Im Strudel der Gefuehle
ich glaube kaum, daß Ihr Mann da seine Arme hineinzwängen kann, ganz zu schweigen von seinen Beinen.«
Sie lächelte. »Das war eigentlich für mich gedacht und nicht für Wolfe.«
Rafe mußte grinsen, als er die riesige Hose mit dem zierlichen kleinen Mädchen verglich. Trotz ihres abgetragenen Kleides sah sie ganz entzückend aus.
»Dieser Stoff ist nicht das Richtige für Sie«, sagte er schließlich.
Jessica warf ihm einen versteckten Blick zu und sah, daß er es ernst meinte. Er glaubte wirklich, daß sie so zerbrechlich war, wie sie aussah.
»Sie würden sich wundern, wenn Sie wüßten, wie hart im Nehmen ich sein kann«, sagte sie.
Nachdem sie die Hose vor sich ausgebreitet hatte, versuchte sie herauszufinden, ob sie ihr paßte. Die Hosenbeine waren eindeutig zu lang.
»Verflixt.«
Sie legte die Hose zurück und fing an, nach einer passenden Größe zu suchen. Nach einer Weile entdeckte sie eine, die aussah, als wäre sie für einen kleinen Jungen und nicht für eine ausgewachsene Frau. Sie breitete sie vor sich aus. Vermutlich war der Bund zu weit und die Hüften zu schmal. Dafür war es die einzige passende Größe, die ihr bisher untergekommen war.
»Würden Sie die für mich kurz halten?« fragte sie Rafe und drückte ihm die Hose in die Hand.
Wortlos nahm er die Hose entgegen und sah ihr dann mit wachsender Begeisterung zu, wie sie einen Stapel Hemden auf der Suche nach einer passenden Größe durchwühlte. Er lächelte immer noch, als er plötzlich spürte, wie jemand hinter ihm den Laden betreten hatte. Er drehte sich um. Wolfe Lonetree stand vor ihm und musterte ihn von
Kopf bis Fuß, als wollte er einen Sarg in der passenden Größe für ihn bestellen.
»Rafe, was halten Sie von... oh, gut, daß du wieder da bist«, sagte Jessica und hielt Wolfe ein Hemd entgegen. »Wie gefällt dir das hier?«
»Nicht groß genug.«
Jessica spitzte die Ohren, als sie Wolfes mühsam beherrschten Tonfall hörte. Sie sah ihm sofort an, daß sich unter seinem scheinbar ruhigen Äußeren eine unbändige Wut verbarg.
»Ich dachte, es wäre vielleicht sogar ein bißchen zu groß«, murmelte sie und legte sich einen Ärmel an.
Da begriff Wolfe erst, daß Jessica für sich selbst einkaufte. »Mylady, Ihr habt bereits genug Kleider, um zwei Packpferde damit zu beladen. Außerdem werde ich es nicht zulassen, daß Ihr jedem Mann im Westen Euren Körper wie ein billiges Flittchen darbietet.«
Er nahm Rafe die Hose ab und warf sie zurück auf die Theke, bevor er sich wieder Jessica zuwandte.
»Hast du die Lebensmittel auf der Liste besorgt?« fragte er.
»Ja«, sagte sie.
Trotz der hektischen Flecke auf Jessicas Wangen klang ihre Stimme ruhig und gelassen. Wolfe achtete nicht darauf, sondern fuhr unbeeindruckt fort.
»Man ist doch nie vor Überraschungen sicher.« Er nahm Jessica das Hemd aus der Hand und warf es auf den Stapel mit der Hose.
Als sie Wolfes verbitterte Miene sah, wurde sie selbst so wütend, daß ihre Augen eisig zu funkeln begannen.
»Ich hole jetzt die Pferde«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme. »In der Zwischenzeit solltest du schon zur Kutsche gehen. Der Laufbursche wird dir beim Einladen helfen.«
Nachdem er Rafe einen tödlichen Blick zugeworfen hatte, drehte er sich um und ging davon.
Rafe atmete erleichtert auf. Jetzt, als er Jessicas Mann zum ersten Mal in seinen alten, abgetragenen Sachen gesehen hatte und nicht in
seinem Sonntagsstaat, war auch er davon überzeugt, daß es sich bei ihm tatsächlich um denselben Wolfe Lonetree handelte, der sich angeblich so gut in den Bergen auskannte. Das hier war also der Mann, der berühmt war dafür, der beste Gewehrschütze diesseits des Mississippi und ein stahlharter Krieger zu sein.
Darüber, daß Wolfe ausgesprochen eifersüchtig war, wenn es um seine Frau ging, hatte die Gerüchteküche nichts verlauten lassen. Rafe hätte sich gerne dazu bereit erklärt, den nächsten armen Irren zu warnen, der sich an Jessicas freundlichem Lächeln ein wenig aufwärmen wollte.
»Ma’am«, sagte Rafe und tippte sich an den Hut. »Es war mir ein Vergnügen.«
»Müssen Sie wirklich schon gehen? Wolfe ist gar nicht so schrecklich, wie er manchmal tut.«
Rafe lächelte gequält. »Da haben Sie recht. Er ist bestimmt noch viel schrecklicher. Außerdem ist er verdammt... äh, ich meine verflixt eifersüchtig bei allem, was Sie betrifft. Nicht, daß ich es ihm verdenken könnte. Wenn ich etwas besäße, das nur annähernd so reizend ist wie ihr
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