Im Sog der Sinnlichkeit
ich dafür sorgen, dass ich Spaß daran habe.“ Sie sprach sachlich mit unbewegter Miene, als bespreche sie mit ihm die Speisenfolge der kommenden Woche, und setzte unbefangen hinzu: „Ich mag Ihre Küsse. Und Sie haben eine bemerkenswerte Gabe, mich zu berühren. Also fällt meine Wahl auf Sie.“
„Nein. Nie im Leben!“
Sie blickte ihn unverwandt an. „Und warum nicht?“
„Weil ich … weil ich … weil es keine gute Idee ist.“ Er wusste, wie erbärmlich seine Ausrede klang. Ehrlich gestanden, wusste er gar nicht genau, wieso er sich so heftig dagegen sträubte. Wenn er mit ihr schlief, wäre sie wenigstens abgelenkt und er könnte seine Nachforschungen ohne ihre Einmischung betreiben. Im Übrigen begehrte er sie so sehr, dass seine Hände zitterten.
Und je länger er in ihrer Nähe blieb, desto größer wurde die Versuchung. „Nein“, wiederholte er unnachgiebig. „Sie sind eine schöne und begehrenswerte Frau, aber Sie sind nicht mein Typ.“
Ohne ein weiteres Wort erhob er sich und ging, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Es wäre fatal, mitten im Gedränge eines festlichen Balles in Tränen auszubrechen, dachte Melisande kühl. Wie töricht, ihn hier in aller Öffentlichkeit mit ihrem Plan zu überfallen! Wenn sie allein mit ihm war, konnte er nicht widerstehen, sie zu berühren, mochte er es noch so sehr leugnen. Sie hätte warten müssen, bis er ihr einen Besuch abstattete.
Darauf hätte sie wohl lange warten müssen. Er glaubte, sie losgeworden zu sein. Aber sie dachte nicht im Traum daran, ihm die Sache mit dem Satanischen Bund alleine zu überlassen. Er würde seinen Bruder aus den Fängen dieser Schurken befreien, und damit wäre der Fall für ihn erledigt.
Sie hatte es gründlich verpatzt. Dabei hatte sich alles so vortrefflich angelassen. Die Gänschen hatten sie in ein atemberaubendes Abendkleid gesteckt, in aller Eile wurde es aus drei ihrer alten Kleider zusammengenäht. Nur gut, dass sie mit ihrem verletzten Knöchel nicht tanzen konnte, da die Nähte bei einer schnellen Drehung wohl geplatzt wären. Um anmutig auf einem Diwan zu ruhen, reichte die Schneiderkunst ihrer Gänschen allemal. Und Melisande hatte gefasst auf Rohan gewartet.
Er hatte sich so sehr verspätet, dass sie bereits befürchtete, er würde gar nicht erscheinen und ihren Plan und ihr mühsam erworbenes Selbstvertrauen zunichte machen. Eine Schar junger Herren hatte sich zu ihr gesellt, Harry Merton hatte charmant mit ihr geflirtet, und sie hatte sich bereits eingeredet, Rohan völlig zu vergessen. Und dann war er plötzlich aufgetaucht, hochgewachsen und gefährlich mit seinen dunklen Augen im markanten Gesicht. Mit wütenden Schritten hatte er sich ihr genähert. Nicht der beste Beginn.
Es wäre besser gewesen, ihn zu beschwichtigen, ehe sie mit ihrem Plan herausrückte. Sie wusste ja, dass er nichts mit ihr zu tun haben wollte, wobei ihr der Grund eigentlich nicht ersichtlich war.
Sie beobachtete ihn forschend aus der Ferne. Er unterhielt sich mit Harry Merton und ließ sich sogar zu einem amüsierten Lächeln herab. Und Emmas Warnung in den Wind schlagend, stellte sie Vergleiche zwischen den beiden Männern an. Mr Merton sah im herkömmlichen Sinne besser aus. Etwas kleiner als Rohan, von stämmiger muskulöser Statur, wirkte er ansprechender als Rohans sehnige hohe Gestalt. Mertons wuscheliger Lockenkopf, sein sonniges Lächeln, seine lustigen Augen passten zu seinem charmant-seichten Naturell. Ganz im Gegensatz zu Rohans durchdringenden dunklen Augen, seinem finsteren Blick, seinem beißenden Spott. Eigentlich sollte ihre Wahl auf Harry Merton für ihre erste offizielle Affäre fallen. Und dennoch wurde er zu einem Nichts neben Benedick.
Benedick. Ihn in Gedanken beim Vornamen zu nennen, sollte sie befremden, aber es erschien ihr seltsam vertraut.
Sie winkte einen in der Nähe wartenden Lakaien zu sich. Wäre sie eine Frau, die sich von Rückschlägen aus der Fassung bringen ließe, hätte sie sich schon vor Jahren in einen dunklen Winkel verkrochen und allem Weltlichen entsagt. Viscount Rohan behauptete also, sie sei die letzte Frau auf dieser Welt, mit der er eine Affäre haben wollte?
Es war Zeit, ihn eines Besseren zu belehren.
24. KAPITEL
B enedick war fest entschlossen, sich nicht umzudrehen. Er spürte ihren Blick im Rücken fast wie ein Brandzeichen.
Verdammtes Frauenzimmer! Als wären die Dinge nicht schon kompliziert genug.
„Sie ist ein wahrer Leckerbissen, nicht wahr?“, erklärte
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