Im Stein
Jahren schon. Dann wieder gibt er alles Geld aus für die beste und exklusivste Einrichtung der Zimmer. Wenn dann dort gebumst wird, sieht man nur ein großes rotes pulsierendes Herz, das ärgert ihn. Vor zehn Jahren, kann auch schon länger her sein, hatte er, er erinnert sich ganz genau an dieses dumme morgendliche Geschwatze in der Dreiundzwanzig-Stunden-Kneipe, die es inzwischen bestimmt nicht mehr gibt, er ist sich aber nicht sicher, ist seit Jahren nicht mehr dort gewesen, da hatte er nämlich die Idee für dieses Spiel gehabt, für ein Spiel, in dem man einen Puff, eine Bar, einen Nachtclub betreiben muss. Aber die anderen hatten nur gelacht. Aber es tröstet ihn, dass der Erfinder dieser Billigvariante damit sicher keinen großen Reibach macht. Und er verschwendet die Gelder, diese virtuellen Gelder, für die Einrichtung der Zimmer, kauft die besten Getränke für den Barbetrieb, engagiert eine professionelle Barfrau, spart dann zu viel bei der Reinigungsbrigade, ja, verdammt nochmal, zwei alte Weiber, die putzen, müssen doch reichen, vergisst dann, rechtzeitig bei den anderen Mädels, die bei ihm arbeiten wollen, anzurufen, weil er nicht rechtzeitig merkt, dass da welche krankmachen oder plötzlich keine Lust mehr haben, weil er, als der Manager mit der Maus, die Gäste nicht gut verteilt beziehungsweise die Reizpunkte und Stripshows nicht gut genug koordiniert, ist ja auch ein viel größerer Laden als seiner, dann hat er plötzlich Probleme mit der Steuer, obwohl er immer im Menü das Anwaltstelefonat anklickt, sein Club auf dem Laptop versinkt jedes Mal oder oft im kompletten Chaos und geht dann Pleite. Leckt mich doch .
Die Stimmen, die Frauen, die Gäste. Die kleine Russin ist wie immer oben auf dem Zimmer. Die hat es echt drauf, kann den Gästen jeden Drink aus dem Herzen oder sonstwoher zaubern. Und jeden mit nach oben nehmen, ob der will oder nicht. Der Laden läuft gut. Er schiebt das leere Glas Richtung Mandy 2, die ihn seit einigen Minuten anschaut, eine Zigarette raucht, »Bis später«, »Bis später, Hans.«
Vor der Kreuzung biegt er ab. Die kleine Seitenstraße ist leer, und er parkt direkt an der Ecke. Dreht den Schlüssel, legt den Kopf aufs Lenkrad, lehnt sich dann zurück. Er hat zwei Bettlaken aus dem Lagerraum 1 geholt, aber ärgert sich jetzt, denn wozu soll das gut sein. Noch mehr Stoff, den er entsorgen muss. Er wird den Boden seiner kleinen Kathedrale mit Waschbenzin schrubben müssen, mal sehen, was er für seine Reinigungsbrigade im Lagerraum 2 hat. Als er pissen war, hat er gesehen, dass das Papier knapp war. Er müsste anrufen, dass da nicht das Papier plötzlich alle ist. Er macht sich über all diesen Unsinn Gedanken, obwohl der Mann in seinem Kofferraum liegt. Ist kein Unsinn. Halt doch die Fresse, verdammt nochmal. Er hört das Grummeln von Flugzeugen, weit über den dunklen Häusern. Die Post hat eigene Flugsteige auf dem großen Flughafen draußen vor der Stadt, auf denen starten und landen auch nachts die Maschinen.
Er ist nicht eingeschlafen, er starrt nur in die Nacht und auf die Mauern. Der Morgen neigt sich langsam über die Häuser. Noch kein heller Streifen, noch kein Dunkelblau, in das das Schwarz der Nacht langsam übergeht an den Rändern, aber er spürt, dass er nicht mehr viel Zeit hat in der Dunkelheit. Er fährt das Fenster herunter, die kühle Luft berührt sein Gesicht, er wirft die Kippe auf den Fußweg und dreht den Schlüssel um. Er schließt das Fenster nicht, während er fährt.
Durch die geöffneten Jalousien sieht er das erste Rosa hinter den Häusern, hinterm Zentralbahnhof, dem großen grauen Sarkophag. Vielleicht täuscht er sich auch, eine Leuchtreklame spiegelt sich in der Scheibe, das Licht zerschnitten von den Lamellen der Jalousie. Er sitzt vor dem toten Mädchen. Er denkt daran, wie er den Revolver vor wenigen Stunden an seine Stirn gepresst hat. Vier Uhr. Vier Uhr paarunddreißig. Er hört die Züge über die Gleise Richtung Zentralbahnhof rumpeln oder von ihm weg. Er nimmt den Körper, hebt ihn hoch und spürte ihre kleinen Brüste an seiner Brust. Sie trägt nur ein T-Shirt. Sein Hemd wird nass, das muss ihr Speichel sein. Er hat sich Lederhandschuhe übergezogen. Ein kleines leichtes Mädchen. Er hat sie schon halb über seine Schulter gelegt. Er stolpert zurück. Das Mädchen wieder auf dem Boden. Er legt seine Hand auf ihr Gesicht. Hockt sich vor sie. Das ist noch warm, oder ist das seine Hand? Der Handschuh seiner rechten
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