Im Sturm der Herzen
einem Fluch auf den Lippen stieg er aus dem Bett und trottete ins Badezimmer. Er drehte die Dusche auf und stellte die Temperatur niedriger, als er es eigentlich mochte, was ihn endgültig aufweckte und ihn seine Morgenlatte loswerden ließ. Das machte das Denken leichter.
In Gedanken ging er noch einmal die Ereignisse der letzten Tage durch. Bis Allie Parker entdeckt worden war, war alles wie geplant verlaufen. Die Jacht, das perfekte Versteck, war beladen und planmäßig Richtung Süden unterwegs. Die Behörden suchten nach Booten, die Drogen in die Vereinigten Staaten schmuggelten. Dass eine riesige, teure Jacht wie diese hier irgendetwas in die entgegengesetzte Richtung schmuggelte, war kaum wahrscheinlich.
Und der Name Baranoff war für sich genommen schon Schutz genug. Die Dynasty II war seit Jahren mit Baranoffs reicher Klientel an Bord auf Luxusreise durch diese Gewässer unterwegs. Oberflächlich betrachtet, war dies nur eine weitere Vergnügungsfahrt.
Jake dachte an das Satellitentelefon auf der Brücke. Er wusste genau, was Baranoff sagen würde, falls er herausfand, dass eine Frau an Bord war.
»Wir dürfen keine Fehler machen«, hatte er gesagt. »Behalten Sie das im Kopf. Und tun Sie, was immer nötig ist.«
Mit »was immer nötig ist«, meinte Baranoff genau das, und es bestand kein Zweifel, da s s er den beiden anderen Männern die gleichen Instruktionen erteilt hatte.
Jake zog eine abgeschnittene Jeans an, Zugeständnis an die zunehmende Hitze. Dann dachte er an Allie, und ein Schauder lief ihm über den Rücken. Baranoff hatte gar keine Möglichkeit herauszufinden, dass sie an Bord war. Absolut keine. Oder doch? Jesus, er hoffte es zumindest, aber der Mann war clever und hatte fast grenzenlose Verbindungen.
Als seine Schicht anfing, entschied Jake, dass das Satellitentelefon für eine Weile ausfallen würde.
7
Irgendwann drehte sie noch durch. Hätte sie nicht gewusst, dass das in einer sonnigen, luxuriösen Kabine unmöglich war, sie hätte glauben müssen, dass sie einen Anfall von Klaustrophobie hatte. Allie marschierte auf dem dicken malvenfarbenen Teppich auf und ab. Sie war einfach nicht der Typ, der so viel Zeit mit Nichtstun verbrachte.
Jake hatte ihr geraten, so viel wie möglich unter Deck zu bleiben, was sie bislang auch getan hatte. Sie hoffte, dass die Jacht jetzt langsam ihr Ziel erreichte. Aber unglücklicherweise waren sie immer noch auf See, immer noch unterwegs, und recht viel länger hielt sie das nicht aus.
Die Sonne brannte durch die Bullaugen und ließ die Kabine unerträglich heiß werden. Für die Windjacke war es zu heiß, aber ohne wagte sie sich nicht an Deck. Also zog sie die Jacke über das Tank-Top, das genau wie ihre Shorts dringend in die Wäsche musste, und ging die Treppe hinauf.
Als sie die Tür aufmachte, stand Luis oben im Salon. »Hey, Baby! Juckt's dich irgendwo, und du willst gekratzt werden, was?« Er grinste sie lüstern an. »Kannst Jake sagen, dass er dich nicht ordentlich glücklich macht, Luis kümmert sich gern um dich.«
Allie ignorierte ihn. Luis sagte ständig irgendwas in der Art. »Wo ist er?«
»Schiebt seine Schicht, oben auf der Brücke.«
Und wo ist Roberto?, wollte sie fragen, tat es aber nicht. Es war wichtig, dass die beiden Latinos nicht mitbekamen, wie sehr sie sie fürchtete. Und sie brauchte wirklich etwas frische Luft. Sie musste sich unbedingt die Beine vertreten, und weder Bobby Santos noch sonst irgendjemand würde sie daran hindern.
Also schob sie die Glastür auf, ging auf das Deck hinaus und sog tief die warme, salzige Luft ein. Bis jetzt war das Wetter immer mild und sonnig gewesen mit lediglich ein paar Wolkenfetzen am Himmel. Aber heute war der bis dato heißeste Tag mit Temperaturen weit über dreißig Grad.
Eilig lief sie nach vorne zum Bug und freute sich am Wind und der klaren blauen See, die sich vor ihr erstreckte. Doch plötzlich brach das Dröhnen der Maschinen ab, und Stille legte sich über die Jacht. Das Schiff verlor schlingernd an Fahrt und legte sich tiefer in die Wellen.
Sie ging hinein, um herauszufinden, was passiert war, doch was immer es auch sein mochte, es würde ihr die Stimmung nicht verderben, und sie würde diesen seltenen Augenblick der Freiheit weiter genießen. Schützend legte sie die Hand über die Augen, studierte den Horizont, fuhr hoch und sah genauer hin.
Wale! Sie war so aufgeregt und vergaß einen Moment lang sogar, dass sie eine Gefangene war. Vergaß, dass sie auf
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