Im Stein
des Geschäfts ist, starke Frauen in dein Unternehmen zu lassen und nicht jedes Lieschen Müller, ich weiß nicht, wo ich diesen Namen herhabe, von dir, aus unseren stillen Gesprächen, aus den zerschnittenen Erinnerungen an meine Kindheit?, »Coppenrath & Wiese«, sagst du einmal, und ich weiß genau, was du meinst, dass jedes Lieschen Müller sich wie ’ne Zicke aufführen würde, so in der Art: »Was haben diese blöden Weiber mit mir zu tun?«, sich aufregen würde über dies und das, über die Art, über die Weise, in der du erzählst, über wen du erzählst. Aber das ist das . Weil wir anders sind. Und uns öffnen. Und uns dennoch festhalten und umarmen.
Kann es nur einen geben?, fragst du. Und meinst die Unruhen in deinen Geschäften, in deiner Firma. Erwähnst den Mann hinter den Spiegeln, der seit der Abwehr der feindlichen Übernahmen immer mächtiger wird, den Chef der Engel. Ich mag es, wie du meinen Schwanz wie beiläufig streichelst. Obwohl ich das sonst nicht mag. Wie Federn. Während du mich fickst und dann meine Brüste mit beiden Händen umfasst.
Ich renne und renne und höre nicht auf zu laufen und zu rennen, obwohl niemand mehr hinter mir ist. Aber das Lachen weht durch die Straßen, echot zwischen den Hauswänden hin und her. Ich bin auf einen der alten Fördertürme gestiegen, im Brachland vor der Stadt. Das beginnt gleich hinter den Häusern, die alten Zechen, die rostenden Stahlgerippe der alten Fabriken und Fördertürme. Stahl rostet doch nicht? Ich sitze dort oben und schaue übers Land und schaue über die Stadt, wenn ich mich umdrehe. Irgendwo dahinten fließt der Fluss. Irgendwo dahinten geht gleich die Sonne unter. Irgendwo dahinten ist sie bereits untergegangen, fast, blassrosa im Wolkendunst. Wie ein Nebel dahinten überm Fluss. Spätsommer, Ende September. Ich wische mir übers Gesicht, und meine Hände sind nass, und meine Wimpern färben aus, und meine Schminke zieht Schlieren über meine Handflächen. Ich schäme mich. Ich will keine Tucke sein. Nur eine Frau, nur ein Mädchen, nur Audrey Hepburn. Da muss ich lachen, denn das ist natürlich kein nur . Und »Dirty Dancing« fand ich auch gut, obwohl der schon vor Jahren im Kino war und jetzt nur nochmal kommt, weil’s da einen zweiten Teil von gibt, und alle tun so, als wäre Patrick Swayze jetzt der Star der Neunziger, dabei wollen sie nur die Achtziger nachholen, in denen wir noch Kinder und viel zu klein für sowas waren, und dann fällt mir ein, dass »Dirty Dancing 2« doch erst viele Jahre später, zweitausendvier, ins Kino kam oder kommen wird, und ich sitze oben auf dem alten Förderturm und lache. Ich gehe zum Friseur und lasse mir die Haare so schneiden, wie sie die Mädchen und die jungen Frauen in den Achtzigern trugen. Ich färbe sie mir auch schwarz. Das hält prima, auch wenn’s regnet. Ich darf so nicht nach Hause kommen, sonst dreht mein Alter durch. Ich bin ihm heute dankbar, dass ich Italienisch spreche. Ich habe ein paarmal Urlaub gemacht in der Toskana. Ich mag das Meer. Und bin zum Meer gefahren. Die Kerle, die Jungs um mich herum wie ein Rudel junger Hunde. Meine schwarzen Haare vorne verstrubbelt und hinten und an den Seiten etwas länger, aber immer noch relativ kurz, so wie das die Frauen und Mädchen in den Achtzigern trugen.
Dass mein Vater mich zu schlagen pflegte. Das stimmt nun nicht. Nur einmal. Dass er zeitig schon gesehen haben muss, dass ich nicht der Junge war, den er sich wünschte. Was die Entwicklung betrifft. Aber Vater, mein Vater, ich war schon immer so. Und die Jungs um mich herum, Toskana, Meer, und ich stolz und Champagner trinkend, nein, Prosecco war es wohl, stolz und unnahbar, aber scherzend mit ihnen, unter ihnen, in den Cafés, am Strand, in der Ebene der Toskana.
Was lachst du, fragst du, worüber lachst du? Und wachst auf wie aus den Tiefen eines Traums. Die Augen offen jetzt. Deine Bartstoppeln schimmern grau in dem gedimmten Licht unter der Zimmerdecke. Dass ich mich an dich und auf dich lege. Dass du mich wegschiebst, aber nur, um dich wieder an mich zu drängen. Mit deiner Kraft, mit deiner Ungeduld, mit deiner Geduld. Dass ich dich bewundere, dass du mit mir hier oben liegst. Dass du mich bewunderst, sagst du, oder sagtest es in den Minuten und Stunden zuvor. Für was?, mein kalter Mann, dessen Kühle und Fremdheit mich immer wieder an dich ziehen. Als wär’s ein Teil von mir. Als wär’s kein Teil von allem da draußen.
Als wäre alles Wichtige nur hier drin,
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