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Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)

Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)

Titel: Im Sturm der Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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schlug sich im gespielten Entsetzen die Hände vors Gesicht und schluchzte zum Gotterbarmen. »Wollt Ihr wirklich meinen Tod?«, weinte sie und die Angst, die aus ihrer Stimme klang, war echt.
    »Wer mir nicht von Nutzen ist, der schadet mir«, erwiderte Dom Pedro und wandte sich zum Gehen. Er sah noch einmal auf die Liegende. »Ich glaube, mir kommt da ein besserer Einfall. Vielleicht nützt du mir ja in der nahen Zukunft als Lebende doch mehr denn als Tote.«
    Charlotta atmete auf.
    »Aber dein Leben hängt an einem seidenen Faden. Und ich habe das Messer, um diesen Faden zu durchtrennen.«
    Er ließ die Tür hinter sich so heftig ins Schloss knallen, dass Charlotta zusammenzuckte. Am liebsten hätte sie sich in ihr Bett gekuschelt und geweint. Doch sie durfte keine Schwäche zeigen, nicht einmal heimlich. Dom Pedro hatte sich seit der Abreise aus Lissabon verändert. Seine ohnehin nur mangelhaft vorhandenen Manieren waren auf See vollends verschütt gegangen, der Hang zur Gewalttätigkeit proportional dazu gestiegen. Oh, Charlotta traute ihm durchaus zu, dass er sie im Meer versenkte, wenn ihm eines Tages danach war und er keinerlei Vorteile mehr in ihrer Verbindung sah. Sie hatte Dom Pedro de Corvilhas unterschätzt, hatte – naiv wie ein Kind – geglaubt, tief in seinem Herzen bewahre er den Stolz und die Ehre seiner Familie. Doch sie hatte sich getäuscht. In seinem Herzen regierten nur die Habgier, unheimliche Machtgelüste und dazu eine sadistische Neigung: Es bereitete ihm Freude, wenn andere litten. Hier, auf dem Meer, war auch die letzte dünne Schicht von Zivilisiertheit von ihm abgefallen wie ein verdorrter Ast von einem kranken Baum. Hier, außerhalb der Gesetze des Königreichs Portugal, spielte er sich als oberster Richter und Herrscher auf. Als grausamer, menschenverachtender Herrscher und erbarmungsloser Richter.
    Wenn sie es recht bedachte, so wusste sie auch jetzt nicht, wie sie ihm von Nutzen sein könnte und warum er sie überhaupt noch am Leben ließ. Doch sie hoffte und betete voller Inbrunst, dass das Schicksal auch diesmal schützend seine Hand über ihr hielt.
    Ängstlich betrachtete sie die Linie in ihrer Hand, die Mama Immaculada als Lebenslinie bezeichnet hatte. Ungebrochen und lang war die Linie, nichts hatte sich daran geändert.
    Charlotta atmete mehrmals tief ein und aus, dann entschloss sie sich, sich keine Gedanken um Dinge zu machen, die sie noch nicht direkt bedrohten. Gott wird mich schützen, sagte sie sich und versuchte zu lächeln.
    Auf dem Gang hörte sie eilige Schritte. Kurz darauf wurde so kräftig gegen ihre Tür gehämmert, als wolle sie jemand aufbrechen.
    »Macht auf, Doña Charlotta«, hörte sie die Stimme von Nino.
    Sie öffnete und wurde sogleich von Nino und einem anderen Matrosen derb an den Handgelenken gepackt und aus der Kabine gezerrt.
    »Wir haben Befehl, Euch zu arretieren«, bellte Nino.
    »Und Ihr?«, fragte Charlotta schnippisch. »Steht Ihr nicht unter Arrest? Ich glaube mich zu erinnern, dass Ihr mindestens ebenso lange und fest geschlafen habt wie wir!«
    »Haltet den Mund!«, herrschte der vierschrötige Seemann, dessen Gesicht von einer langen Narbe entstellt war, sie an.
    Charlotta lächelte leicht, dann ließ sie sich widerstandslos in den Laderaum bringen. Sie wusste, dass ein großer Teil der Männer tat, was Don Pedro von ihnen verlangte. Nino und einige andere führten seine Befehle aus, doch sie achteten den Kapitän nicht, waren einzig auf ihren Vorteil bedacht. Einige Wenige aber, zu denen Jorges und der zahnlose Alte gehörten, taten ihre Arbeit, ohne sich vom Kapitän dreinreden zu lassen. Sie waren es auch, die Suleika und ihr mit Freundlichkeit begegneten. Aber ob sie den Frauen im schlimmsten aller Fälle zur Seite stehen würden, das konnte Charlotta nicht beurteilen.
    Die Luft hier unten im Laderaum war drückend heiß und schwer. Die Männer stießen sie vorbei an Tuchballen, die als Geschenk für die Herrscher der fremden Länder gedacht waren. An der Wand standen außerdem einige Getreidesäcke, und Charlotta bemerkte, dass zwei von ihnen aufgeplatzt waren und die Körner wie ein feines Bächlein hervorrieselten.
    Es wird hier unten Ratten geben, dachte sie und erschauderte. Doch schon stießen die Männer sie weiter, bis ganz nach hinten in die allerletzte Ecke, in der es am heißesten und drückendsten war. Dunkelheit herrschte hier, eine Dunkelheit, die so dicht war, dass sich die Augen nur langsam daran gewöhnten und

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