Im Sturm des Lebens
Taschentuch wieder in die Tasche.
»Das tut mir Leid. Wirklich. Sehr Leid, aber heute Abend ist es lebenswichtig, welchen Eindruck wir machen. Ob du nun glücklich darüber bist oder nicht, du musst es regeln. Sie ist schwanger, verletzlich und ihre Hormone spielen verrückt. Außerdem ist sie ja nicht von selbst schwanger geworden. Du musst zu ihr gehen.«
»Ich kann nicht«, wiederholte er. »Sie redet jetzt sowieso nicht mit mir. Ich war wütend. Den ganzen Abend über hat sie geschmollt und mir erzählt, es sei Gottes Wille und ein Segen. Ich musste einfach weg von ihr. Fünf kostbare Minuten weg von dieser Nörgelei. Also bin ich hinausgeschlüpft, um ein Telefonat zu führen. Ich habe ... es gibt eine andere Frau.«
»Oh.« Sophia machte sich nicht einmal die Mühe zu fluchen. »Das ist ja großartig.«
»Ich habe nicht gemerkt, dass Gina mir gefolgt ist, und ich wusste nicht, dass sie mich belauscht. Als ich wieder hereinkam, hat sie mich zur Rede gestellt und
mich mit Beschuldigungen überhäuft. Nein, sie wird jetzt nicht mehr mit mir reden.«
»Na, da habt ihr euch ja den richtigen Moment ausgesucht.«
»Bitte, ich weiß, was ich zu tun habe. Versprich mir nur, dass du Zia Teresa nichts davon erzählst.«
»Glaubst du, ich habe nichts Besseres zu tun, als direkt damit zu ihr zu rennen?«
»Sophie! So habe ich es nicht gemeint.« Erleichtert ergriff er ihre Hände. »Ich bringe die Sache in Ordnung. Ganz bestimmt. Aber geh du jetzt bitte zu Gina und sag ihr, sie soll sich benehmen und geduldig sein. Nichts Überstürztes tun. Ich bin schon durch die Ermittlungen so unter Druck.«
»Es geht hier nicht um dich, Donato.« Sophia zog ihre Hände weg. »Du bist einfach nur ein Mann, der seinen Schwanz nicht in der Hose behalten kann. Es geht um Giambelli. Ich werde mit Gina reden, weil ich zumindest dieses eine Mal Mitleid mit ihr habe. Und du bringst die Sache in Ordnung. Du trennst dich von der anderen Frau und siehst zu, wie du mit deiner Ehe und deinen Kindern klarkommst.«
»Ich liebe sie, Sophia! Du weißt doch, was es heißt, jemanden zu lieben.«
»Ich weiß, dass du drei Kinder hast und ein viertes unterwegs ist. Du hast die Verantwortung für deine Familie, Donato. Entweder benimmst du dich wie ein Mann, oder ich sorge persönlich dafür, dass du dafür bezahlst. Capisce ?«
»Du hast doch gesagt, du gehst nicht zu La Signora . Ich habe dir vertraut.«
»La Signora ist nicht die einzige Frau bei den Giambellis, die weiß, wie man mit Betrügern und Lügnern umgeht. Oder mit Feiglingen. Cacasotto .«
Er wurde weiß. »Du bist zu hart.«
»Leg es darauf an, dann wirst du feststellen, wie hart ich sein kann. Und jetzt sei klug. Geh wieder hinein und lächle. Verkünde deiner Tante, dass wieder ein Giambelli das Licht der Welt erblicken wird. Und halt dich von mir fern, bis ich deinen Anblick wieder ertragen kann.«
Zitternd vor Wut ließ sie ihn einfach stehen. Vielleicht bin ich zu hart, dachte sie. Und vielleicht galt ein Teil ihrer Wut auch ihrem Vater – ebenfalls ein Betrüger, ebenfalls ein Lügner, ebenfalls ein Vater, der seine Pflichten vernachlässigt hatte.
Die Ehe bedeutet manchen Menschen gar nichts, dachte sie. Für sie war sie nur ein Spiel, dessen Regeln man einfach brechen konnte. Sophia eilte durch den Flügel mit den Privaträumen, fand Gina jedoch nirgendwo.
Idiotin, dachte sie, und einen Moment lang war sie unschlüssig, wen sie mehr verachtete, Gina oder Donato.
Sie rief leise nach ihr und warf einen Blick in den Kindertrakt, wo die Kinder und die junge Frau, die heute Abend auf sie aufpasste, schliefen.
Da sie annahm, dass Gina ihre Wut vielleicht an der frischen Luft abreagierte, trat sie auf die Terrasse. Die Musik aus dem Ballsaal drang leise durch die Dunkelheit.
Am liebsten hätte sie sich jetzt einfach treiben lassen. Sollten doch alle selbst sehen, wie sie zurechtkamen. Wütende Ehefrauen, Männer, die fremdgingen ... Polizisten und Anwälte und gesichtslose Feinde. Sie war alles so leid.
Sie sehnte sich nach Ty. Sie wollte mit ihm tanzen, den Kopf an seine Schulter lehnen und all ihre Sorgen
für ein paar Stunden jemand anderem überlassen.
Aber sie riss sich zusammen und ging wieder hinein, um zu tun, was getan werden musste.
Als sie ein leises Geräusch aus dem Zimmer hinter sich hörte, drehte sie sich um. »Gina?«
Ein heftiger Stoß ließ sie zurücktaumeln. Sie stolperte durch die Terrassentür. Während sie fiel, nahm sie eine verschwommene
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