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Im Stein

Im Stein

Titel: Im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Meyer
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sicher kein’ Krebs von Cola Zero.«
    »Wär doch mal ’n Werbespot.«
    Sie sitzen und sehen, wie es fünfzehn Uhr dreißig wird im Viertel. Ein Kronkorken fällt neben dem Golf 2 auf den Asphalt. Hoher Bogen, dritter Stock. Kriegen sie aber nicht mit, weil sie den Imbiss auf der anderen Seite der Straße beobachten, der seit paar Tagen zu hat. Keiner weiß, wieso. Und auch jetzt kommen wieder Leute und rütteln an der Tür. Und die beiden Bullen haben auch den kleinen Bahnhof im Blick, ein Stück die Straße runter. Sehen Leute aus der Unterführung kommen, in die Unterführung runtergehen. Bulle 1 macht das Radio an, Bulle 2 schaltet es aus. Bulle 1 wieder an. Bulle 2 dreht es leise. Bulle 1 wieder bisschen lauter. Der Klassiksender läuft, wer hat das denn eingestellt, obwohl das manchmal ganz gut ist, um zu entspannen, um runterzukommen, wenn wieder mal so ein Arschloch wartet, von dem sie wissen, dass er die Tür nicht aufmacht. Dem sie die Bude halb eintreten müssen, damit er mitkommt. Immer langsam mit der Fahndung. Weil da kann man auch mal an den Falschen kommen. Weil da gibt’s auch den einen oder anderen Assi, der einen guten Anwalt hat. Oder Beziehungen. Obwohl man sich das schlecht vorstellen kann. Ist auch selten. Bulle 1 kurbelt weiter. Mega-Hits der Achtziger . Die meisten Assis machen nichts, wenn sie dann blöd fallen, wenn die Tür endlich mal offen ist. Live is life . Dass dieser Scheiß doch wirklich immer noch kommt. Und sie kurbeln an dem alten Radio rum und hauen sich gegenseitig auf die Hände, und die Zeppeline mit den großen Werbesprüchen on board drehen ab zur Landung irgendwo vor der Stadt, weil das Wetterleuchten näher rückt.
    »Aber unser Assi, verstehen Sie, der kommt immer zu diesem Imbiss. Der hat keinen festen Wohnsitzt, wo wir ihn uns sacken können. Also obsen wir ihn hier. Der weiß auch genau, wie das Spiel geht. So blöd, wie das jetzt klingt. Denn da hinten sehen Sie die verfallene Mauer, ja, da auf der Wiese hinterm Imbiss, die zu der kleinen Ruine gehört, ehemals Reichsbahn, jetzt DB. Heim ins Reich. Unser Kai. Der Kristall-Junge. Aber kein Interesse, so oder so. Will keiner kaufen, keiner investieren. Verkommt. Der kommt also hierher, unser Jungchen, flatterig wie das HB-Männchen, wenn Sie wissen, was ich meine. F6. Und da hinten hat er sein Depot. Da holt er seine Schorre. Ein Zombie. Wenn ich’s doch sage. Je heißer das wird, umso dürrer wird der Kerl. Kai. Bald in der Kiste, wenn Sie verstehen, was ich meine. Zombie-Kai. Und der weiß viel und singt gerne seine Lieder. Sonst sacken wir ihn ein und sperren ihn weg. Und da gibt’s keine Schorre. Und kein Kristall auch nicht. Obwohl’s da alles gibt, wenn man weiß wie. Aber ist eh knapp zurzeit. Kann einer vielleicht argumentieren, dass man drinnen jetzt, also im Moment, mehr kriegt als draußen. Aber überall ist der große Ausverkauf. Aber kein Sommerschluss. Genau wie Koka und der andere Scheiß. Und wir haben Druck von oben, weil die Zombies jetzt auf die Alten und Schwachen gehen, Rentnerklatschen, weil ja die Preise steigen. Also sollen wir aufräumen. Nicht nur unten, sondern auch oben. Ist jetzt nicht unser Job. Wir sind nur Fahndung. Fahren die Assis in den Kahn. Schiff ahoi. Aber da gegen die meisten Zombies was offen ist, spricht man sich mal ab mit der D zwodrei. Droge. Dezernat. Holt sich einen und macht bisschen Druck und leitet die Info weiter. Kriegen wir dann ’ne andere Info, wenn ’n großer Hirsch irgendwo steht und auf den Blattschuss wartet. Sonst kehren wir alles weg, aber jetzt ist’s grad speziell, weil die Zombies gehen auf alles, was nach Kleingeld aussieht, steigen sogar in Bäckereien ein, mit Knarren und Messern, und da soll der Sumpf jetzt …, verstehen Sie? Trocken und heiß. Was aber auch nichts bringt, weil für die Presse und die Politik alles prima, wir haben die Schorre und den Koks und rotten die Szene aus, was natürlich auch ein absoluter Quatsch ist, aber da kommen dann immer mehr Zombies, die auf der Suche nach Stoff und Geld sind. Und die müssen wir dann auch noch wegkehren. Und auf der anderen Seite spielen die Kanacken verrückt und drängen in die Stadt und in den Markt. Nur die Fidschies in Chinatown machen ihr eigenes Ding. Bisschen kompliziert, gelle? Ja. Wie sagt man? Win-win-Situation. Oder so ähnlich. Sie verstehen? Alle für alle, wie die Musketiere.«
    Und die Taxis schwärmen aus. Sechzehn Uhr. Die Stadt kocht. Alle Fenster offen. Wenn der

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