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Im Sog der Gefahr

Im Sog der Gefahr

Titel: Im Sog der Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Anderson
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wurde.
    Kräftig blinzelnd nahm Holly den Schlüssel entgegen. »Danke.«
    Sie hievte ihre Tasche hoch und ging nach draußen, trottete über durchhängende Holzbohlen, von denen die Farbe abblätterte, und schloss die Tür zu Nummer sieben auf. Sie nahm ihren Mut zusammen und betrat ein Zimmer, das zwar nichts Besonderes war, aber immerhin sauber, warm und glücklicherweise ruhig. Sie warf die Tasche aufs Bett und lud ihr Handy auf. Weil sie Durst hatte, schaltete sie die Mini-Kaffeemaschine ein und brühte sich eine Tasse auf.
    Die Sonne fiel schräg durch das Fenster herein, deshalb zog sie die Vorhänge zu, ehe sie sich aufs Bett setzte, den Rücken an die Kopfstütze gelehnt, und den Laptop auf ihrem Schoß aufklappte.
    Sie steckte den USB -Stick ein, den Edgefield ihr gegeben hatte, und rief die ersten Polizeiberichte auf. Man hatte damals viele Arbeitsstunden in Befragungen investiert, aber nicht viel aus den Einheimischen herausbekommen – genau wie Holly selbst. Die meisten Namen kannte sie, und obwohl es ein paar Zugezogene gab, waren viele der Einwohner noch dieselben.
    Holly fand es merkwürdig, an einem so abgelegenen Ort zu wohnen. Jedes Mal über diese verdammte Straße zu müssen, wenn man die Zivilisation sehen wollte? Niemals.
    Sie mochte die Wildnis, aber nur für einen Abstecher, nicht für das normale, alltägliche Leben. Was nur bekräftigte, dass sich zwischen Finn und ihr nie etwas anderes als eine zwanglose Affäre entwickeln konnte. Aber warum grub sich dann mit nadelspitzen Krallen der Wunsch in ihr Bewusstsein, ihn zu suchen und sich bei ihm zu entschuldigen? Wollte sie die letzte Nacht wiederholen? Ihr Körper sagte ›Scheiße, ja!‹, während ihr Verstand klar und entschieden ›Nein‹ sagte.
    Wollte sie ihm wehtun? Es sich noch mehr mit ihm verderben, als sie es schon getan hatte? Nicht dass er ihr letzte Nacht hinterhergelaufen wäre oder nach ihrem heutigen Zusammentreffen versucht hätte, sie anzurufen. Warum sollte er auch? Sie hatte ihn wie einen unverbindlichen One-Night-Stand behandelt.
    Den meisten Männern mochte das nichts ausmachen, aber ihm schon, und das wusste sie. Sie waren sich wirklich nahe gewesen, und das hatte sie zerstört, weil sie ihn berührt und er sie geküsst hatte. Von da an waren sie einfach nicht mehr zu bremsen gewesen, und jetzt wusste sie nicht mehr, wer sie eigentlich war.
    Bin ich auch so ein Fehler, Holly?
    Sie kniff die Augen zu, denn noch immer konnte sie seine lustvolle Berührung spüren, und noch immer wollte sie ihn, wollte ihn auf so vielen Ebenen, dass sich ihr Puls beschleunigte. Warum sollte er sie jetzt noch wollen? Überhaupt nicht. Niemand würde das. Und das war gut so. Aber es änderte nichts daran, dass ein roher Schmerz sie innerlich entzweiriss und eine tiefe Schlucht gähnender Leere hinterließ.
    Das mit Finn war vorbei. Geschichte. Und er war verdammt noch mal besser dran, ohne dass sie sein Leben durcheinanderbrachte.
    Sie rief die Tatortfotos vom Edgefield-Doppelmord auf. Größtenteils waren die Bilder schwarz-weiß, einige in Farbe. Die ersten zeigten den Wald, der nur einen Gewehrschuss von hier entfernt lag. Als sie die erste Nahaufnahme des Opfers sah, krampfte sich ihr Magen zusammen.
    Die Frau, die da mit zerschmettertem Kopf am Boden lag, hätte wirklich Holly sein können. Das nächste Bild zeigte in einem größeren Ausschnitt auch das Baby, das ebenfalls einen frontalen Schlag in sein winziges Gesicht erlitten hatte. Holly fuhr sich mit der Hand über die Augen, die Kehle wurde ihr eng. Sie nahm ihre Kaffeetasse vom Nachttisch und trank einen Schluck, um sich zu beruhigen.
    So hatte Thomas seine Frau und seinen Sohn vorgefunden?
    Das besagte der Bericht.
    Aber warum hatte der Mörder das Baby so sorgsam in die Arme seiner Mutter gebettet, an ihre Brust geschmiegt? Beschützt im Tod, wenn schon nicht im Leben?
    Soweit der Rechtsmediziner es beurteilen konnte, war Bianca Edgefield nicht vergewaltigt worden. Jemand hatte ihr einfach mit einem Hammer den Kopf eingeschlagen und sie liegengelassen. Ein persönlicher Mord aus nächster Nähe.
    Sie blätterte die Bilder durch, doch alle zeigten dasselbe. Und keine Spur von dem zweijährigen Mädchen. Kein Blut. Nur ihre kleine, rote Jacke und etwas, das wie Schleifspuren aussah. Holly sah sich ein Foto des Mädchens an.
    Scheiße, sie hätten Zwillinge sein können, wäre da nicht das breite Lächeln auf dem Gesicht des Mädchens gewesen. Auf den meisten ihrer eigenen

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