Im Sog der Sinnlichkeit
zugute halten – sie nahm seine Kränkungen bemerkenswert gelassen hin.
„Ach nein, nichts dergleichen“, antwortete Pennington und musterte ihn scharf. „Es ist … nun ja … Sie wissen schon, über so etwas spricht man nicht gern, Geheimbundrituale und Ähnliches. Ein paar von uns haben so etwas wie eine … äh … Bruderschaft wieder ins Leben gerufen, und an diesem Wochenende halten wir eine kleine Versammlung ab. Sie können gerne kommen.“ Die Einladung sprach er ohne nachzudenken aus, doch plötzlich ging ihm ein Licht auf. „Allerdings handelt es sich, wie gesagt, um einen Geheimbund, und wir nehmen niemand ohne Überprüfung auf.“
Benedick bedachte ihn mit einem breiten spöttischen Lächeln. „Wollen Sie mir etwa zu verstehen geben, dass ich die Bedingungen nicht erfülle, um an dieser kleinen Versammlung teilzunehmen? Ich nehme doch an, meine Familie ist die beste Referenz.“
Pennington wirkte einen Moment unschlüssig. „Ich kann ja mal nachfragen. Ich selbst sehe keinen Hinderungsgrund, aber man weiß nie. Manche Mitglieder sind geradezu lächerlich penibel. Es scheint sich allerdings um einen besonderen Anlass zu handeln. Irgendein blödsinniges heidnisches Fest oder so. Mir ist das auch völlig einerlei. Besser, Sie warten bis zum nächsten Treffen. Ich kann Ihren Namen erwähnen und sehen, ob jemand Einwände erhebt.“
Benedick konnte sich lebhaft vorstellen, was Brandon dazu sagen würde. „Das wäre reizend. Und viel Vergnügen, Pennington. Meine Empfehlungen an Ihre Schwester.“
„Ich werde mich hüten … Sonst macht sie mir nur wieder eine Szene. Ich riet ihr, sich an den alten Skeffington heranzumachen. Er ist genauso reich wie Sie, hat allerdings keinen Titel und ist über sechzig. Kein Wunder, dass sie Ihnen den Vorzug gibt. Allerdings muss ich gestehen, der Gedanke an meine Schwester im Bett jagt mir kalte Schauer über den Rücken.“
„Denken Sie nicht daran“, sagte Benedick beschwichtigend, dem selbst ein Schauer über den Rücken kroch. „Ich freue mich darauf, von ihrer Verlobung zu hören.“
Wenn Harry sich vor einer Weile auch etwas merkwürdig verhalten hatte, so zeigte er sich beim Kartenspiel mit Elsmere und einigen anderen Herren wieder von seiner heiteren Seite, riss alberne Witze und kicherte wie üblich. Er verlor eine hohe Summe, aber Harry neigte stets dazu, leichtfertig hohe Beträge zu setzen und entsprechend hoch zu verlieren. Gegen Ende der Ballnacht war es Benedick immer noch nicht gelungen, eine Einladung zur Feier am Wochenende zu ergattern, so viele versteckte und offene Andeutungen er auch fallen ließ, so zotige Reden er auch führte. Es nützte alles nichts. Also musste er ohne Einladung dort erscheinen. Er fragte sich, ob die alten Mönchskutten seiner Eltern noch irgendwo auf dem Speicher zu finden wären. Er hatte sich nie einen rechten Reim auf diese Verkleidung machen können, und als er einmal danach gefragt hatte, war seine Mutter nur schamhaft errötet und sein Vater hatte das Thema gewechselt. Danach fand er es angebracht, keine weiteren Fragen zu stellen.
Als er das Spielzimmer verließ, war Melisande verschwunden, wie er mit leisem Bedauern feststellte. Er hätte wenigstens für ihren Begleitschutz sorgen müssen, was sie offenbar selbst in die Hand genommen hatte. Darüber sollte er erleichtert sein. War er aber nicht. Er hätte sich gerne noch auf ein kleines Wortgefecht mit ihr eingelassen, hätte ihr gerne gesagt, er würde sie nicht anfassen … und es dann doch getan.
Die Standuhr in der Halle schlug zwei Mal, als er sein Haus betrat. Die Dienstboten schliefen längst, auch Richmond hatte nicht auf ihn gewartet. Er nahm einen Kerzenhalter und stieg gähnend die Treppe hinauf. Die Tür zu seinem Schlafgemach stand einen Spalt weit offen, schwacher Lichtschein fiel in den Korridor. Er machte die Tür hinter sich zu, stellte den Leuchter ab und löste seine Halsbinde.
Und dann erstarrte er. Er war nicht allein.
Sie saß mitten auf seinem Bett und wartete auf ihn. Er sah sie fassungslos an. Sie trug ein Nachthemd, ein warmes altmodisches Nachthemd, hochgeschlossen bis zum Hals, weit und praktisch. Das lange dunkelblonde Haar hatte sie zu zwei Zöpfen geflochten. Ihr Gesicht glänzte rosig und frisch gewaschen. Sie sah aus wie ein Schulmädchen kurz vor dem Einschlafen, es fehlte nur noch eine Stoffpuppe in ihrem Arm.
„Ich dachte schon, Sie kommen gar nicht mehr“, sagte sie.
„Was tun Sie hier?“, fragte er kühl
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