Im Sog Des Boesen
…«
Im Auto dachte Lucas über Ansons Urteil nach. Lucas selbst war am College ein ausgezeichneter Hockeyspieler gewesen, nicht auf Profiniveau, aber fast. Mit ein bisschen gutem Willen wäre es ihm wohl gelungen, bei einer zweitklassigen Mannschaft unterzukommen und sich ein paar Jahre lang mit Sport durchzuschlagen.
Doch er hatte es nicht getan, weil er wusste, dass er nicht gut genug war. Er hatte sich nach etwas umgesehen, das ihm Spaß machen und in dem er gut sein konnte. Er war zur Polizei gegangen, mit dem Traum, es irgendwann in die Mordkommission zu schaffen.
Was wäre er heute, wenn er sich für den Weg des Profisportlers entschieden hätte? Das Hockey-Äquivalent eines McDonald’s-Mitarbeiters? Die Grenze zwischen Sieger und Verlierer war fließend, und die Wege verliefen bisweilen krumm.
Willett war sicher nicht dumm; bei Frauen schien er gut anzukommen; er hatte gewisse Fähigkeiten … und nicht mehr viele Jahre bis zum Vierzigsten. Dazu besaß er tausend Dollar und einen Landrover, und in den Nächten trieb er sich gern in Clubs herum.
Lucas erschien das wie ein Warten auf den Tod - doch die Grenze war fließend, und die Wege verliefen bisweilen krumm.
EINUNDZWANZIG
A lyssa spürte die Fairy in sich.
Die Fairy war sie gewesen, als kleines Mädchen, bevor Alyssa der Trainerin in die Hände fiel. Die Trainerin hatte erkannt, was Alyssa im Wasser leisten konnte, als diese acht war, und sie mit unerbittlicher Härte und Entschlossenheit zu dem getrieben, was sie, die Trainerin, selbst nicht konnte: stets gewinnen. Im richtigen Jahr hätte Alyssa es vielleicht sogar zu den Olympischen Spielen geschafft. Immerhin war sie die beste Sportlerin der University of Minnesota …
Doch der Weg dorthin war brutal gewesen und hatte den Schlussstrich unter eine ansonsten wenig bemerkenswerte Kindheit gezogen.
Ihre Eltern hatten die Brutalität nicht wahrgenommen, nur den Namen ihrer Tochter ganz oben auf der Tafel der Wettbewerbsteilnehmer. Die Trainerin hatte ihr die Fairy ausgetrieben … Möglicherweise waren im Lauf der Jahre gelegentlich Teile von ihr sichtbar geworden, zum Beispiel in ihrem verspielt-ernsthaften Interesse an Astrologie und Tarot, doch ansonsten blieb die Fairy hinter Disziplin, Entschlossenheit und festem Willen verborgen.
Genau diese Eigenschaften würden ihr jetzt helfen.
Loren saß mit dem Rücken zu Alyssa, die, ein Glas in der Hand, in einem Sessel lümmelte. Neben Alyssa stand eine Flasche Amon-Ra-Shiraz aus Australien, welche jeden Cent der achtzig Dollar, die sie kostete, wert war.
Loren trug einen braunen Samtanzug im Stil der sechziger
Jahre mit engen Hosenbeinen und taillierter Jacke, dazu schwere braune Treter, die geeignet gewesen wären, jemanden mit Tritten ins Jenseits zu befördern.
»Ich begreife immer noch nicht so ganz, warum du hier bist«, sagte Alyssa. »Bist du überhaupt hier? Gehörst du der äußeren Realität an, oder existierst du nur in meinem Kopf? Wäre es möglich, dich zu fotografieren?«
Er schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, aber ich bin mindestens so real wie Fairy.«
Sie drohte ihm spielerisch mit dem Finger. »Nein, bist du nicht. Was Fairy ist, weiß ich. Möchtest du mit ihr sprechen?«
Kichernd und mit höherer Stimme hob Fairy an: »Hier bin ich, Fairy, die Frau mit dem messerscharfen Verstand.«
»Hör auf mit dem Unsinn, Alyssa. Wir müssen uns vernünftig unterhalten«, sagte Loren.
Nun meldete Alyssa sich wieder zu Wort, ein mattes Lächeln auf den Lippen. »Ich weiß, was Fairy ist - ich, ein Teil von mir, und ich glaube, irgendwann werden wir wieder eine Einheit bilden. Andere Leute leiden unter ähnlichen Störungen - möglicherweise unterscheidet sich mein Fall ein wenig, aber was soll’s? Jedenfalls begreife ich das Phänomen jetzt. Im Internet kann man solche Geschichten nachlesen. Doch du, Loren … wer Erfahrungen wie du macht, ist verrückt. Seltsamerweise wirkst du völlig rational. Bist du der Teufel?«
»Es gibt keinen Teufel.«
»Genau das würde der Teufel behaupten. Du hast mich zu allem überredet. Ich - Fairy - habe auf dein Drängen und zu deinem Vergnügen drei Menschen umgebracht. Wenn du nicht der Teufel bist, dann zumindest was ziemlich Ähnliches.«
Loren wandte den Blick ab. »Ich bin nicht der Teufel, sondern tot, und besitze die seherischen Fähigkeiten von Toten.
Ich konnte die Hände dieser Leute auf Frances’ Schulter spüren. Wenn Frances hier wäre, würde sie dir das Gleiche
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