Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
Glückwünsche an diesem Tag entgegen genommen. Und schweigend saß sie, die allgemein als charmante Plauderin bekannt war, nun auch an der Tafel. Der Wind war unterdessen etwas stärker geworden, die Schäfchenwolken waren verschwunden und hatten grauen Wolkenmassen Platz gemacht, die wie wilde Pferde über den Himmel jagten und die Sonne verdunkelten. Die Köchin trat aus der Küche, sah zum Himmel und schlug die Hände zusammen. Bis zu ihr drang das Donnern der Wellen, die das aufgebrachte Meer gegen die Klippen schleuderte.
Die Gäste schienen nichts von dem Wetterumschwung zu spüren. Helles Lachen erklang, die Herren machten den Damen Komplimente, sparten auch nicht mit geschickt verpackten Anzüglichkeiten. Der schwere, süße Wein tat sein Übriges, um die Stimmung aufzulockern. Dom Ernesto de Alvarez schlug mit einem silbernen Löffel gegen den reich ziselierten Pokal in seiner Hand und begann zu reden: »Liebe Gäste. Dieser Tag ist ein besonderer Tag. Ein Tag, der nicht nur für meine Tochter Charlotta einen neuen Lebensabschnitt einleiten wird. Ein besonderer Tag auch für Dom Pedro de Corvilhas. Liebe Gäste, trinkt mit mir auf die Verlobung der beiden. Hebt Eure Gläser und stoßt mit mir auf das Glück meiner Tochter an.«
Noch einmal prasselten die Glückwünsche wie ein Sommerregen auf Charlotta und Dom Pedro nieder.
Der Himmel hatte sich unterdessen verdunkelt, die schweren schwarzen Wolken den Kampf gegen die Sonne gewonnen. Heftig zerrte der Wind nun am Segeltuch, ließ es knattern und flattern, riss auch an den Palmenwedeln und den Orangenbäumen. Die Vögel hatten ihren Gesang eingestellt und die weißen Täubchen, die in wunderschönen Käfigen in den Zweigen der Bäume hingen und vorgesehen waren, die Botschaft der Verlobung in das Land zu tragen, gurrten ängstlich und drängten sich dicht aneinander.
Gleichzeitig schien die Luft schwerer geworden zu sein. Schon nestelten die ersten Herren an ihren Wämsern, schon zückten die Damen ihre Fächer, um die Schwüle zu vertreiben oder hielten sich an ihren Duftkapseln fest – mit Blütenblättern gefüllte, durchstoßene Silberkugeln, die zum Schutz gegen den Gestank in den Gassen vornehm unter die Nase gehalten wurden. Doch nichts half. Überdies herrschte plötzlich eine bedrohliche Stille, die sämtliche Gespräche am Tisch überlagerte. Der Lärm in den angrenzenden Gassen war erstorben, kein Karren rumpelte mehr über das Pflaster, kein Hund bellte, selbst die Brunnen plätscherten nicht mehr fröhlich, sondern eher klagend. Unheilvoll war diese Stille, denn das Brodeln darunter war bereits zu ahnen, legte sich schwer auf die Seelen der Menschen, verscheuchte ihr Lachen, machte das Atmen schwer.
In dieser Stimmung, in der alles von drohendem Unheil sprach, erhob sich Dom Pedro und zog auch Charlotta an der Hand nach oben.
Langsam ließ er seinen Blick über die Anwesenden schweifen, als wolle er deren Gedanken lesen. Dann hob er eine winzige Schachtel vom Tisch und wandte sich an Charlotta: »Diesen Ring will ich dir anstecken als Zeichen meiner Liebe, als Versprechen auch, dich zum Altar zu führen und zu der Meinen zu machen, was immer auch kommen mag.«
Seine Worte rauschten an Charlotta vorbei. Die schöne Doña Alvarez hatte während der kurzen Rede zum Himmel gesehen, der rechts von ihr das Dach des Palazzos fast zu erdrücken drohte. Schwarz und schwer hing er über dem Schornstein, bereit, sich in Bälde auf das Anwesen zu legen, um alles Leben darunter zu ersticken.
Völlig gerade stand Charlotta da, die Brust gereckt, die Schultern weit zurückgezogen und den Kopf in den Nacken legend, als wolle sie aller Welt zeigen, dass sie bereit war, dem zu trotzen, was kam und was immer es auch sei. Dom Pedro richtete das Wort noch einmal an sie, rief leise ihren Namen und Charlotta wandte sich ganz ruhig und mit beinahe geschlossenen Augen ihm zu, hob langsam und dabei die Augen öffnend den Kopf und ließ ihren Blick auffallend lange an Dom Pedro de Corvilhas von unten nach oben wandern. Dann schenkte sie ihm ein Lächeln, halb spöttisch, halb wissend, und streckte ihm ihre Hand entgegen. Eine Hand, die bereits von einem Ring geschmückt wurde! Dem Ring, der das Wappen der da Gamas trug.
Eine Ungeheuerlichkeit war das! Dom Pedro hielt seinen Ring zwischen den Fingern, bereit, ihn der Verlobten anzustecken – und fand diesen Platz besetzt!
Wut stieg in ihm auf, seine Hand fuhr heftig nach oben, im letzten Moment erst gestoppt
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