Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
was Arabinda Euch lehrt.« Sie brach ab und spürte, dass sie errötete.
»Ich weiß so wenig darüber, wie man einen Mann glücklich macht«, fügte sie leise hinzu.
»Oh, Ihr denkt falsch«, widersprach Suleika und Charlotta konnte selbst in der Dunkelheit erkennen, dass die Prinzessin von Kalikut mahnend den Zeigefinger erhob.
»Es geht nicht nur darum, andere glücklich zu machen. Es geht vor allem darum, dass Ihr mit Euch selbst glücklich seid. Glücklich als ein Geschöpf Gottes und zu seiner Ehre.«
»Die Aufgabe der Frau ist es, dem Manne zu gehorchen und ihm zu dienen«, sagte Charlotta. »So steht es in der Bibel, so halten es alle.«
»Darum muss es noch lange nicht richtig sein, Charlotta.«
Plötzlich legte Suleika den Zeigefinger über ihren Mund »Psst, da ist jemand. Ich habe Schritte gehört«, flüsterte sie und lauschte angespannt in die Stille.
Jetzt hörte auch Charlotta ein schnaubendes Atmen. »Dom Pedro!«, hauchte sie. »Wir sollten uns streiten!«
Suleika nickte, dann rief sie mit gespielt empörter Stimme: »Ihr seid eine falsche, hinterlistige Person, Doña Charlotta de Corvilhas. Ihr habt Vasco da Gama nie geliebt!«
»Ich verbiete Euch, so zu reden. Was wisst Ihr, Prinzessin von Kalikut, schon über meine Gefühle?«
»Genug, um darüber zu urteilen. Verraten habt Ihr Dom Vasco. Verraten und schmählich im Stich gelassen. Ahnt Ihr eigentlich, wie enttäuscht er von Euch war? »Ich wünschte, ich wäre dieser Frau niemals begegnet«, hat er gesagt.«
»Ach, und Ihr habt die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und versucht, sein Herz für Euch zu gewinnen?«, keifte Charlotta zurück.
Sie spielten nur, doch jede von ihnen wusste, dass diese Fragen tatsächlich unausgesprochen zwischen ihnen standen.
»Seid Ihr jetzt die Geliebte des Kapitäns der Sao Gabriel?«, fragte Charlotta.
Doch noch bevor Suleika ihr antworten konnte, hörten sie ein zufriedenes Schnauben und gleich darauf Schritte, die sich hastig entfernten.
»Er ist weg«, sagte Suleika leise.
Eine kleine Weile herrschte Schweigen zwischen den beiden Frauen. Jede hing ihren Gedanken nach, beide dachten an Vasco da Gama, an den Mann, dem ihre Liebe gehörte.
Es ist nicht die rechte Gelegenheit, um über Vasco zu reden oder gar zu streiten, beschloss Charlotta. Diese Dingen werden sich klären, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Jetzt müssen wir zusammenhalten. Sie räusperte sich verlegen, tastete in der Dunkelheit nach Suleikas Arm und fuhr sanft darüber.
»Erzählt mir vom Tantra«, bat sie. »Sicher kann ich von Euch lernen.«
»Gut. Doch wisst vorab, dass es beim Tantra nicht um das Ausleben von Trieben geht. Tantra dient der Gesundheit, der erfüllten Liebe, der Spiritualität und natürlich auch der Liebe zu allen Dingen, die da sind. Vertrauen, eine tiefe Liebe zum Partner und zärtliche Zuneigung sind die wichtigsten Elemente, Ichsucht und Wolllust sind schädlich. Mann und Frau sollen eine untrennbare Einheit bilden.«
Suleika griff nun nach Charlottas Hand. »Wollt Ihr wirklich etwas über Tantra erfahren?«, fragte sie nachdrücklich. »Tantra ist zwar keine Geheimlehre, doch die einzelnen Techniken sind sehr intim. Ein bisschen Mut, das gewohnte Denken und Handeln über Bord zu werfen, gehört schon dazu. Seid Ihr dazu bereit, Portugiesin?«
»Ich habe mich schon des Öfteren über die herrschenden Sitten und Gebräuche, über allzu starre Regeln und einengende Traditionen hinweggesetzt. Ja, Prinzessin von Kalikut, ich bin bereit, zu lernen, möchte mehr über die Liebe erfahren.«
»Gut. Fangen wir also an: Die erste Aufgabe, die das Tantra dem Menschen stellt, heißt: Liebe dich selbst. Doch nicht im christlichen Sinne, dass sich selbst lieben heißt, Gott zu lieben und nach seinem Vorbild zu leben, sondern sich selbst, den eigenen Körper als göttliches Geschenk lieben zu lernen. Sagt, habt Ihr Euch jemals nackt betrachtet?«
»Nein! Niemals!«, entfuhr es Charlotta erschreckt.
»Das ist schade, denn sonst wüsstet Ihr vielleicht selbst, dass Ihr schön und liebenswert seid. So kennt Ihr Euch nicht, wisst nichts über den Körper, in dem Eure Seele, Euer Geist wohnt. Leider kann ich Euch nicht dabei helfen, denn uns fehlt ein Spiegel. Doch es gibt noch andere Arten, sich kennen und lieben zu lernen. Seid Ihr bereit, für diese Lektion? Ihr müsst Vertrauen zu mir haben.«
»Ja, ich bin bereit«, erklärte Charlotta. Sie spürte ein Kribbeln im Bauch, als würden unzählige Schmetterlinge
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