Im Sturm der Gefuehle
Harringtons scherzhaften Ton gewöhnt, kicherten die zwei jüngeren Damen, worauf er ihnen blinzelnd zulächelte.
Sich ins Unvermeidliche fügend, fragte Sophy: »Gibt es einen Grund für Ihren Besuch? Oder sind Sie nur gekommen, um mich zu ärgern?«
»Sie ärgern? Wie können Sie so grausam sprechen, wenn Sie doch wissen, dass Ihr kleinster Wunsch mir Befehl ist?«
Seine blitzenden Augen luden sie ein, auf den Scherz einzugehen, und sie ließ ein widerstrebendes Lachen hören. »Den Tag möchte ich erleben, an dem Sie auf einen meiner Wünsche eingehen!«, gab sie spitz zurück. »Also, gibt es einen besonderen Grund für Ihren Besuch?«
»Eigentlich schon. Ich wollte Sie fragen, ob ich Sie am Donnerstag zum Dinner mit den Offingtons ins Stephens begleiten darf.«
Sophy schnaubte. »Ich nehme an, dass eine Ablehnung wenig nützen würde?«
Er lächelte. »Es würde auch ein wenig töricht aussehen, wenn Sie meine Einladung ablehnen, meinen Sie nicht auch?«
»Sind Sie denn nie in Verlegenheit zu bringen?«, fragte Sophy reuig und bekämpfte das starke Verlangen, sein Lächeln zu erwidern. »Kann denn nichts Sie abschrecken?«
Ohne Rücksicht auf die großen Augen Phoebes und Annes nahm er Sophys Hand und hauchte einen Kuss darauf. »Nicht, wenn ich etwas möchte.«
Das Lachen war aus seiner Miene verschwunden, und der suchende Blick, mit dem er sie bedachte, ließ ihren Mund trocken werden, doch noch ehe sie sich fassen konnte, ging er.
Kaum war er außer Sicht, als Anne schon seufzte: »Ach, Lady Marlowe, wie können Sie ihm nur widerstehen? Er ist so hübsch und so amüsant. Und es ist nicht zu übersehen, dass er sich von Ihnen sehr angezogen fühlt. Warum weisen Sie seine Annäherungsversuche zurück? Ich weiß, dass ich es nicht täte.«
Sophy, die geistesabwesend die Hand rieb, wo seine Lippen sie berührt hatten, murmelte: »Ich bezweifle, ob man in deinem Alter schon einen Charakter unfehlbar beurteilen kann. Lass dich von ihm nicht täuschen. Ich musste am eigenen Leib leidvoll erfahren, dass Gentlemen immer am charmantesten sind, wenn sie Jagd auf jemanden machen.«
Das Thema wurde fallen gelassen, doch ihre eigenen Worte wollten Sophy nicht aus dem Sinn gehen. Ihre Worte erfassten die Situation exakt. Trotz ihrer Warnung, es nicht zu tun, machte Ives Harrington Jagd auf sie. Weder ihre Zurechtweisungen noch ihre schneidenden Antworten oder kühlen Blicke brachten ihn aus dem Konzept. Nichts schien ihn aufhalten zu können. Und sie sah sich der Frage gegenüber, ob sie ihn wirklich aufhalten wollte?
An jenem Abend nach dem Dinner saß sie allein in ihrem Boudoir und starrte vor sich hin, in Gedanken bei ihrem Problem. Ihr Entschluss, nie wieder zu heiraten, war unabänderlich, und um ehrlich zu sein, sie war nicht sicher, ob es ihre Hand war, die Ives zu gewinnen suchte. Ihre Augen wurden schmal. Da sie den Gentleman kannte, hielt sie es für wahrscheinlicher, dass er eine Geliebte wollte.
Davon abgesehen, konnte sie freilich nicht leugnen, dass sie den Viscount viel zu attraktiv fand. Attraktiver als jeden anderen Mann, dem sie jemals begegnet war, auch Simon, ehe dieser ihre Illusionen zerstört hatte. In müßigen Augenblicken hatte sie überlegt, wie es sein würde, eine Affäre mit Ives zu haben. Eine ganz diskrete Affäre, natürlich. Die Tatsache, dass sie eine solche Idee auch nur in Betracht zog, war bestürzend und bereitete ihr großes Unbehagen.
Doch die Idee hatte auch ihren Reiz. Sobald sie ihm die Intimitäten gewährte, die Simon sich genommen hatte, würde sie imstande sein, Ives wie ihren Mann mit Gleichgültigkeit und Widerwillen zu sehen. Wichtiger noch, vermutlich würden sie dann nicht mehr unanständige Träume heimsuchen, in denen Ives sie küsste, sie berührte ...
Ein Pochen an der Tür lenkte ihre aufgebrachten Gedanken ab, und auf ihr Herein traten Phoebe und Anne ein. Beide waren schon fürs Bett zurechtgemacht und waren, ihrer üblichen Gewohnheit folgend, gekommen, um mit Sophy vor dem Zubettgehen eine Weile zu plaudern.
Es war eine lockere Unterhaltung. Die Mädchen zogen sie noch mit Ives auf und machten Pläne für die kommende Woche. An Sophys Frisiertisch sitzend, spielte Phoebe müßig mit den verschiedenen Bürsten, Kämmen und Duftflakons. Anne hatte es sich zu Sophys Füßen bequem gemacht, ihr Kopf ruhte auf Sophys Knien.
Die kleine verzierte Schmuckschatulle, die immer auf Sophys Frisiertisch stand, erregte schließlich Phoebes
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