Im Sturm der Gefuehle
beleidigte Gemüter zu versöhnen und war sich darüber im Klaren, dass er das jetzt noch nicht durfte. Der Blick, mit dem Sophy ihn ansah, als er zu ihr trat, während sie im Wintergarten in einem Buch las, erhöhte seine düstere Stimmung.
Lange Zeit stand Ives nur da und blickte sie an, dabei überrollte ihn eine Woge des Glücks. In ihrem einfachen Kleid aus gelbgrün gemustertem Musselin mit der hohen Taille sah sie sehr einnehmend aus. Ihr Haar, das ihr als kunstvolle, goldene Lockenpracht auf die Schultern fiel, wurde durch ein grünes Seidenband aus dem Gesicht gehalten.
Sophy, die seine Anwesenheit zur Kenntnis genommen hatte, widmete sich wieder ihrer Lektüre und drehte ihrem Mann ihr ernstes Profil zu. Es war ein bezauberndes Profil, und nachdem er es einige Momente betrachtet hatte, wagte Ives die leise Frage: »Verzeihst du mir, Schmetterling? Es war nicht sehr nett von mir, dich so bald nach unserer Rückkehr in die Stadt zu verlassen.«
Sophy sah ihn an, eine schmale Braue hebend. »Dir verzeihen?«, wiederholte sie seelenruhig, legte ihr Buch weg und sah ihn an. »Was denn? Dass du dem Zeitvertreib der meisten Gentlemen huldigst?«
Ives' Gesicht sprach Bände. Er wünschte sich sehnlichst, ihr die ganze Geschichte erzählen zu können, doch das war völlig ausgeschlossen. Trotz ihrer Heirat kannten sie einander nicht sehr gut. Zwar hätte er geschworen, dass sie nichts, was er ihr anvertraute, weitergeben würde, doch es stand ja nicht nur sein Leben auf dem Spiel. Das Schicksal ganzer Armeen hing davon ab, dass er den Fuchs aufspürte und ihm das Handwerk legte. Ein einziges unbedachtes Wort...
Er erfasste ihre Hand und drückte einen Kuss darauf. Ihrem abweisenden Blick ruhig begegnend, sagte er schlicht: »Bitte glaube mir, meine Liebe, wenn ich sage, dass es mein glühendster Wunsch ist, dich glücklich zu machen.« Er lächelte verlegen. »Im Moment mag dir das kaum glaubwürdig erscheinen, doch es ist die Wahrheit. Sophy, vertraue mir, und alles wird wieder gut.«
»Mir scheint, du bittest mich ständig, dir zu vertrauen -und gibst mir keine Beweise, dass ich es tun kann«, erwiderte sie scharf. Plötzlich flammte es in ihren goldenen Augen nachdenklich auf. »Vielleicht gibt es einen Weg, mir zu zeigen, dass ich dir trauen kann ... zumindest ein wenig«, sagte sie langsam.
Wachsam sah Ives sie an. »Und das wäre?«
Sie lächelte liebreizend. »Gib mir meine Pistole zurück.«
13
Das war die allerletzte Bitte, die Ives erwartet hätte, und er war so erleichtert, dass ihn fast ein Schwindelgefühl erfasste. Von Sophys ehelichen Zwistigkeiten hatte er schon gehört, und Percival hatte ihm bereitwillig erzählt, wie Sophy in der Nacht von Marlowes Tod auf ihren Mann geschossen hatte. Dass es mich ganz und gar nicht beunruhigt, ihr die Pistole zurückzugeben, zeigt nur, wie sehr sie mich behext hat, dachte er spöttisch.
Mit einem fast dümmlichen Lächeln sagte er: »Aber natürlich. Ich werde nach Ashby klingeln, und er wird sie unter meinen Sachen heraussuchen.«
Argwöhnisch starrte Sophy ihn an. »Du meinst es ernst?«
Ives verbeugte sich elegant. »Allerdings. Wenn du es als Vertrauensbeweis verlangst.«
Sophy, die es kaum zu glauben wagte, kniff die Augen zusammen. Was hatte er vor, versuchte er sie auf diese raffinierte Art zu entwaffnen? Nie hätte sie erwartet, dass er ihrer Bitte nachkommen würde, und die Tatsache, dass er es tat, machte sie ratlos.
Nachdem Ives geläutet hatte, erschien Ahsby, der mit undurchdringlicher Miene den Auftrag seines Herrn entgegennahm und sofort wieder verschwand.
Während sie warteten, fiel kein Wort zwischen ihnen. Sophys Gedanken waren beschäftigt, sie versuchte den Mann vor sich zu begreifen. Warum tut er das?, fragte sie sich einigermaßen perplex. Was kümmerte es ihn, ob sie ihm traute oder nicht? Nahm man die letzte Nacht als Beispiel, war es klar, dass er beabsichtigte, seinen Lebenswandel ungeachtet ihrer Wünsche beizubehalten. Und doch hatte er sie gebeten, ihm Vertrauen zu schenken, und war sogar gewillt, ihr eine Waffe in die Hand zu geben. Sie schüttelte völlig verwirrt den Kopf.
Ashby kam wieder, händigte Ives die Pistole aus und verschwand. Ives streckte ihr mit einem Lächeln die Waffe hin. »Ich glaube, sie gehört dir, Liebling.«
Sophy erhob sich langsam und überwand die kurze Distanz, die sie trennte. Ihre Finger berührten fast die Pistole, als Ives zurückwich und seine Hand und die Waffe just außer
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