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Im Sommer sterben (German Edition)

Im Sommer sterben (German Edition)

Titel: Im Sommer sterben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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Medienrummel …« Er rieb sich die Handflächen an den Jeans. »Jetzt bastle ich halt an der Webseite der Kantonspolizei herum.«
    »Und das ist spannend?«
    »Es lenkt ab.«
    Der Kommissar rümpfte die Nase. So hatte er EDV auch immer verstanden. »Aber Sie wollen nicht wirklich dort bleiben, oder?«
    »Bis alles vorbei ist schon, doch.« Jagmetti blickte zum Fernseher, obwohl dort nichts mehr lief.
    »Bis zum Prozess also?«
    »Das wird sich weisen.«
    Eschenbach drückte das Kissen in seinem Kreuz zurecht und drehte sich zu Jagmetti: »Hat sie Ihnen etwas gesagt?«
    »Nein.« Die Antwort war kurz und bitter. Und auf Eschenbachs langes Schweigen erwiderte er: »Doris ist unschuldig.«
    »Das ist eine berechtigte Hoffnung. Leider weisen die Indizien in eine andere Richtung.«
    Jagmetti sagte nichts.
    Der Kommissar kannte die Liste derer, die Doris besuchten, und wusste, dass der junge Polizist regelmäßig bei ihr war. Als Privatperson war es nicht gegen die Regeln, und als jemand, der ernsthafte Gefühle für Doris hegte, geradezu logisch. Nachdem Eschenbach leer getrunken hatte, setzte er nochmals an; hievte sich auf die Couchkante und stellte die Flasche auf den Holzboden. »Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein und die Sache so darlegen, wie sie sich im Moment stellt.«
    Jagmetti nickte.
    »Ich weiß genauso wenig wie Sie, ob Doris geschossen hat oder nicht.« Eschenbach hielt inne, wartete auf eine Reaktion. Es kam nichts: keine Empörung, kein Aufbrausen, nicht einmal ein zorniger Blick. Der junge Polizist saß nur da und sah am Kommissar vorbei zur Wand.
    »Bisher hat sie nicht gestanden – eigentlich kaum Brauchbares von sich gegeben.« Eschenbach sprach langsamer als sonst, als wollte er Jagmetti Gelegenheit geben, sich zu äußern. »Im Moment sind sechs Ermittler damit beschäftigt, das Umfeld von Hottiger nochmals abzugrasen. Schützenverband und Militär … das alte Lied, Sie kennen es ja.«
    Jagmetti sagte wieder nichts, griff zur Flasche, und als er merkte, dass sie leer war, stellte er sie zurück auf den Couchtisch.
    »Wir müssen davon ausgehen, dass Ernst Hottiger den Mörder kannte«, fuhr Eschenbach fort. »Vielleicht hat er sogar jemanden mit der Erschießung von Philipp Bettlach beauftragt. Das ist jedenfalls unsere Theorie.«
    » Ihre Theorie«, warf Jagmetti dazwischen.
    »Von mir aus, dann ist es halt meine. Jedenfalls – und das ist der zweite Punkt an der Sache – hat er mit seinem Selbstmord beinahe erreicht, die Geschichte zu vertuschen und den Mörder zu decken.«
    »Hätte auch fast hingehauen.«
    »Genau.« Eschenbach war froh, dass Jagmetti aus seiner Lethargie erwacht war. »Das Ganze war perfekt inszeniert. Der halb dunkle Raum, in dem wir unser Gespräch geführt hatten, und die Tatsache, dass ich ihn vorher nie treffen konnte. Hottigers selbstsicherer Gang den Kiesweg hinunter zum Bootshaus; ein Meisterstück. Jeden Stein unter seinen Füßen muss er gekannt haben, sodass er auch blind wie ein Sehender gehen konnte. Und dann die Explosion, die jeden Hinweis auf seine Augenkrankheit verschwinden ließ. Ein genialer Schachzug. Und doch …« Der Kommissar fuhr sich durchs Haar und hielt einen Moment inne: »Wir haben es uns zu einfach gemacht; nicht wirklich darüber nachgedacht.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ein Sicherheitsmensch wie Hottiger hätte sich nie so spektakulär in die Luft gejagt – es passte einfach nicht zu ihm.«
    »Ich habe einmal gelesen, dass sich hohe Militärs erschießen – mit der Pistole in den Kopf. Es sei der einzige Grund, weshalb sie eine Waffe tragen.« Jagmetti lachte. »Aber das ist mehr Folklore als Fakt, nehme ich an.«
    »Nicht unbedingt. Es ist eine sehr effiziente Art, sich das Leben zu nehmen; geht rasch und ist einfach. Jeder höhere Offizier ist Geheimnisträger – und aus diesem Grund wird er vermeiden, in Gefangenschaft zu geraten. Schlussendlich ist es Selbstschutz oder ein Reflex der Ohnmacht; nennen Sie es, wie Sie wollen.«
    »Lernt man das?«, wollte Jagmetti wissen, der als einfacher Soldat nur ein Gewehr und keine Pistole besaß.
    »Ja, und ich bin überzeugt, Hottiger hätte es genauso getan, wäre es ihm lediglich um sein Leben gegangen. Aber das Risiko, dass man seine Blindheit entdecken würde, war zu groß. Also legte er sich auf eine Kiste Dynamit und nahm in Kauf, dass er jemand anderen verletzen oder gar töten konnte. Die Fischerboote fahren nahe am Ufer … er konnte das nicht ausschließen.«
    »Das konnte ihm

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