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Im Sog der Gefahr

Im Sog der Gefahr

Titel: Im Sog der Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Anderson
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aufgehalten oder den Mülleimer als Aschenbecher benutzt zu haben. Aber wenn man bedachte, dass er wie der Sensenmann persönlich ausgesehen haben musste – rußverschmiert und strotzend vor Schweiß und Feindseligkeit –, war das vielleicht nicht besonders überraschend.
    Hupend fuhr ein Wagen an ihm vorbei, doch er achtete nicht darauf.
    Als er das Ortsschild erreichte, legte er sich noch mehr ins Zeug, lief den Hügel hinunter, dann die Anhöhe hinauf und am Krankenhaus vorbei. Weil es hier in der Gegend viele Bären gab, behielt er ständig den dichten Waldrand auf beiden Seiten im Auge. Die meisten Viecher hier ließen Menschen in Ruhe. Bei Pumas war das etwas anderes, aber seit über einem Jahr war hier keiner mehr gesichtet worden.
    Er passierte die Schule und die Bibliothek und bog in die Straße ein, die zum Institut führte. Anscheinend wollte sich der Regen von gestern Abend für heute zurückmelden. Der Himmel war grau und wolkenverhangen. Er hatte Grau immer gehasst, doch jetzt erinnerte es ihn an Hollys stürmische Augen. Und das war wohl das Erbärmlichste, das er je an sich beobachtet hatte. Es war eine Sache, sich auszumalen, wie sie nackt aussah, aber Sonette über die Farbe ihrer Augen zu dichten war eine ganz andere. Er lief schneller. Fluchend stellte er fest, dass sich ein Schnürsenkel gelöst hatte, und bremste scharf ab. Als er sich bückte, um den Schuh wieder zuzubinden, entdeckte er Fußspuren, die in den Wald führten. Und in diesem Augenblick wurde ihm bewusst, wo genau er sich befand. Stirnrunzelnd folgte er den Spuren durch den Morgentau. Sein Herz stampfte seinen langsamen, gleichmäßigen Rhythmus, immer härter und härter, und die Stille drückte mit solcher Macht auf seine Trommelfelle, dass sie ihm die Schläfen einzudrücken drohte.
    Er schlug sich durch das Gebüsch und Jungholz, das entlang des schmalen Pfads wuchs, bis er schließlich auf einer kleinen Lichtung stehen blieb. Genau hier waren vor dreißig Jahren Bianca und der kleine Tommy Edgefield ermordet aufgefunden worden. Schwere Trauer lag auf seiner Brust.
    Was war aus dem kleinen Mädchen geworden?
    Er konnte sich noch dunkel an sie erinnern – damals war er eifersüchtig auf ihre liebevolle Mami und den angesehenen Vater gewesen. Aber das Rätsel um Leah Edgefield war wohl das Traurigste von allem. Man hatte eine Jacke und eine Schleifspur gefunden. Wahrscheinlich ein Puma. Aber niemand wusste es mit Sicherheit. Sie war einfach verschwunden.
    Sein Blick fiel auf etwas leuchtend Gelbes. Am Fuß einer hoch aufragenden Kiefer lag ein dicht gebundener Strauß Narzissen.
    Trauer presste sein Herz zusammen wie ein Schraubstock. All die Jahre war Thom durch die Hölle gegangen, und noch immer hinterlegte er diese Gaben für seine verlorene Familie. An manchen Tagen brach es Finn das Herz.
    Was musste es für ein Gefühl sein, jemanden auf diese Art zu lieben?
    Er wusste es nicht.
    Im Vergleich zu seinem Zuhause musste eine zerrüttete Familie der Himmel auf Erden gewesen sein. Er hatte Freunde aus der Army. Gute Freunde. Soldaten, für die er sterben würde. Das galt auch für Thom und, auf eine verdrehte Art, sogar für Brent. Aber wie mochte es sein, sich wirklich zu verlieben? Sich fest an eine Frau zu binden, die seine Liebe erwiderte?
    Er schluckte. Schob die Bilder weg, die sich in seinem Kopf breitmachen wollten. So etwas gab es für jemanden wie ihn nicht – für einen Jungen, der in Armut und Verzweiflung aufgewachsen war und Glück hatte, überhaupt noch am Leben zu sein. Für jemanden wie ihn würde es so etwas nie geben.
    Er bahnte sich einen Weg zurück durch das Unterholz und beschleunigte wieder, legte alle Kraft in den Sprint, mit dem er seinen langen Lauf beendete. Mit jedem Herzschlag nahm das entsetzliche Gefühl der Einsamkeit und Bedürftigkeit zu, das ihn ganz auszufüllen schien. Er musste sich auf das große Ganze konzentrieren. Darauf, dass Thom und Brent nicht ins Gefängnis kamen. Anschließend konnte er sich um seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche kümmern. Später, wenn das alles vorbei war. Wenn Holly längst fort war. Wenn alles wieder normal war, dann würde er darüber nachdenken, was er vom Leben wollte. Der scharfe Pazifikwind trieb ihm die Tränen in die Augen. Er blinzelte sie fort, drehte sich um und begann die nächste Runde.
    »Sie können das bestätigen?«, fragte Holly.
    »Das
habe
ich gerade.« Feindselig blickte Thoms Sekretärin Gladys Hildebrand über den Rand ihrer

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