Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Stein

Im Stein

Titel: Im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Meyer
Vom Netzwerk:
begrüßen, leider nehmen nur wenige an unserem Kongress teil, aber ich freue mich auf die Diskussionen mit euch, die ihr gekommen seid, auf eure Anregungen und Erfahrungsberichte.
    Ich möchte daran erinnern, dass die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Jahr zweitausendzwei bereits einen Musterarbeitsvertrag vorgelegt hat, der den Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern umfassende Rechte einräumte, wie das in anderen Arbeitsverhältnissen alltäglich ist. Wir sollten und müssen uns auch selbst hinterfragen, sowohl wir Sexarbeiterinnen als auch die Betreiber und Betreiberinnen von Betrieben, warum es seit dem Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes einfach wenige, nein, viel zu wenige Änderungen und Verbesserungen in unserem Arbeitsumfeld und in unserer Arbeit gegeben hat. Gleichzeitig und vor allem möchte ich die anwesenden Mitglieder der Regierungs- und Oppositionsparteien bitten, und auch hier muss ich sagen, leider sagen, dass sich nur wenige Politiker eingefunden haben, aber ich möchte euch bitten, euch intensiv all diesen Fragen zu widmen, sie in eure Fraktionen zu tragen! Ihr könnt euch jederzeit nach den Beiträgen der Rednerinnen per Handzeichen zu Wort melden! Wir alle sind gefragt, wir alle müssen zusammenstehen und offen miteinander sprechen, es geht darum, elementare Dinge zu ändern, Probleme, die seit Jahrzehnten bestehen, zu lösen! Die Doppelmoral, was die Sexarbeit betrifft, muss endlich ein Ende haben! Wir brauchen anwendbare Regelungen, um auf dem Arbeitsmarkt und nicht zuletzt in der Gesellschaft als mündige, versicherte, gemeldete, aber freie, Rechte wahrnehmende und Rechte einhaltende Arbeitnehmerinnen oder Selbständige zu agieren, zu leben und … ja … zu arbeiten!
    Ich weiß, dass viele meiner Kolleginnen den Status als Selbständige vorziehen! Und dagegen ist auch in keinster Weise etwas einzuwenden! Der Weg in die Selbständigkeit war und ist ja oft der erste Schritt! Würde aber eine adäquate Alternative in einem geregelten Arbeitsverhältnis bestehen, welches ein Grundgehalt beinhaltet …, ein Mindestgehalt, wie das schon vielerorts mit vielfältigen Modellvorschlägen diskutiert worden ist … Aber, liebe Freundinnen, liebe Freunde, wie soll das vonstattengehen? Frage ich ehrlich, frage ich euch, frage ich auch und vor allem die anwesenden Betreiberinnen und Betreiber.
    Zumindest was die Arbeiterinnen an der Bar und die Tänzerinnen und Künstlerinnen betrifft, sind wir da zum Teil weitergekommen. Und sollten auch in diesem Bereich weiterarbeiten, dort weitermachen.
    Ich sage hier ganz offen und ehrlich, dass ich als selbständige Sexarbeiterin, als selbständige Dienstleisterin arbeiten möchte, so wie bisher! So wie die meisten von euch, von uns.
    Ich besitze seit zweitausendzwei einen sogenannten Werkvertrag. Meine Chefin lobt die neue Rechtssicherheit, die sie zumindest ein Stück weit vor Razzien schützt. Mein Werkvertrag regelt eindeutig meinen Status als selbständige Dienstleisterin, er verpflichtet mich dazu, meine Einkünfte selbst zu versteuern.
    Ich bin in einer privaten Krankenversicherung. Ich weiß, dass viele von euch unter Angabe einer anderen Tätigkeit krankenversichert sind. Was ich unter anderem vorweisen musste, war ein sogenanntes Drogenscreening. Des Weiteren einen Untersuchungsbericht meines Hausarztes. Ich habe diesen Schritt bewusst gewählt. Und wir alle sollten diesen Schritt bewusst wählen!
    Für Sexarbeiterinnen mit Migrationshintergrund gibt es allerdings weitere Schwierigkeiten, die aber bei Vorlage aller erforderlichen Dokumente auch zu meistern sein sollten! So ist es – wenn ich das so nennen darf – de jure, das sind unsere Rechte, das sollten sie sein! Ich weiß aber aus vielen Gesprächen mit Kolleginnen, dass es häufig anders aussieht. Dass es gute Gründe gibt, warum andere Tätigkeiten bei den Versicherungen angegeben werden. Ich würde mich freuen, wenn in der anschließenden Diskussion alle Schwierigkeiten, alle Hindernisgründe hier offen angesprochen werden!
    Wir wollen das Prostitutionsgesetz, was ein großer Schritt in die richtige Richtung war, weiterentwickeln, unser Ziel ist es, dass es keine Stigmatisierung, keine woher auch immer resultierende Abwertung unserer Bestrebungen geben darf! Wenn ich beispielsweise höre, dass behauptet wird, dass das Gesetz nur den Betreibern nützlich sei, dann müssen wir das auf unserem Kongress diskutieren!
    Was ich zum Schluss noch sagen will, und ich muss zugeben, dass

Weitere Kostenlose Bücher