Im Sturm der Herzen
Garnituren Kleidung für Jake. Freizeithosen, ein sauberes weißes Hemd und Schuhe; Armeehosen und Hemd, sowie ein Paar knöchelhoher Schnürstiefel.
Auf dem Tisch stand ein Tablett mit Essen: kaltes Fleisch und Käse; ein Stapel Tortillas und eine Karaffe Rotwein. Ihr Magen knurrte, deshalb bediente sie sich an Fleisch und Käse, bis sie angenehm satt war.
Irgendwann schaute sie zur Tür und wünschte sich, sie hätte gewusst, was unten vor sich ging. Aber sich zu diesem Zeitpunkt des Spiels bereits einzumischen - nein, das schien ihr nicht klug. Also kehrte sie ins Bad zurück, trocknete sich die Haare mit dem Föhn, den sie unter dem Waschbecken entdeckt hatte, und holte das Schminktäschchen aus ihrer Segeltuchtasche. Sie zog die Kleider an, die die Haushälterin ihr gebracht hatte, kämmte ihr frisch gewaschenes Haar und knetete es mit den Fingern durch, bis es sich lockte. Dann zog sie die Sandalen an.
Ein kurzer Blick in den Spiegel ließ sie lächeln. Seit sie San Diego verlassen hatte, hatte sie nicht mehr so gut ausgesehen. Sie kaute auf der Unterlippe und wünschte nur, Jake würde zurückkehren. Wieder fragte sie sich, was unten wohl im Gange war. Aber sie würde es nicht wagen hinunterzugehen. Oder doch?
Genau genommen hatte er nicht gesagt, dass sie oben im Zimmer bleiben sollte, und falls etwas schief gelaufen war, wollte sie lieber nachsehen.
Sie machte sich mit einem Atemzug Mut, dann öffnete sie die Tür und ging langsam nach unten.
Es hatte wieder zu regnen begonnen. Die Tropfen klopften auf das Blechdach, der Wind peitschte die Zweige eines Baumes ans Fenster. Im Studierzimmer, hinter seinem polierten Mahagoni-Schreibtisch stehend, reichte der General Jake das Satellitentelefon.
»Ihr Auftraggeber, Senor Baranoff, wünscht Sie zu sprechen, Major.« Offensichtlich hatte Valisimo den russischen Importeur kontaktiert, um ihn davon in Kenntnis zu setzen, dass die Marschflugkörper angekommen waren, sein Mann noch am Leben war und das Geschäft wie ursprünglich geplant abgewickelt werden konnte.
»Ich warte draußen, damit Sie etwas Ruhe haben.«
Jake griff nach dem kleinen schwarzen Handy, wartete, bis Valisimo die Tür geschlossen hatte und drückte sich das Telefon ans Ohr.
»Dawson.«
»Sie haben es also geschafft, in einem Stück zu überleben. Da hatten wir wohl beide Glück.«
»Ja, und es wird Sie freuen zu hören, dass auch die Marschflugkörper intakt sind.«
»Hat mir der General bereits mitgeteilt. Wann holen Sie sie?«
»Sobald Valisimo einen Hubschrauber fertig hat. Morgen, würde ich sagen.«
»Gut. Der General hat mich gleichfalls darüber informiert, dass sie mit einer blonden Frau namens Allie Parker unterwegs sind.«
»Stimmt.«
Am anderen Ende der Leitung knackte irgendetwas. »Ich halte das für einen interessanten Zufall. Sie müssen wissen, hier im Jachthafen von San Diego ist eine Frau namens Mary Alice Parker verschwunden. Und zwar an dem Tag, an dem die Dynasty II den Hafen in Richtung Mexiko verlassen hat.«
Jakes Magen wurde eiskalt. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, dass Baranoff zwischen einer vermissten Frau und der Dynasty II eine Verbindung herstellen würde. Er hatte damit gerechnet, aus der Sache heraus zu sein, nachdem während der ersten beiden Tage niemand die Jacht gestoppt hatte. Keiner wusste, dass Allie an Bord war. Es gab keine Anhaltspunkte, die ihr Verschwinden mit dem Auslaufen der Jacht in Verbindung gebracht hätten. Aber vielleicht hatte er sich geirrt.
»Macht die Polizei irgendwelche Probleme?«, fragte er, weil er wusste, dass Leugnen sinnlos und es strategisch wohl am besten war, so nah wie möglich bei der Wahrheit zu bleiben.
»Bis jetzt noch nicht. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass das Verschwinden des Mädchens etwas mit der Jacht zu tun hat.«
Warum, zur Hölle, wusste Baranoff es dann?, fragte Jake sich im Stillen. Aber Baranoff war ein brillanter Kopf. Sein Verstand und seine Entschlossenheit hatten ihn vom ärmlichen ukrainischen Kind zum Eigentümer eines Unternehmens aufsteigen lassen, das das Fortune Magazine zu den Top 500 des Landes zählte, einem Mann, der zur Creme de la creme der amerikanischen Gesellschaft gehörte.
»Was ist mit dem Mädchen?«, fragte Baranoff. »Ich weiß nicht, wie sie an Bord der Jacht kommen konnte, und ich will es auch gar nicht wissen. Was ich wissen will, ist: Warum haben Sie sich ihrer nicht entledigt?«
Jake gab seiner Stimme eine überhebliche Note. »Das Mädchen stellt doch
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