Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
solches Glück sein konnte. Und so stand er am Fenster und sah hinaus zum Strand, an dem die beiden Hand in Hand entlangschlenderten.
Folgerichtig war es, dass Vasco da Gama um die Hand Charlottas anhielt, als der Termin für die Abreise seiner geplanten Entdeckungsreise nach Indien festgelegt wurde und alle nötigen Vorbereitungen getroffen waren.
So glücklich wie am Tag ihrer Verlobung hatte Dom Alvarez Charlotta noch nie gesehen. Sie war eine Schönheit – doch an diesem Tag überstrahlte sie alle. Ihr Haar schien Feuer zu sprühen, ihre Lippen wirkten wie Rosenblätter, ihre Augen strahlten wie die kostbarsten Diamanten und ihre Haltung war die einer Königin.
Aber war sie das nicht auch? War sie nicht längst die Königin im Herzen Vasco da Gamas? Ja, ja und abermals ja. Sie war ganz Sein und er war ganz der Ihre. Keine Macht auf dieser Welt konnte sie trennen. Einmal nur dachte Ernesto de Alvarez kurz an das Abkommen, das er vor vielen Jahren mit Dom Jose de Corvilhas geschlossen hatte. Doch so schnell wie er gekommen war, verflog dieser Gedanke wieder, denn Dom Pedro hatte in all den Jahren mit keinem einzigen Wort bekundet, dass er auf die Einlösung dieses Versprechens bestehen würde. Das Glück Charlottas schien ungetrübt wie der Himmel, der sich über dem Königreich Portugal wie ein Tuch aus feiner Seide spann.
Nur wenn Charlotta an den bevorstehenden Abschied dachte, wurde ihr Herz weh.
Viel zu schnell war der letzte Abend herangekommen. Ein letztes Mal gingen sie Hand in Hand zum Strand. Die Sonne fiel dem Horizont entgegen und färbte das Meer blutrot, ein leiser Wind streichelte die Gesichter der Liebenden und spielte in ihrem Haar.
»Ich werde lange fort sein, Charlotta«, sagte er und seine meergrauen Augen verdunkelten sich schmerzlich bei diesen Worten. »Wirst du mir treu sein?«
Charlotta schmiegte sich eng an die starke, breite Brust Vascos, als sie erwiderte: »Treu bis in den Tod, Liebster.«
So leicht waren ihr diese Worte von den Lippen gekommen und doch verdunkelte für einen winzigen Augenblick eine düstere Vorahnung ihr Herz. Ihre Lippen fanden sich zu einem Kuss, der den bitteren Beigeschmack der Trennung bereits in sich trug.
Ihre Körper schmiegten sich aneinander, als wollten sie miteinander verschmelzen. Vascos Hand griff nach Charlottas Haar, die andere umschlang ihren Körper, glitt behutsam über ihren Rücken, bemerkte die köstlichen Schauer, die der jungen Frau bei jeder Berührung über die Haut jagten.
Das Begehren verdoppelte sich im Angesicht der langen Trennung. Der Kuss wurde fordernder, verlangender, das bittere Aroma des Abschieds überlagert vom Geschmack der Lust und des unstillbaren Verlangens.
»Komm«, flüsterte Charlotta, nahm Vascos Hand und zog ihn in den Schutz der Klippen, in eine winzige Höhle aus Muschelkalk, wie geschaffen, um zwei Liebenden für ein paar Stunden Heim zu sein.
Er bereitete seinen Umhang auf dem Boden aus und zog Charlotta in seine Arme, bedeckte ihr Gesicht mit Küssen. Seine Hände glitten über ihre zarten Schultern, doch plötzlich hielt er inne.
»Ich möchte dich betrachten«, sagte er und sah Charlotta dabei in die Augen. »Ich möchte dich sehen, wie Gott dich geschaffen hat, möchte dein Bild mitnehmen auf die Reise und es mir jeden Abend erneut ins Gedächtnis rufen. Trösten soll mich dieses Bild, wenn uns Unheil überfällt, und anspornen soll es mich, so rasch es geht, zurück nach Lissabon zu kehren. Bitte, Liebste, zeige dich mir.«
Charlotta senkte den Blick, Gesicht, Hals und Ausschnitt waren von einer leichten Röte überzogen.
Mit einer Hand griff Vasco da Gama unter Charlottas Kinn, hob es an und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen.
»Was hast du? Ich möchte dich nur betrachten. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich liebe dich doch«, sagte er mit leiser, zärtlicher Stimme.
Charlotta schluckte. »Es ist eine Sünde, sich einem Mann nackt zu zeigen, bevor man verheiratet ist«, stammelte sie, errötete noch tiefer und wandte den Blick schamhaft ab. Tränen glitzerten in ihren Augen. Tränen der Hilflosigkeit und der Scham. Auch sie begehrte Vasco. Alles in ihr schrie danach, in seine Arme zu sinken, seine Haut auf ihrer zu spüren, sich mit ihm zu vereinigen, Eins zu werden, für immer.
Sie schrak leicht zusammen, als Vasco schließlich ihre Hand ergriff und ihr einen Ring an den vorletzten Finger steckte. Sie betrachtete den Ring, sah erstaunt auf und sagte: »Vasco! Es ist der Ring deiner
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