Im Sog Des Boesen
mal?«
Dann rief Jackson, der Fotograf, an. »Ich hab diesen Ricky Davis«, teilte er Lucas mit.
»Ja? Ich dreh im Moment sowieso nur Däumchen, da kann ich auch die Bilder ein paar Leuten zeigen.«
Als Lucas die Bank betrat, winkte Emily Wau ihm fröhlich zu. »In der Zeitung steht, dass Sie den gut aussehenden Typ festgenommen haben«, begrüßte sie ihn. »Also wär’s keine gute Idee gewesen, sich mit ihm zu verabreden, oder?«
»Wer weiß.«
»Haben Sie wieder Fotos dabei?«
»Eines - von einem gewissen Ricky Davis.«
»Der Name sagt mir nichts.«
Lucas reichte ihr das Foto. Sie betrachtete es eine ganze Weile und sagte dann: »Für den habe ich letzten Herbst ein Konto eröffnet.«
Lucas lächelte überrascht. »Sind Sie sicher?«
»Ja.« Sie setzte sich an ihren Schreibtisch, Ellbogen auf der Arbeitsfläche, und massierte sich kurz die Schläfen. Dann hob sie den Blick. »Ich glaube nicht, dass er sich mir als Ricky
vorgestellt hat, aber ein paar Dinge weiß ich noch genau: Er war unsicher und verhielt sich, als hätte er entweder noch nie zuvor oder vor langer Zeit das letzte Mal ein Bankkonto eröffnet … Ich habe ihm eine ganze Menge Unterlagen mitgegeben.«
Sie öffnete eine der unteren Schubladen, um eine Hochglanzmappe mit dem Bild eines Raddampfers und der Aufschrift »Riverside Banks, die regionale Alternative« herauszuholen.
»Warum halten Sie das für wichtig?«
»Weil er sich für alle möglichen Finanzierungsmodelle zu interessieren schien, besonders im landwirtschaftlichen Bereich. Ich würde wetten, dass er die Mappe aufgehoben hat. Auf der sind meine Fingerabdrücke. Wenn Sie die bei ihm finden, wissen Sie, dass er der Gesuchte ist.«
»Ganz schön clever«, sagte Lucas. »Danke.«
Auf dem Weg in die Stadt kam ihm der Gedanke, dass Del vermutlich im Apartment auf Beobachtungsposten war, und er fuhr hin.
Del las am Schreibtisch in einem dünnen Taschenbuch, als Lucas eintrat.
»Heather packt Koffer«, informierte er Lucas.
»Soso.«
»Ja. Nur komisch, dass sie die Fenster sperrangelweit offen hat. Wenn ich die Stadt verlassen wollte, würde ich die Jalousien zumachen.«
»Ich auch. Heather fehlt wirklich jeder Anstand«, sagte Lucas.
»Mit Anstand hat das, glaub ich, nichts zu tun. Sie hätte sicher kein Problem, bei offenem Fenster oben ohne auf und ab zu marschieren. Aber wenn sie abhauen will, hängt sie das doch bestimmt nicht an die große Glocke, oder?« Del legte
das Taschenbuch beiseite. Lucas sah den Titel: Warten auf Godot . »Was sollen die Koffer?«
Lucas nahm das Fernglas und schaute selbst hindurch. »Hm. Merkwürdig.«
Nachdem sie Heather eine Weile beobachtet hatten, fragte Del: »Wieso bist du überhaupt hier? Gibt’s was Neues?«
»Möglicherweise nähert der Austin-Fall sich seiner Lösung«, antwortete Lucas und erklärte die Sache mit Ricky Davis.
»Ich bin ziemlich sicher, dass er das Frances-Austin-Konto eröffnet hat. Damit wäre die Frage, wo die fünfzigtausend abgeblieben sind, gelöst. Seine Freundin Helen konnte an alle nötigen Unterlagen herankommen. Es dürfte auch nicht sehr schwierig gewesen sein, das Passwort rauszufinden. Mit dem hat sie dann bei Fidelity angerufen und einen Scheck an die bereits bekannte Adresse schicken lassen. Die Leute von der Bank hatten keinerlei Grund zu der Annahme, dass irgendetwas nicht stimmte. Den Brief hat Helen abgefangen - sie ist ja fast jeden Tag allein im Haus - und an Ricky weitergegeben, der bereits das Konto eröffnet hatte.«
»Und warum haben sie Frances Austin umgebracht?«, fragte Del.
»Das weiß ich noch nicht - vielleicht ist Frances ihnen auf die Schliche gekommen. Soll ich dir ein denkbares Szenario schildern?«
»Ja, klar.«
Lucas zog einen Stuhl heran, setzte sich darauf, lehnte sich, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, zurück und legte die Füße auf den Tisch. »Frances ist zu Hause und beschließt, sich etwas Geld von Fidelity zu holen. Sie ruft dort an, Helen hört das Passwort. Plötzlich tut sich für sie die einmalige Gelegenheit auf, an Geld zu gelangen. Sie und Ricky denken sich einen Plan aus, der fast funktioniert. Als
Frances - geraume Zeit später, wenn Helen es geschickt angestellt hat - einen Blick auf die Kontoauszüge wirft, erinnert sie sich, dass Helen damals während ihres Telefonats mit Fidelity im Zimmer war.
Sie fährt zum Haus ihrer Mutter, um Helen zur Rede zu stellen. Sie streiten sich, es kommt zu einem Handgemenge, das Messer
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