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Im Strudel der Gefuehle

Titel: Im Strudel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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ihr Leben in ein dermaßen rettungsloses Durcheinander verwandelt hatten. Tief in seinem Inneren jedoch verfluchte er sein Verlangen nach ihr, das ihn sogar jetzt nicht losließ. Mit jeder Faser seines Körpers sehnte er sich nach ihrem Anblick und ihrem Duft, obgleich er genau wußte, daß sie ihm niemals gehören würde. Erst wenn sie dieses Begehren erfüllt hatte, würde ihre Ehe wirklich und tatsächlich ein Bündnis bis in den Tod sein.
    Als Jessica die Augen aufschlug, drehte sich die Welt um sie herum. Im Mittelpunkt dieser Welt wartete auf sie ein Alptraum, dessen dunkle Augen finster und unbarmherzig auf sie herabstarrten. Mit einem unterdrückten Aufschrei versuchte sie zu entkommen. Wolfes Hand legte sich unerbittlich auf ihren Mund, während er sie fest an sich drückte. Die Mühelosigkeit, mit der Wolfe ihren Widerstand im Keim erstickte, hätte Jessica in wilde Panik ausbrechen lassen, wenn sie nicht im letzten Augenblick erkannt hätte, daß er es war. Ihre Gegenwehr hörte augenblicklich auf. Sie wußte genau, daß Wolfe ihr niemals weh tun würde.
    »Bist du fertig?« fragte Wolfe.
    Jessica nickte nur. Mit seiner Hand vor ihrem Mund brachte sie kein Wort heraus.
    »Gut. Wir haben nämlich erst einmal genug von deinem Geschrei.«
    »Solange ich hier war, hat sie kein einziges Mal geschrien«, wandte Rafe ein.
    Wolfe warf dem Fremden einen Blick zu, der jeden anderen hätte zu Eis erstarren lassen.
    Rafe schien dieser Blick nicht weiter zu stören.
    »Außerdem weiß sie, wie man eine Schußwunde verbindet«, setzte er hinzu und öffnete seine Jacke einen Spalt, um seinen Arm vorzuzeigen.
    Jetzt erst sah Wolfe, daß Rafe verwundet war. Dann fiel Wolfe auf, daß der Verband aus der gleichen eisblauen Seide bestand wie Jessicas Kleid und daß dieses Kleid genau die gleiche Farbe hatte wie Jessicas Augen. Genau diese Augen beobachteten ihn in diesem Moment mit einem frostigen Blick. Er nahm die Hand von ihrem Mund.
    »Vielen Dank, Mylord«, sagte Jessica. Ihre Stimme klang genauso eisig, wie ihre Augen aussahen.
    »Ich bin kein Lord.«
    »Und ich bin keine kreischende Vogelscheuche.«
    »Wie man sich doch irren kann.«
    »Er ist ist gar nicht so schwer, einem Mann etwas vorzumachen, der nicht nur blind und taub, sondern obendrein auch noch dumm ist.«
    Rafe versuchte sein Lachen zu verbergen, indem er zu husten begann. »Wie geht es Ihrem Kopf, Ma’am?«
    »Der sitzt immer noch an der richtigen Stelle.« Jessica schloß für einen Moment die Augen. »Genau wie meine Zunge.«
    Sie betrachtete Wolfe und mußte an all ihre guten Vorsätze denken, in seiner Gegenwart stets liebevoll, sanft, charmant und gutmütig zu sein. Erneut rollte eine schwarze Welle der Erschöpfung über sie hinweg. Was für ein einsames Dasein man fristen mußte, wenn man mit einem Mann verheiratet war, der einen mit solch mitleidslosen Augen ansah.
    »Es tut mir leid«, sagte Jessica schließlich. Ihre Stimme war so leise, daß nur Wolfe sie verstehen konnte. »Ich habe dir nichts weiter als Schwierigkeiten bereitet. Ich wünschte, wir könnten noch einmal zu der Zeit zurückkehren, als du gekommen bist, um mich vor dem Sturm zu bewahren. Aber das ist wohl unmöglich. Ja, auch das tut mir leid.«
    »Wir können all dem sofort ein Ende bereiten, Jessica. Ein Wort von dir genügt.«
    »Niemals, mein geliebtes Halbblut«, sagte sie leise und dachte dabei an das Grauen, das sie gepackt hatte, als Lord Gores Zähne und seine Hände ihre nackte Haut berührt hatten. »Niemals.«
    Jessica konnte Wolfes Blick nicht länger ertragen. Sie senkte die Augen. Ihr fehlte die Kraft, gegen ihn oder gegen den Schmerz anzukämpfen, der mit jedem Ruck der Kutsche in ihren Schläfen hämmerte. Eine bedrohliche Finsternis breitete sich um sie herum aus; eine Finsternis, die sie nur mit äußerster Kraft zurückhalten konnte. Doch wenn sie jetzt matt und kraftlos war, lag es nicht daran, daß sie sich den Kopf gestoßen hatte. Es war die Anstrengung, mit der sie gegen das grauenhafte Dunkel ihrer halbvergessenen Träume ankämpfte, die ihr das Letzte abverlangte.
    Irgendwo tief in ihrem Inneren schrie ein kleines Mädchen sein Grauen in den Wind... und als die Dunkelheit ihm antwortete, kehrten Erinnerungen zurück, wo vorher nur gähnende Leere gewesen war.
    »Jessica?«
    Sie gab keine Antwort.
    Zuerst dachte Wolfe, sie hätte noch einmal die Besinnung verloren. Dann sah er, daß sie mit weit geöffneten Augen auf etwas starrte, das nur sie allein

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