Im Sturm der Gefuehle
würde ich aber lieber für mich behalten«, bemerkte Ives trocken.
Marcus lief rot an. »Ich bin doch nicht dumm, Mylord.«
»Dafür habe ich dich nie gehalten«, erwiderte Ives lächelnd. »Ich wollte dich nur auf meine unbeholfene Art warnen, auf deine Worte zu achten. Bis Edwards Mörder gefasst ist, gilt das für uns alle.«
»Aber sicher würde doch niemand dich verdächtigen, Lord Scoville ermordet zu haben?«, fragte Lady Beckworth beklommen.
Ives schüttelte den dunklen Kopf. »Natürlich nicht. Aber je weniger wir uns über den Mord auslassen, desto weniger Nahrung wird der Klatsch bekommen.«
Ein Klopfen an der Tür ertönte, und Emerson trat ein. Er sah Ives an und sagte: »Mylord, Besuch für Sie. Lord Grimshaw, Sir Alfred Caldwell und ein Colonel Meade. Ich war so frei, sie in den blauen Salon zu führen.«
Nur mit Mühe schaffte Ives es, eine liebenswürdige Miene zu wahren. Eine Begegnung mit diesen dreien war das Allerletzte, was er im Moment - übrigens auch zu keiner anderen Zeit - wollte, und er konnte sich gut vorstellen, warum sie ihn sprechen wollten. Er konnte sich vage erinnern, dass er vor Edwards Ermordung und seiner darauf folgenden Heirat geplant hatte, mit ihnen einen besonders anrüchigen Spielsalon aufzusuchen.
So wie er sie einschätzte, würde es keiner von ihnen als unpassend empfinden, eine frisch gebackene Braut allein zu Hause zu lassen und eigene Pläne zu verfolgen. Und da er sein Bestes getan hatte, damit sie ihn für ihresgleichen hielten, konnte er jetzt sein Betragen nicht ändern. Nicht wenn er den Fuchs aufspüren wollte.
Ein verkniffener Zug legte sich um seinen Mund, als er den Blick sah, mit dem Sophy ihn beim Abschied bedachte. Sie traute ihm nicht, und solange der Fuchs nicht aus seinem Bau gelockt war, konnte er nichts tun, um ihr Misstrauen zu zerstreuen.
Seine Vermutung, den Besuch der drei Freunde betreffend, erwies sich als richtig, und nachdem sie ein Glas Wein getrunken und ihn auf höchst unpassende Weise zu seiner Heirat beglückwünscht hatten, entführten sie ihn zu einem Nachmittag und Abend des Amüsements.
Wohl wissend, dass er sich damit selbst das Verdammungsurteil sprach, schickte Ives Sanderson mit einer Nachricht zu Sophy, dass er zum Dinner nicht zu Hause wäre und erst spät zurückkäme. Ihr stünde es frei, für den Abend eigene Pläne zu machen.
Eis legte sich um Sophys Herz, als sie Sandersons Worte hörte, doch ihr hübsches Gesicht behielt äußerlich seinen gelassenen Ausdruck bei. Als sie den anderen eröffnete, dass Ives ausgegangen sei, verriet Marcus' Blick Argwohn, und Phoebe fragte offensichtlich erstaunt: »Er lässt dich an deinem ersten Abend zu Hause allein?«
Sophy, die sich mit königlicher Anmut erhob, sagte leichthin: »Natürlich. Vergiss nicht, dass wir erwachsene Menschen sind, die ihr eigenes Leben haben. Es wäre sehr merkwürdig, wenn wir ständig aneinander kleben würden. Er soll seine Vergnügungen haben und ich meine.«
»Dir macht es nichts aus?«, fragte Anne unsicher.
»Warum sollte es?«, gab Sophy zurück, deren Herz in der Brust schmerzte. »Ich verfüge über seinen Namen und sein Vermögen und bin sicher, dass er alles tun wird, um unsere Ehe zu einem Erfolg zu machen.«
»Das wird er«, gab Lady Beckworth ihr Recht. »Obwohl es mich sehr wundert, dass er lieber einen Abend mit Freunden verbringt als mit seiner Braut.« Sie seufzte. »Aber so sind sie nun mal, die Herren der Schöpfung. Immer tun sie, was sie wollen.«
Sophys Gedanken waren nicht besonders angenehm, als sie später allein in ihrem neuen Schlafzimmer lag, einem Raum, den sie mit ihrem Mann teilen wollte. Mit einem Mann, der sie nach erst vier Tagen Ehe zu Hause ließ und ausging, um die Nacht am Kartentisch und mit Alkohol zu verbringen. Sie zweifelte nicht daran, dass Ives in diesem Moment genau das tat. Das war bitter, und sie konnte auch nicht sicher sein, dass er den Reizen der willigen weiblichen Wesen widerstehen würde. Hatte sie nicht mit angesehen, wie er vor weniger als einer Woche eines der Hausmädchen der Allentons mit lüsternen Blicken verfolgte?
Das war ein schreckliches deja vu. So hätte Marlowe sich benommen. Er hätte nicht eine Sekunde an die Gefühle seiner Frau gedacht, nicht, wenn sie mit seinen eigenen Wünschen in Widerspruch standen. Ives schien aus demselben Holz geschnitzt, und doch drängte sich ihr die Erinnerung an Ives' neckende grüne Augen auf, an seine Fürsorglichkeit und sein
Weitere Kostenlose Bücher