Im Sog der Gefahr
straffen Haut. Ihr Mund wurde trocken, und das hatte nichts mit den Schmerzmitteln oder dem Schleudertrauma zu tun. »Wahrscheinlich könnte ich etwas Besseres kriegen, aber den größten Teil meiner Zeit verbringe ich ohnehin bei der Arbeit, also sehe ich keinen Anlass dazu. Es ist billig und praktisch und schlägt das, was ich beim Militär hatte, um Längen.«
»Sie waren sechzehn Jahre in der Army.« An dem für sie interessanten Punkt hakte sie nach.
Er hob eine Augenbraue und wartete.
Das war ihr schon mehrfach bei ihm aufgefallen: Dass er schwieg und auf die eigentliche Frage wartete, statt die erwartungsvolle Stille zu füllen. Nicht viele Leute hatten die Nerven, Stille zu ertragen.
»Sie waren nicht mehr allzu weit von einer Militärpension entfernt. Warum sind Sie ausgeschieden?«
Um seine Mundwinkel zuckte es kaum merklich. »Ich bin noch nicht bereit, mich zur Ruhe zu setzen.«
»War der Angriff auf Thom der Grund dafür?«
Er zuckte die Schultern und lenkte sie mit einem Lächeln ab, das Frauen in ernsthafte Schwierigkeiten bringen konnte. Selbst kluge Frauen. »Nicht alles im Leben dreht sich um Geld.«
Finn Carver hatte die Angewohnheit, ihren Fragen auszuweichen, was ihr auf die Nerven ging. Als Polizistin und als Frau.
Gereizt versuchte sie, die Bettdecke zurückzuschlagen, wollte aufstehen und seiner Wirkung auf sie entfliehen. Aber die Decke war so fest um sie herum festgesteckt, dass sie sich kaum rühren konnte. Es gab so viel zu tun. Das Letzte, was sie jetzt weiterbrachte, war, im Bett zu liegen und dieses Zuckerstück von einem Mann anzugaffen, während sie einen Mordfall zu lösen hatte.
Das könnte Jimmy Furlong so passen.
»Ich muss gehen«, sagte sie.
»Ähm, nein.«
»Wo ist meine Waffe? Wenn ich Sie niederschieße, müssen Sie mich aufstehen lassen.«
Der entschlossene Ausdruck in seinen Augen verriet ihr, dass er bereit war, sich mit ihr anzulegen, und das war ihr nur recht. Aber bei jeder Bewegung schossen Schmerzen durch ihre Rippen und Flanke. Ihr Hals fühlte sich an, als hätte jemand vergeblich versucht, sie zu lynchen. Und als sich Finn auf die Bettkante setzte, saß sie in der Falle.
Mit einem frustrierten Knurren ließ sie sich in die Kissen zurücksinken. Ihr Atem ging schwer. Sie versuchte, weder seinen flachen Bauchmuskeln noch seinem sauberen Geruch nach Seife Beachtung zu schenken. Der Mann war einfach nur umwerfend, und
sie
war leitende Ermittlerin in einem Mordfall. Sie hatte keine Zeit für solche Ablenkungen.
»Ich könnte Sie festnehmen«, knurrte sie.
»Ich dachte, Sie wären mir etwas schuldig?«
Für das Tauchen, fiel ihr ein. »
Das
ist der Gefallen?« Sie deutete auf das Bett.
»Sie ins Bett zu kriegen stand definitiv auf meiner Liste.« Hitze trat in seinen Blick, dann sah er weg. »Ich setze ein Null-Achthundert-Meeting für Ihr Team an.«
Ihre Augen weiteten sich eine Winzigkeit. Selbst das tat verflixt weh.
Er nahm das Medikamentenröhrchen, kippte zwei Tabletten heraus und gab sie ihr. »Ich muss um Viertel nach acht an der Tauchbasis sein, Sie haben das Haus also ganz für sich.« Hinter ihm waberte Dampf durch die offene Tür. Die Dusche lief immer noch. »Wenn Sie wollen, können Sie hier alles durchsuchen, um mich aus Ihren Ermittlungen auszuschließen.«
Aber seine intelligenten Augen verrieten ihr, dass all seine Geheimnisse sicher in seinem hübschen Kopf verborgen waren. Und plötzlich wollte sie dort hinein, in seinen Kopf, in seine Gedanken, und noch tiefer. Mit dem nächsten Schluck Wasser spülte sie die Schmerztabletten hinunter.
Ihr Handy klingelte. Er nahm es auf und reichte es ihr nach einem Blick auf das Display. »Ihr Vater.«
Sie fuhr zusammen, in ihrem Kopf setzte ein Kreischen ein. »Ich will nicht mit ihm reden.«
»Er weiß schon von dem Unfall.« Das Blau seiner Augen wirkte jetzt kühl. Dunkel und kühl wie die Tiefen des Ozeans. »Er hat vorhin angerufen, und ich habe ihn über die Situation in Kenntnis gesetzt.«
»Dazu hatten Sie kein Recht!« Sie hielt das Handy fest umklammert. Sie musste rangehen, aber um keinen Preis wollte sie von diesem Fall abgezogen werden.
»Ich habe ihm gesagt, Sie wären ein bisschen angeschlagen, aber der Arzt habe Ihnen erlaubt, gleich morgen früh wieder zu arbeiten.«
Ihre Gedanken rotierten. Sie hatte angenommen, dass Finn alles tun würde, damit sie von diesem Fall abgezogen wurde, und wusste nicht, warum es ein so warmes, weiches Gefühl in ihrem Inneren weckte, dass
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