Im Sturm der Gefuehle
eleganten hochrädrigen Phaeton eine Ausfahrt in den Hyde Park unternommen, der die Mädchen hellauf begeisterte.
Nicht damit zufrieden, sich Annes und Phoebes Sympathie zu sichern, hatte er Marcus Gentleman Jackson persönlich im Boxsalon des Letzteren an der Bond Street vorgestellt, sehr zu Marcus' Genugtuung. Dann hatte er Marcus und seine beiden Busenfreunde zum Essen zu Offleys ausgeführt, wo sie sich an dem hervorragenden Beefsteak des Hotels delektierten und sich famos unterhielten.
Ach, und gestern, erinnerte sich Sophy fast entrüstet, hatte er ihre Einwände einfach abgetan - was er mit empörender Regelmäßigkeit tat - und gut gelaunt die drei Damen in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett ausgeführt und anschließend zu einem großartigen Tee im Grillon. Die jüngeren Damen waren eindeutig verschossen in ihn, und seine leichte, neckende Art brachte sie immer wieder zum Lachen. Er war zu einem festen Bestandteil von Sophys Leben geworden, und zu ihrem Entsetzen gefiel es ihr immer besser.
Lord Harrington schien neuerdings ihre einzige Sorge zu sein. Sie und ihre Geschwister nahmen freudig alle Vergnügungen wahr, die London zu bieten hatte. Anne Richmond hatte sich in das Leben in Grayson House eingefügt, als wäre sie hineingeboren worden, und Lord Scoville hatte sich nie wieder in ihre Angelegenheiten eingemischt. Anne und Phoebe hatten rasch Freundschaft geschlossen, und Anne sah in Sophy ihre Retterin. Es gab nichts, was sie nicht für die liebe Lady Marlowe tun würde, gelobte sie inbrünstig Phoebe gegenüber. Nichts.
Annes Beziehung zu Marcus konnte man nur als lau bezeichnen. Er tolerierte sie höflich, während sie ihn mit wachsamer Nachsicht beäugte.
Während im Moment alles ganz gut lief, war Sophy vage bewusst, dass man Anne betreffend ein langfristiges Arrangement treffen musste. Wie verlangt, hatte Miss Weatherby prompt Annes Sachen geschickt, ohne einen Versuch zu unternehmen, die Situation zu ändern.
Anne lag Sophy im Moment nicht schwer auf der Tasche, und Sophy missgönnte ihr keinen Penny, doch waren in weiterer Zukunft Probleme abzusehen. Was würde sein, wenn die Saison zu Ende war und die Familie Grayson nach Cornwall zurückkehrte? Natürlich würde man Anne mitnehmen, aber welche Konflikte würde das mit Miss Weatherby heraufbeschwören? Sophy wollte gar nicht daran denken, was in ein paar Jahren sein würde, falls die Situation ungelöst blieb und es für Anne Zeit wurde, ihr Debüt in London zu machen, und sie von jungen Männern umschwärmt wurde, was angesichts von Annes Liebreiz und Vermögen mit Sicherheit zu erwarten war.
Es war ein Problem, das Sophy zunehmend Sorgen bereitete, sodass sie etwa zehn Tage nach dem Gespräch mit Miss Weatherby und Edward Anne ausdrücklich darüber befragte.
Die drei Damen saßen im kleinen Gewächshaus im rückwärtigen Teil des Hauses und genossen die Frühlingssonne, die durch die großzügigen Fenster einfiel. Phoebe und Anne hatten halbherzig an Handarbeiten gestichelt, und Sophy hatte müßig ein Musterbuch ihrer Lieblingsschneiderin durchgeblättert.
Sophy hatte dem Buch nur wenig Beachtung geschenkt, da Annes Situation sie ständig beschäftigte. Als ihr Blick auf Annes fleißig gesenkten Kopf fiel, fragte sie plötzlich: » Warum drängt deine Tante so darauf, dass du meinen Onkel heiratest? Was hat sie denn dabei zu gewinnen?«
Anne erschrak über die Frage, einen Moment sprach aus ihren samtenen braunen Augen nur Verständnislosigkeit. Als ihr allmählich dämmerte, worauf Sophy hinauswollte, sagte sie schlicht: »Wie ich an jenem ersten Abend schon sagte, möchte sie, dass ich einen Ehemann adliger Herkunft bekomme, außerdem hat sie von Lord Scoville nach der Heirat einen stattlichen Betrag zu erwarten. Sie besitzt kein eigenes Vermögen, da mein Großvater sie enterbte.«
»Das alles weiß ich, aber kann sie denn aus deinem Vermögen keinen Nutzen ziehen?«, fragte Sophy eingedenk der Art und Weise, wie ihr Onkel sich am Erbe ihrer Geschwister bereicherte.
»Sie kann nur so viel entnehmen, wie ich für meinen Unterhalt brauche, und auch dafür muss sie sich an die Vermögenstreuhänder wenden. Das Geld für meinen Unterhalt wird im allgemeinen direkt an die Gläubiger überwiesen, wenn die Treuhänder entscheiden, dass es berechtigte Forderungen sind. Tante Agnes erhält Geld für die tägliche Haushaltsführung, und soviel ich weiß, bekommt sie für ihre Mühe einen zusätzlichen Betrag. Da sie mit mir
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