Im Sturm der Herzen
Augen, und sie sah, zum ersten Mal, seit die Kerle sie entdeckt hatten, so aus, als gäbe sie sich geschlagen.
Es zog Jake die Brust zusammen, und er wagte sich nicht vorzustellen, was sie jetzt denken musste. Er richtete sich kerzengerade vor ihr auf, packte sie bei den Schultern und schüttelte sie heftig. »Hast du verstanden?«
»Ja«, flüsterte sie kaum hörbar und so erbärmlich, dass ihn das Herz schmerzte.
»Gut. Jetzt schaff deinen Hintern nach unten.«
Allie setzte sich in Bewegung, aber ihre Beine zitterten derart, dass er nicht daran glaubte, dass sie es schaffen würde. Er hätte sie am liebsten hochgehoben und hinuntergetragen, aber das konnte er nicht wagen. Stattdessen wartete er ab und sah hilflos zu, wie sie ihr letztes bisschen Kraft zusammennahm und das Deck Richtung Salon überquerte. Als sie drinnen verschwunden war, atmete er tief durch.
»Ihr habt Recht«, sagte er zu den Männern. »Was passiert ist, ist meine Schuld.« Er grinste die beiden schief an. »Verrückt, was ein Mann so alles für sein bisschen Schwanz tut.«
Luis brach in schallendes Gelächter aus.
Bobby brachte kaum ein Lächeln zu Stande. »Du willst sie wirklich bis nach Belize mitnehmen, Mann?«
»Nein, ich bezweifle, dass dem General das gefallen würde. Sobald wir das Festland erreicht haben, werde ich sie los.«
Bobby gab keinerlei Kommentar ab, aber seine Schultern schienen sich zu entspannen.
Luis schien enttäuscht. »Du hast gesagt, dass wir sie bekommen, wenn du fertig bist mit ihr.«
»Wenn wir Zeit dazu haben, meinetwegen. Aber jetzt gehe ich runter und mache ihr unmissverständlich klar, was passiert, wenn sie künftig nicht pariert.«
8
Triefnass und erschöpft bis auf die Knochen sank Allie in der Kajüte auf den Stuhl.
Jake hatte sie geschlagen. Nun, was hatte sie eigentlich erwartet? Der Mann war ihr Kidnapper, nicht ihr Freund. Mit zitternder Hand berührte sie die Strieme auf ihrer Wange. Es war lächerlich, sich so verletzt, so hintergangen vorzukommen. Jake Dawson war ein Krimineller, ein Entführer. Sie musste wahnsinnig gewesen sein, ihn für etwas anderes als die beiden anderen Kerle zu halten.
Plötzlich hatte sie ein flaues Gefühl im Magen. Vielleicht zum ersten Mal spürte sie, wie allein sie wirklich war.
Und wie nah sie dem Tod gekommen war.
Verschwommen nahm sie wahr, wie die Tür sich öffnete und schloss. Sie blickte auf und sah Jake die Treppe herunterkommen. Er hatte einen harten Zug ums Kinn, und seine Miene war düster. Er sah genauso finster und bedrohlich aus wie am ersten Tag, und zum ersten Mal seit Tagen hatte sie wirklich große Angst vor ihm.
Unmittelbar vor ihr blieb er stehen. Die großen Hände waren zu Fäusten geballt, ein Angstschauer durchzuckte sie und ließ sie erneut zittern. Er sagte lange Zeit kein Wort, und ihre Angst kletterte eine weitere Stufe nach oben. Als er die Strieme auf ihrer Wange berührte, zuckte sie zurück und hörte ihn fluchen.
Er sank ein Stück entfernt auf die Bettkante und schob sich das nasse schwarze Haar aus dem Gesicht. Die Ellbogen auf die Knie stützend, beugte er sich vor zu ihr.
»Sieh mich an.«
Allie blinzelte und versuchte, den Schmerz zu ignorieren, der ihre Brust durchzuckte. Sie wollte dem intensiven blauen Blick, der in sie hineinzusehen schien, nicht begegnen; diesem Blick, der sie vergessen machen konnte, dass sie seine Gefangene war, der sie Vertrauen fassen ließ, was sie - wie sie jetzt mit absoluter Sicherheit wusste - nicht durfte.
»Schau mich an, Allie ... bitte.« Die Sanftmut in seiner Stimme zog sie wie ein Leuchtfeuer an.
»Es tut mir Leid, dass ich dich geschlagen habe.«
Ja, genau! Allie schaute weg.
»Schau mich an, verdammt!«
Sie tat es und wünschte, sie hätte es nicht getan. Die Tränen begannen zu fließen.
Jake atmete bebend aus. »Bitte nicht. Ich halte es nicht aus, dich weinen zu sehen.«
»Ich weine nicht«, sagte sie und reckte das Kinn, während sie die Tränen fortwischte.
»Es tut mir wirklich Leid, dass ich dich geschlagen habe. Ich habe mein ganzes Leben lang noch keine Frau geschlagen.«
Allie sagte nichts.
»Ich musste es tun. Ich weiß, wie absurd sich das anhört, aber es ist die Wahrheit. Ich wusste nicht, was ich sonst hätte tun können. Sie hätten dich womöglich umgebracht - oder hast du das vergessen?«
Allie schniefte. »Ich habe es nicht vergessen.«
»Jetzt vertraust du mir nicht mehr, oder?«
»Ich hab dir nie vertraut.«
»Doch, ich denke, das hast
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