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Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)

Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)

Titel: Im Sturm der Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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im Leben einer Frau. Ihr solltet es genießen, auch, wenn Euer Herz nach etwas anderem verlangt.«
    »Ich lege heute den Tag meiner Verlobung fest, Juana. Von einer Hochzeit kann noch lange nicht die Rede sein«, erwiderte Charlotta fest und betrachtete den goldenen Ring mit dem Wappen der da Gamas, den sie an ihrer Hand trug und noch nicht ein einziges Mal, seit sie ihn besaß, abgelegt hatte.
    Es war der heißeste Mai seit vielen Jahren. Der Himmel spannte sich in ungetrübtem Blau über Lissabon, die Sonne tauchte die Kuppeln der zahlreichen kleinen und großen Kirchen in goldenes Licht. Schon am Vormittag flimmerte die Hitze, als Charlotta aus dem Fenster ihres Gemachs in den schattigen Garten sah, in dem trotz der frühen Stunde bereits ein lebhaftes Getümmel herrschte. Doch sofort schnellte ihr Blick zum Horizont, der auch heute still wie ein stählernes Band den blauen Atlantik begrenzte. Noch immer war es an jedem Morgen ihre erste Handlung, die hölzernen Läden aufzustoßen, sich vorzubeugen und das Meer nach den Karavellen Vasco da Gamas abzusuchen. Und wie an jedem Morgen seither lag der Ozean auch heute still und unberührt vor ihr. Nur ein einzelnes Fischerboot störte die Ruhe. Charlotta lächelte, als sie das Boot Jorges’ in ihm erkannte. Reglos wie eine Statue saß der junge Mann darin. Auch er wartete auf Vascos Karavellen. Der Erste wollte er sein, der den Entdecker als Bote der Heimat begrüßte. Doch auch heute würde er wohl wieder umsonst hinausgefahren sein.
    »Doña Charlotta, seht nach, ob Euch die Girlanden gefallen«, rief der Gärtner von unten zu ihr empor und hielt ein Gewinde aus weißen Lilien nach oben.
    »Macht, wie Ihr es für richtig haltet«, rief Charlotta zurück. »Ihr seid der Meister dieses Fachs.«
    Der Mann nickte und gab seinen vier Helfern lautstark Anweisungen, in die Wedel der ausladenden Palmen Kränze aus weißen Lilien und roten Rosen zu winden, so dass die Bäume, ja, der ganze Garten in den Farben des Alvarezschen Wappens geschmückt waren. Zwei Knechte schleppten dicke Bündel mit Fackeln herbei und verteilten diese auf Anweisung des Gartenmeisters. Ein anderer Knecht streute frische Kiesel auf die Wege, ein anderer hängte weiß lackierte Käfige mit Turteltaubenpärchen, die leise gurrten, in die Bäume. Mehrere Mägde waren damit beschäftigt, jedes welke Blatt einzeln von den Orangenbäumen zu zupfen und die hängenden Früchte mit Nelken zu spicken, so dass der Geruch von Apfelsinen und Nelken wie ein Duftschleier über dem ganzen Anwesen lag und auch in Charlottas Gemach drang. Eigentlich liebte Charlotta diesen Duft, doch heute verursachte er ihr Unbehagen. Sie seufzte, drehte sich vom Fenster weg und ging einige Schritte in den Raum hinein.
    Juana hatte einen Becher mit warmer Milch für Charlotta bereitgestellt. Jetzt nahm sie den Becher in die Hand, pustete ein wenig auf die zarte Haut, die sich an der Oberfläche gebildet hatte und nahm vorsichtig den ersten Schluck. Durch die Tür drangen die Geräusche des Palazzo zu ihr. Charlotta hörte eilige Schritte hin- und herlaufen, Rufe und Lachen, einen unterdrückten Fluch und das Geräusch von schweren Möbeln, die über den Boden gezogen worden. Von fern vernahm sie mehrere Karren, die den gepflasterten Weg neben dem Palazzo entlangrumpelten und knarrend auf den Diensthof des Gebäudes fuhren. Karren, beladen mit Würsten und Schinken, mit Schweine- und Lammfleisch, mit frischen Früchten und Gemüse und Wagen, die etliche Fässer mit den verschiedensten Weinen brachten. Alle diese Dinge waren für das Fest am Abend bestimmt, für Charlottas Verlobungsfeier.
    Sie spreizte die Finger und fuhr sich mit ihnen wie mit einem Kamm durch ihr Haar, das leise knisterte. Noch immer drang der Lärm von draußen in das Zimmer, doch plötzlich, von einem Augenblick auf den anderen, war es still. Alles Lachen war erstorben, kein Scherzwort flog mehr hin und her, kein Karren rumpelte mehr über die Gasse, selbst die Vögel hatten mit ihrem Gesang aufgehört. Nur das vereinzelte Krächzen der Raben, die über dem Anwesen kreisten, war noch zu hören.
    Charlotta stellte ihren Becher ab und ging zum Fenster. Der Gartenmeister, die Mägde, Knechte und Gehilfen hatten ihre Arbeit niedergelegt und starrten wie gebannt auf ein seltsames Paar, das durch den Park hindurch bis vor die Eingangshalle des Palazzo gelangt war.
    Abgerissen sahen die beiden aus. Der Mann war halbnackt und sein Rücken war mit Wunden übersät.

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