den Chef informieren.«
Rachel nickte schnell. »Ich werde nichts verraten. Aber melden Sie sich zurück, ja?«
Holly schnaubte. Messenger war um sie besorgt. Sie klopfte auf ihre Smith & Wesson. »Ich habe Sie auf Kurzwahl. Aber machen Sie sich keine Sorgen, ich kann schon auf mich aufpassen.«
Finn saß auf seiner Terrasse und genehmigte sich ein Bier. Es hatte schlimme Tage in seinem Leben gegeben, eine ganze Menge davon, aber sie wurden nie leichter. Erst fand er Ginas Leiche, dann gab es Streit mit Holly und er musste zusehen, wie Brent wie ein beschissener Krimineller davongekarrt wurde. Eine Hand zur Faust geballt, unterdrückte er die Wut, die in seinem Blut brannte.
Idiot!
Er hatte Holly an sich herangelassen, obwohl er sich ermahnt hatte, es nicht zu tun. Und was war passiert? Nur wenige Stunden nachdem ihm klar geworden war, dass sie ihm etwas bedeutete, saß sein Bruder in einer Fünf-Quadratmeter-Zelle. Er setzte die Flasche an und leerte sie in einem Zug.
Herrgott!
In seinen Augen brannte es, aber er weinte nicht. Er war nicht mehr der dumme kleine Junge. Er würde das wieder hinkriegen.
Stiefel stapften die Stufen herauf. Das war auch verdammt noch mal an der Zeit. Er öffnete die nächste Flasche, lehnte sich in seinem Stuhl zurück … und ließ den Blick unverschämt über ihren Körper wandern. Jetzt hatte er schließlich nichts mehr zu verlieren, und sie wütend zu machen war ein angenehmer Nebeneffekt.
Sie beugte sich zu ihm herab, bis sie auf Augenhöhe waren. Ihr Blick loderte heiß wie Lava. Ohne die Zähne zu bewegen, brachte sie hervor: »Sie haben mich wegen des Messers angelogen.«
Für einen Augenblick wurde ihm schwindelig. Er hatte ganz vergessen, dass er doch noch etwas zu verlieren hatte. Thom.
Er stand auf und zwang sie damit, einen Schritt zurückzuweichen. Er öffnete die Tür und zerrte sie ins Wohnzimmer. Das war kein Gespräch, bei dem er Mithörer gebrauchen konnte.
»Lassen Sie mich los.«
Er ließ ihren Arm fallen wie einen Stein. »Wie haben Sie das mit dem Messer herausgefunden?« Und was genau wusste sie?
Sie verströmte Wogen der Wut. Tja, da ging es ihr ja nicht anders als ihm. »Das ist Verschlusssache. Sagen Sie mir, was Sie von dem Messer wissen.«
Scheiße, Scheiße, Scheiße!
»Also gut. Das Messer war Thoms altes Tauchmesser. Er hat gesagt, er habe es vor einigen Wochen verloren.« Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare. »Jeder könnte es aus seinem Fach genommen haben. Wir schließen nie ab, und selbst wenn …«
»Das habe ich kapiert.« Er sah, wie sich die Kontur ihres Halses bewegte, als sie gewaltsam unterdrückte, was sie eigentlich sagen wollte. »Was ich nicht kapiere, ist, dass Sie gelogen haben, als ich Sie nach dem Messer gefragt
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