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Im Sommer sterben (German Edition)

Im Sommer sterben (German Edition)

Titel: Im Sommer sterben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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Barbaresco und drei Runden Grappa konnte sich Eschenbach nicht richtig entspannen.
    Er hatte einen Mord aufzuklären und nichts in der Hand. Es war wie bei einem dieser Geburtstage, er wusste nie, was er schenken sollte. Und weil ihm nichts einfiel, schenkte er Wein oder Blumen oder beides. Lauter Verlegenheitslösungen.
    Die Überprüfung der Mitgliederliste, die ihm Aebischer gegeben hatte, würde in reine Fleißarbeit ausarten. Vielleicht würde sich etwas daraus ergeben. Bürokram, Dinge aus Verlegenheit eben.
    Von Matt, den er zwischendurch kurz auf dem Pissoir sprach, äußerte sich zuversichtlich. Aber das war er immer. Berufsoptimist.
    Was sollten die Reifenabdrücke und Spuren ergeben? Der Förster vielleicht? Ein Campingausflug, ein Liebespaar oder, wie Johnny meinte, doch der Gärtner? Hundertmal schon waren es Irrläufe gewesen. Und immer diese Warterei, die ihm, je älter er wurde, umso mehr zusetzte.
    Der Kriminalist ist noch schlimmer dran als der Haremswächter, war einer der Lieblingssätze von Matts. Er darf zwar nicht mitmachen, aber er ist wenigstens dabei, wenn’s passiert. Wir kommen immer erst, wenn alles wieder aufgeräumt ist.
    Eschenbach fand den Satz nie lustig, was nicht hieß, dass es nicht stimmte. Er fühlte sich einsam, trotz der Fröhlichkeit, die ihn umgab.
    Er dachte an Corina und daran, dass er sie und Kathrin übers Wochenende im Engadin besuchen würde. Was sie wohl gerade taten? Es war halb zwölf. Schliefen sie schon? Er dachte an die Aufzeichnungen des Gesprächs mit Dr. Bettlach, die er in seiner Jacke im Taxi liegen gelassen hatte. Hoffentlich bekam er sie wieder. Keine Tatwaffe, kein Motiv, keine Verdächtigen.
    Es drehte sich alles im Kreis. Er hätte die Schnäpse besser nicht getrunken. Jetzt war es zu spät. Er nahm noch einen Schnaps und zum Abschluss noch ein Bier.

7
    Linus Breitenmoser war Headhunter – ein Kopfjäger gewissermaßen. Im Fachjargon hieß das, was er tat, Executive Search . Er suchte im Auftrag von Firmen Leute für Kaderpositionen. Jahressaläre von einer Viertel Million Schweizer Franken waren das Mindeste; kleine Sachen interessierten ihn nicht. Die Personen, die er suchte, jagte er anderen Unternehmen ab. Zwischen 30 und 35 Prozent des Jahresgehalts fielen für ihn ab, wenn einer von A nach B wechselte. Plus Spesen natürlich.
    Marianne Felber kannte Linus noch aus der Zeit, als er Handelschef bei der zweitgrößten Bank im Land war. Acht Jahre waren seither vergangen, die kurze Liaison, die sie mit ihm gehabt hatte, eingeschlossen.
    Als sie in die Lounge des Hotel Storchen kam, saß Linus bereits an einem der kleinen Tische und las in einem Papier. Er hatte hellbraunes, an den Schläfen weißliches Haar, trug eine Brille mit Goldrand und einen dunklen, einreihigen Nadelstreifenanzug. Er war Mitte fünfzig.
    »Danke, dass du dir für die Sache Zeit genommen hast«, sagte sie, küsste ihn flüchtig auf die Wange und ließ sich auf einen Stuhl schräg gegenüber fallen.
    »Ich dachte, dich gibt es gar nicht mehr.« Er musterte sie lächelnd. Dann sprachen sie über Vergangenes und ein wenig darüber, was das Früher mit der Gegenwart verband.
    »Ich habe deinen Artikel gelesen – klingt spannend.«
    »Mordsmäßig spannend.« Sie verzog den Mund zu einer Grimasse. »Ich kam rein zufällig zu dieser Geschichte … etwas Glück gehört manchmal auch dazu.«
    Er nickte.
    »Hast du den Lebenslauf bekommen?«, wollte sie wissen und zündete sich hastig eine Zigarette an.
    »Ja, hier.« Er wedelte mit dem Papier. »Ich bin ihn gerade noch mal durchgegangen. Interessant.« Er legte die Akten neben das Glas Weißwein auf den Tisch. »Ist Chardonnay okay?«
    »Sicher, schon.«
    Er winkte der Kellnerin.
    »Was meinst du mit interessant?« Sie spielte mit einem kleinen, orangefarbenen Plastikfeuerzeug und sah ihr Gegenüber erwartungsvoll an.
    »Philipp Bettlach war ein interessanter Typ.«
    »Hattest du mit ihm zu tun?«
    »Ja, vor zwei Jahren. Er hatte mich gebeten, jemanden für ihn zu suchen. Einen Betreuer für gehobene Privatkundschaft.«
    »Ach ja? Komm, erzähl!«
    »Wir trafen uns in der Kronenhalle zum Lunch. Dabei wollte er wissen, wie ich arbeite; meine Kontakte und die Methode, mit der ich auf Kandidaten zugehe und sie auswähle. Bettlach sprach wenig von sich, hörte aufmerksam zu und stellte die richtigen Fragen.«
    »Du meinst ein richtiger Sympathikus …« Marianne kramte ein paar zusammengefaltete DIN-A4-Blätter aus ihrer Mappe und las

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