Im Sog der Gefahr
zwanzig Minuten entfernt. Es ist nicht so komfortabel wie das in Port Alberni, aber die Grundausstattung ist vorhanden. Wenn es Komplikationen gibt, kann man von dort aus einen Nottransport im Hubschrauber veranlassen, was vermutlich genauso lange dauern würde, wie von hier aus mit dem Wagen nach Port Alberni zurückzufahren.« Er lächelte sie mit ausdruckslosem Blick an. »Oder wir fahren auf dieser Straße nach Port Alberni zurück. Was ist Ihnen lieber?«
»Bamfield.« Sie stützte sich mit der Hand am Armaturenbrett ab. Ihr Atem war ein harsches, flaches Keuchen. »Ich will so schnell wie möglich von dieser verdammten Straße runter.«
Gut. »Wer hat gewusst, dass Sie allein auf dieser Strecke unterwegs sind? Wer wollte Sie loswerden?«
Sie zog die Stirn in Falten, als er den Gang einlegte. »Eine Menge Leute wollen mich loswerden. Berufsrisiko.« Weil ihre Stimme kratzig klang, gab er ihr eine Flasche Wasser aus der Einkaufstüte hinter seinem Sitz, bevor er nach seiner eigenen griff.
Er reichte ihr seine Jacke, die sie als Kissen benutzen konnte. »Sagen Sie Bescheid, wenn Sie Schmerzen haben, dann fahre ich langsamer.« Nach einem Blick in den Spiegel fuhr er auf die Straße. Konzentriert wich er den Spurrillen aus, um Holly mit ihren Verletzungen nicht zu durchzuschütteln, trotzdem wollte er die Klinik so schnell wie möglich erreichen. Die ganze Zeit über rasten seine Gedanken im Kreis. Wer zum Teufel konnte einen Polizisten umbringen wollen? Eine Frau? Holly?
»Ich konnte den Fahrer nicht erkennen. Die Sonne hat mich geblendet, und überall war Staub.«
»Das muss Ihnen eine Scheißangst gemacht haben.«
»Der schönste Moment in meinem Leben war es nicht, so viel ist verdammt sicher.«
Er legte eine Hand auf ihren Oberschenkel. Ignorierte das elektrisierende Kribbeln und versuchte, ihr Trost zu spenden. »Machen Sie die Augen zu. Ruhen Sie sich ein wenig aus.«
Als sie die Hand auf seine legte und sie drücke, stellte er beunruhigt fest, dass diese Empfindung in seiner Brust nachhallte.
»Es tut mir leid, wie das heute Morgen mit Thom gelaufen ist. Staff Sergeant Furlong war wütend auf mich und hat es am Professor ausgelassen«, sagte sie.
»Staff Sergeant Furlong ist ein Arschloch.«
Sie schnaubte, dann zuckte sie zusammen und hielt sich die Rippen. »Und bis ich den Fall gelöst habe, ist er leider auch mein Chef.«
»Na, wenn das mal kein Anreiz ist, den Fall zu lösen.«
»Und wie.« Deutlich sichtbar biss sie die Zähne zusammen.
Er musste einen Kloß hinunterschlucken. Mit Schmerzen von anderen konnte er nicht gut umgehen. In seiner Zeit beim Militär hatte er zu viele Menschen leiden gesehen. Seine Kameraden hatten nicht lange gebraucht, um herauszufinden, dass unter seiner harten Schale ein ziemlich weicher Kern steckte. Terroristen oder Aufständische konnte er ohne mit der Wimper zu zucken erledigen, aber man brauchte ihm nur ein krankes Kind oder ein verletztes Tier zu zeigen, und er würde alles in seiner Macht Stehende tun, um ihm zu helfen. Das Problem war nur, dass er in neun von zehn Fällen nichts, aber auch gar nichts hatte tun können, ohne die Operation zu gefährden. Das war einer der Gründe, warum er diese Zeit nicht vermisste. Das Soldatendasein hatte er geliebt, aber das damit verbundene Elend gehasst.
»Hatten Sie schon immer das Helden-Gen in sich?«
»Was?«, fragte er verwirrt.
»Sie wissen schon.« Sie versuchte ein Lächeln. »Einer Dame zu Hilfe eilen, sie auf Händen tragen?«
Er schüttelte den Kopf. »Das kam erst später in meinem Leben. Als Kind musste ich weiß Gott selbst oft genug gerettet werden.« Bis auf das beständige Knirschen von Kies unter den Reifen herrschte Stille im Wagen.
»Ich habe die Fotos gesehen. Davon, was er Ihnen angetan hat …«
Er packte das Steuer fester. Wollte nicht darüber reden. »Es ist lange her.«
»Es waren Ihre prägenden Jahre. Aus Ihnen hätte ein Vollidiot werden müssen.«
Er senkte die Stimme zu einem sinnlichen Flüstern. »Wollen Sie mir ein Kompliment machen, Sergeant Rudd?«
Sie stöhnte auf und hielt sich die Seite. »Ich habe eine Kopfverletzung. Anders kann ich mir das nicht erklären.«
Er grinste. Wünschte, sie hätten sich unter normalen Umständen kennengelernt. Wünschte, er müsste sie in diesem Moment nicht ins Krankenhaus einliefern, nachdem jemand versucht hatte, sie gegen einen Baumstamm zu rammen.
Holly schloss die Augen. Er fuhr so schnell er konnte, während er gleichzeitig
Weitere Kostenlose Bücher