Im Sog der Gefahr
zusammen. Sie durfte eine eigene Meinung haben, aber offensichtlich durfte sie dem Team Commander nicht offen widersprechen. Sie hätte es besser wissen müssen.
Noch eine Stunde, dann war er weg. An diesem Gedanken musste sie sich festhalten. Es konnte gar nicht schnell genug gehen.
Die drei marschierten den Weg entlang und stiegen einige Steinstufen hinunter, die zu einem flachen, modern aussehenden Gebäude führten. Furlong hämmerte an die Tür, und kurz darauf öffnete ein misstrauisch dreinblickender Edgefield im blau gestreiften Pyjama. Obwohl es Furlong war, der mit ihm sprach, ging sein Blick sofort in Hollys Richtung.
»Thomas Edgefield?«
Thomas rieb sich hinter seiner Brille die Augen und legte den Kopf schief, um Furlongs entschlossenem Blick zu begegnen. »Was kann ich für Sie tun?«
»Wir haben einige Fragen an Sie.«
Edgefield lachte unsicher. »Und das kann nicht warten, bis ich angezogen bin?«
»Es dauert nur einen Augenblick.« Furlong schob ihn zur Seite und trat uneingeladen ins Haus.
Edgefield sah Holly und Corporal Messenger an. »Mit euch ist es wie mit dem Bus. Da wartet man sein halbes Leben auf einen, und dann kommen drei auf einmal.«
Corporal Messenger lächelte ihn freundlich an, während Holly einen neutralen Gesichtsausdruck wahrte. Wenn Furlong auf dem Kriegspfad war, musste sie sich vorsehen.
»Sergeant Rudd kennen Sie ja.« Furlong stand ungeduldig im Flur und ignorierte die ausgestreckte Hand des Mannes. »Das ist Corporal Messenger, und ich bin Staff Sergeant Furlong. Ich bin der Verantwortliche in dieser Ermittlung.«
Edgefield warf Holly einen Blick zu, den diese jedoch ignorierte. Er nickte höflich. Seine Schultern waren leicht gebeugt, und die Haare standen ihm in einsteinscher Manier vom Kopf ab. Sie folgten ihm ins Wohnzimmer, in dem riesige, deckenhohe Fenster einen sagenhaften Ausblick auf die Broken Islands bis hinüber nach Ucluelet boten.
»Setzen Sie sich doch bitte.« Der Professor ließ sich schwer in einen Sessel vor dem Feuer sinken, das im Kamin brannte.
Vorsichtig setzten sich Corporal Messenger und Holly auf die Sofakante.
Furlong blieb stehen. »Warum haben Sie nicht erwähnt, dass sie vor zwei Jahren zusammengeschlagen wurden?«
Hinter seiner Nickelbrille blinzelte Edgefield wie eine Eule. »Ich habe auch nicht erwähnt, dass ich mir den Knöchel gebrochen habe, als ich über ein Paar Gummistiefel gestolpert bin.« Seine Stimme wurde schärfer. »Weil ich nicht geglaubt habe, dass es relevant wäre.«
»Was relevant ist, entscheiden wir, nicht Sie.« Furlongs Haltung war hart und drohend. Er spielte den bösen Bullen, allerdings ohne eine konkrete Richtung. Holly hielt es für sinnvoll, einen Verdächtigen unter Druck zu setzen, wenn die Beweislage es rechtfertigte. Bei einer derart instabilen Person allerdings war es fragwürdig.
»Sagen Sie mir, was bei dem Angriff passiert ist«, befahl Furlong.
Edgefield lehnte sich in seinem Sessel zurück. Seine Haut hatte einen Rotstich angenommen. Verlegenheit? Scham? Hoher Blutdruck?
Eine Stimme schreckte sie alle auf.
»Er kann es Ihnen nicht sagen.« Mit großen Schritten eilte Finn Carver ins Zimmer. »Er erinnert sich an nichts.« Er hatte den Taucheranzug gegen Jeans und ein verwaschenes T-Shirt mit der Aufschrift VERTRAUEN SIE NIEMANDEM getauscht. »Eines Abends wollte er runter in die Bar, und da hat ihm jemand die Scheiße aus dem Leib geprügelt. An die Tat selbst kann er sich nicht erinnern. Weder am Tatort noch im Krankenhaus hat die Polizei Beweise gefunden. Niemand wurde festgenommen.«
Es war nicht das erste Mal, dass Finn der RCMP Inkompetenz unterstellte. Instinktiv wollte Holly sich dagegen wehren, aber bisher hatten sie für Thomas Edgefield tatsächlich nicht viel erreicht.
»Sie waren zu dieser Befragung nicht eingeladen, Mr Carver. Ich würde vorschlagen, dass Sie jetzt gehen.«
Finn ging zu einem Sessel und ließ sich hineinfallen. »Sie waren auch nicht eingeladen, Kumpel. Wenn das hier also keine offizielle Vernehmung ist, bleibe ich. Wenn es aber doch offiziell ist, wird Thom kein Wort mehr sagen, bis sein Anwalt hier ist.«
»Anwalt?« Thom blinzelte.
»Tatsächlich? Das sähe dann so aus, als hätte er etwas zu verbergen.« Furlong ging auf Finn zu, als wollte er in dessen Gedanken eindringen. Wenn Finn in irgendeiner Form auskeilte, würde Furlong ihn fertigmachen. Holly konnte den Blick nicht von Finns Gesichtsausdruck abwenden und hoffte inständig, er möge
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