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Im Stein

Im Stein

Titel: Im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Meyer
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du, dass Merkel und, sagen wir, Steinbrück oder Steinmeier nicht auch hin und wieder ein Glas Wein zusammen trinken …«
    »Aber eine große Koalition ist zwischen den Unternehmen der Locos und der Engel ja nun doch nicht möglich. De facto.«
    »Und de jure. Bravo. Da hast du einen etwas unpassenden Vergleich enttarnt. Aber sagen wir die Vorstandsvorsitzenden zweier großer Betriebe. Fusion natürlich ausgeschlossen …«
    »Und feindliche Übernahme ja auch nur, was die Gebiete und Märkte betrifft, verbessere mich bitte später, wenn ich falschliege. Wenn wir aber schon bei Fusionen und Übernahmen und Koalitionen sind …«
    »Ja?«
    »… dann möchte ich doch den wunden Punkt Berlin ansprechen.«
    »Die gute alte Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik. Wunder Punkt, sagst du …«
    »Nur nebenher, wie alt warst du zur Wende?«
    »Da war ich vierundzwanzig. Das beste Alter, wenn du mich fragst. Aber ich halt’s da mittlerweile mit Udo Jürgens. Das war doch Udo Jürgens.«
    »Fünfzig Jahr, graues Haar? Nur ein kleiner Scherz. Mit sechsundsechzig Jahren …«
    »Genau das. Da bin ich noch zwanzig Jahre drunter. Aber das geht jetzt alles sehr schnell, mit den Jahren, mit den stetigen Wechseln. Die Engel versuchen, eine Konstante zu sein. Aber wo waren wir stehengeblieben …«
    »Berlin. Unter anderem.«
    »Ja.«
    »Ich meine, man las und liest ja viel darüber in der Presse …«
    »Und genau das ist das Problem.«
    »Aber es gibt doch Fakten, die sich nicht bestreiten lassen …«
    »Niemand streitet. Niemand bestreitet. Ich habe dir doch eben erzählt, dass es durchaus Beziehungen, Freundschaften, Bekanntschaften und Achtung gibt, was das Verhältnis der Locos und der Engel betrifft.«
    »Aber dass eine ganze Abteilung der Locos zu den Engeln überläuft, wie es aus Berlin zu hören war, ist dennoch ein besonderer und auch in ihrer Organisation höchst umstrittener Vorgang.«
    »Zum einen: Ich stehe für die Engel. Immer für die Engel. Das ist unser Wahlspruch …«
    »Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Respekt, Freiheit.«
    »Natürlich. Das auch. Aber was ich sagen will: Ich bin ein Teil der Organisation. Einer weltweiten Organisation …«
    »Ist die Mafia nicht auch eine weltweite Organisation?«
    »Die Mafia. Erstens: welche? Die Italiener? Welche. Die Russen? Die Triaden? Was für einen Scheiß erzählst du mir?«
    »Entschuldige. Ich wollte die Engel GmbH & Co. KG nicht mit irgendeiner Mafia gleichsetzen, aber …«
    »Dann lass diesen Scheiß. Du beleidigst die Engel, du beleidigst mich. Und sitzt hier in meinem Raum und denkst, ich lasse dir das durchgehen.«
    »Möchtest du, dass wir unser Gespräch ein andermal weiterführen?«
    »Du bist ein kleiner cleverer Bastard. Entschuldige. Jetzt sind wir pari. Was denkst du, wer vor dir sitzt, ein bockiges Kind?«
    »Der Ex-Chef der Engel, Niederlassung Eden City?«
    »Ein Science-Fiction-Freund, ich sehe schon. Nein, atmen wir einmal kräftig durch. Respektlosigkeit ist etwas, mit dem ich schlecht umgehen kann und auf das ich reagieren muss. Zugegebenermaßen. Mafia …, mein lieber Scholli, wie wir Sachsen sagen.«
    »Ich wollte nicht respektlos sein, ich wollte nur etwas Schärfe in unsere Diskussion bringen.«
    »Ich muss zugeben, dass ich das verstehe und dass ich es durchaus respektiere, wenn du hier gewisse Fragen stellst, gewisse Verbindungen ziehst, und dass du denkst, du kommst damit durch. Weil die wenigsten den Arsch dazu in der Hose haben.«
    »Danke.«
    »Spar’s dir. War kein Kompliment. Grundsätzlich kannst du aber natürlich alles fragen. Und was Berlin betrifft …«
    »Die Los Locos sind ja nach dem Übertritt einer ihrer wichtigsten und stärksten Abteilungen in Berlin nun de facto nicht mehr existent.«
    »Ich werde dir da nicht widersprechen. Aber sieh es doch einmal so, wenn wir vorhin von Fusionen sprachen, wobei diese Fusion, das hast du ja schon richtig erkannt, den Namen und die Firma außen vor lässt, es geht nur um den Wechsel, um die Übernahme eines qualifizierten Personals. Wären wir, also die Niederlassung der Engel in Berlin, nicht schön blöd, wenn wir dieses Angebot, diese Möglichkeit ausschlagen würden? Ich würde sogar in der Folge von einer Befriedung des Marktes sprechen. Die Dinge haben sich nun beruhigt in der Hauptstadt.«
    »Der Markt, von dem wir hier sprechen, ist das Rotlicht.«
    »Gut, dass du uns zu diesem Punkt zurückbringst. ›Rotlicht‹ ist für mich ein ähnliches Unwort

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