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Im Strudel der Gefuehle

Titel: Im Strudel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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brauche ich nicht soviel zu waschen.«
    Ein Lächeln huschte über Wolfes Gesicht, als er sicher sein konnte, daß sie ihn dabei nicht sah. Als er aufschaute, war keine Spur des Lächelns mehr in seinem Gesicht zu entdecken. Seine elfenhafte Gegenspielerin war einfach zu geschickt, wenn es darum ging, Lücken im Schutzwall seiner Wut zu finden.
    »Es ist mein voller Ernst«, sagte er und deutete auf den Haufen aus feiner Wolle, seidenen Kleidern und zierlichen Schuhen, der am Fuße des Betts aufgeschichtet war. »Willst du nicht lieber davon etwas mitnehmen statt deiner Angelrute und den Büchern?«
    »Meine Seidenkleider können kein einziges Gedicht auswendig, und ich glaube kaum, daß ich auch nur eine einzige der berühmten Forellen hier in den Rockies fangen werde, indem ich einen Schuh ins Wasser baumeln lasse.«
    Zuerst dachte Wolfe, Jessica wollte ihn nur wieder ärgern. Doch dann begriff er, daß sie es ernst meinte. Sie wollte lieber ihre Bücher und Angelausrüstung mitnehmen als eines ihrer eleganten Kleider. Die alte Jessi hätte sich genauso entschieden; nicht aber die vornehme junge Dame, die auf dem Ball zu ihrem zwanzigsten Geburtstag perfekt frisiert und parfümiert erschienen war.
    »Du ziehst dich am besten schon an, während ich mich um den Rest der Vorbereitungen kümmere«, sagte Wolfe.
    Er drehte sich um, überlegte kurz, kam dann zurück und zog die
    Felldecke unter dem Kleiderstapel hervor. Als er aufschaute, bemerkte er, daß Jessica ihn neugierig und mißtrauisch beobachtete.
    »Es könnte sein, daß wir im Schnee schlafen müssen«, sagte er mürrisch. »Wenn du die hier in deinen Schlafsack steckst, müßte dir warm sein.«
    Jessica blinzelte ihn verwirrt an und wunderte sich, wie er so besorgt um sie sein konnte, wo er doch gleichzeitig so wütend auf sie war. »Danke.«
    »Du brauchst gar nicht so schockiert zu gucken. Ich will dich nicht umbringen; ich will nur, daß unsere Ehe für ungültig erklärt wird.«
    Sie betrachtete Wolfes breite Schultern, während er aus dem Zimmer ging, und stieß einen Seufzer aus, der sie selbst überraschte. Mit gerunzelter Stirn griff sie hinter sich, um sich der nervtötenden Aufgabe zuzuwenden, ihr Kleid aufzuknöpfen. Das Kleid hatte weniger Knöpfe als ihre Reisegarnitur, aber wenn man sich alleine an- und ausziehen mußte, waren es immer noch zu viele; und ungeschickt angebracht waren sie außerdem. Sie wollte Wolfe zu Hilfe rufen, besann sich aber dann anders. Obwohl sie nicht besonders viel über Männer und ihre Bedürfnisse wußte, hatte sie eine Ahnung, daß das Blut eines Mannes um so schneller in Wallung geriet, je weniger Kleidungsstücke eine Frau trug und je länger ihm die Freuden der Liebe verweigert wurden.
    Wieder dachte Jessica an den letzten Abend. Eine Gänsehaut lief ihr den Rücken hinunter, diesmal jedoch nicht nur aus Angst und Abscheu. Die Freuden, die sie Wolfe zu verdanken hatte, waren einmalig, ja sogar atemberaubend gewesen. Wenn die körperliche Liebe zu einer Frau in ihm ähnliche Gefühle auslöste, war es kein Wunder, daß ihre Ablehnung ihn so tief verletzte. Es war ungerecht von ihr, auf so engem Raum mit ihm zu wohnen und ihn ständig zur Zurückhaltung zu zwingen. Das war ihr vorher nicht bewußt gewesen, auch wenn sie es jetzt verstand.
    Wir können nicht unser ganzes Leben so verbringen.
    Dann fiel Jessica ein, worin die Alternative bestand. Sie konnte einer Annullierung zustimmen, nach England zurückgehen und sich Lady Victorias wohlmeinenden, unermüdlichen Bemühungen unterwerfen, ihr Mündel mit dem erstbesten Lord zu verheiraten, der alt und wohlhabend genug war. Außerdem mußte es jemand sein, der dringend einen Erben brauchte, so daß er über Jessicas bürgerliche Mutter hinwegzusehen bereit war.
    Die Vorstellung, in solch eine Heirat einzuwilligen, löste einen unbändigen Freiheitsdrang in Jessica aus. Weder ihr Verstand noch die äußeren Zwänge konnten sie dazu bringen, sich eines anderen belehren zu lassen. Wolfe war der einzige, der eine Annullierung einem Begräbnis vorzog.
    Es gab schlimmere Dinge als den Tod. Daran bestand für sie nicht der geringste Zweifel. Manchmal durchlebte sie diese Dinge im Schlaf. Verbotene Erinnerungen und schreckliche Alpträume fanden hier zusammen, und die unmenschliche Stimme des Windes flüsterte ihr zu, daß so die Hölle auf Erden aussah.
    Mit einem unterdrückten Stöhnen schlug Jessica die Hände vors Gesicht. »Lieber Gott«, flüsterte sie, »mach, daß

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