Im Spiegelbild der schwarzen Spinne (German Edition)
hoffen, dass Wolf wirklich hier war. Wenn James, der Lagerleiter, recht behielt, dann war er im Zirkel und ich würde ihn schon bald wiedersehen.
Brownie parkte den Wagen vor einem der größeren Gebäude und wir stiegen aus. An einer wirklich sehr vergammelten Tür stand ein Mann im schwarzen Anzug, der Brownie kurz grüßte und zur Seite ging , sodass wir eintreten konnten.
„Sieht nicht sehr einladend aus“, murmelte ich, während Brownie voraus ging.
„Soll es auch nicht“, erwiderte er leise und führte mich in einen langen Flur der auf halber Strecke an einer halb offenstehenden Tür vorbeiführte. Ich warf einen kurzen, verstohlenen Blick hinein. Offensichtlich eine Art Wartezimmer. Eine Reihe Stühle stand an der Wand, sonst schien der Raum leer zu sein.
„Hinter den Kulissen sieht es nie sehr schön aus“, bemerkte Brownie, als wolle er dieses zweifelhafte Etablissement verteidigen. Ich schwieg und folgte ihm bis zu einer Tür, an der der Flur endete. Brownie öffnete sie, ging hinein und wartete, bis ich zu ihm aufgeschlossen hatte. Ich trat ein und überblickte den kleinen Raum. Zehn Stühle standen vor einer Glasfront und ich konnte nur zwei freie Plätze ausmachen. Wir waren die letzten, wenn ich es richtig verstand und Brownie deutete auf den Stuhl, der für mich reserviert war. Ich setzte mich und nickte dem Mann, der neben mir saß, höflich zu. Er reagierte sofort und hielt mir die Hand hin.
„Bill Fuller, freut mich.“
Ich schüttelte die mir gereichte Hand und stellte mich ebenfalls vor. Brownie saß zu meiner Rechten und warf einen Gruß zu Bill Fuller hinüber, dann zwinkerte er mir beinahe unmerklich zu und ich wusste, wer hier der große Boss war. Nachdem wir unserer Höflichkeitspflicht nachgekommen waren, blickten alle durch die Glasfront, auch ich verschaffte mir einen ersten Eindruck und stellte fest, dass wir auf einer höheren Etage saßen, denn mein Blick führte ein paar Meter in die Tiefe. Unter mir lag ein großer Glaskasten, der mit zehn im Kreis angeordneten Stühlen ausgestattet war. Jenseits des Glaskastens war eine Art Zuschauertribüne mit etwa fünfzig Sitzplätzen und kaum hatte ich das System überblickt, öffnete sich eine Tür am Rande des Zuschauerraumes und zwei gut gekleidete Männer traten ein, hielten die Tür auf und ließen die Gäste ein. Die Sitzplätze füllten sich und Brownie flüsterte mir zu:
„Gleich werden die Spieler eingelassen.“
Gebannt starrte ich in den Glaskasten hinunter. Der Zirkel, nichts weiter als ein Glasraum mit zehn Stühlen. Beinahe hätte ich vermutet, hier eine Runde Reise nach Jerusalem beobachten zu dürfen, doch ich wusste, dass das Wunschdenken war. Ich hatte mittlerweile genügend Informationen erhalten, um zu wissen, dass es hier um Leben und Tod ging. Dann kamen die Spieler. Zehn Männer, nur in langen Hosen gekleidet, den Oberkörper frei, barfüßig und unrasiert, traten sie ein, nahmen auf den Stühlen Platz und legten die Arme auf die Armlehnen ihrer Stühle. Jeder von ihnen trug eine große Ziffer zwischen eins und zehn auf dem Brustkorb, offensichtlich mit schwarzer Farbe aufgetragen. Jetzt traten zwei Anzugträger ein und zogen die Hände der Spieler durch lederne Schlaufen an den Armlehnen, zerrten sie fest und prüften noch einmal, ob die Spieler ihre Hände noch bewegen konnten. Ich riss die Augen auf und schluckte. Der Mann mit der Nummer zehn war mein Bruder Wolf…
Kapit el 30
Wolf saß in einem so kleinen Raum, dass er sich kaum rühren konnte. Eine Kammer von kaum zwei Quadratmetern Größe. Er hatte diese Nacht im Sitzen geschlafen, obwohl man von Schlaf kaum reden konnte. Er lehnte mit dem Rücken an der kalten Wand und saß mit dem Hintern auf dem ebenso kalten Betonboden. Die Stunden, die er hier verbracht hatte, hatten ihm klar gemacht, dass er auf seinen letzten Auftritt wartete. Nachdem er den Zirkel aus der Zuschauerperspektive erlebt hatte, war ihm klar geworden, dass es so gut wie keine Überlebenschance gab. Man hatte ihm eine Flasche Wasser gegeben und ihn nach dem Zirkel hier eingesperrt, in einem Raum ohne Fenster, ohne Licht, ohne Möbel. Bill Fuller hatte ihm erklärt, dass er diesen Raum erst wieder verlassen würde, wenn der nächste Zirkel startete. Sein Zirkel, sein letztes Abenteuer. Wolf döste vor sich hin, als sich die Tür seines Gefängnisses öffnete. Bill Fuller trat ein und kniete sich zu ihm hinunter, stellte eine weitere Flasche Wasser neben Wolf ab und
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