Im Sturm des Lebens
Bewegung wahr. Als jedoch ihr Kopf auf der steinernen Balustrade aufschlug, sah sie nichts mehr. Um sie herum wurde es dunkel.
20
T yler beschloss, den letzten Tanz mit Teresa zu tanzen und dann nach Hause zu gehen. Sie wirkte in ihrem bestickten Kleid beruhigend robust. Ihre Hand lag trocken und kühl in seiner.
»Warum bist du noch nicht erschöpft?«, fragte er.
»Das leiste ich mir erst, wenn die letzten Gäste gegangen sind.«
Über ihren Kopf hinweg blickte er sich im Ballsaal um. Es sind noch zu viele Leute da, dachte er, und dabei war es schon nach Mitternacht. »Wir könnten ja anfangen, sie hinauszukehren.«
»Unverändert liebenswürdig. Das mag ich an dir.« Als er grinste, musterte sie ihn eingehend. »Das hier bedeutet dir alles gar nichts, nicht wahr?«
»Natürlich bedeutet es mir etwas. Die Weinberge ...«
»Nicht die Weinberge, Tyler.« Sie wies auf die Terrassentür, die Lichter, die Musik. »Das hier, die eleganten Kleider, das Geplauder, die Pracht.«
»Nein, das bedeutet mir nicht das Geringste.«
»Aber du bist trotzdem gekommen, wegen deines Großvaters.«
»Wegen meines Großvaters und deinetwegen, Signora . Wegen ... der Familie. Wenn mir alles egal wäre, wäre ich letztes Jahr, als du mein Leben neu organisiert hast, abgehauen.«
»Das hast du mir immer noch nicht verziehen«, schmunzelte sie.
»Nicht ganz.«
Er zog ihre Hand an die Lippen und küsste sie, in einer seltenen Anwandlung von Galanterie.
»Wenn du gegangen wärst, hätte ich einen Weg gefunden, um dich wieder zurückzuholen. Du wirst hier gebraucht. Ich werde dir jetzt etwas erzählen, weil dein Großvater es nicht tun wird.«
»Ist er krank?« Tyler blickte sich hastig nach Eli um.
»Sieh mich an«, sagte sie leise und befehlend. »Er darf nicht wissen, dass wir von ihm reden.«
»War er beim Arzt? Was hat er?«
»Er ist krank – aber an der Seele. Dein Vater hat ihn angerufen.«
»Was wollte er? Geld?«
»Nein, er weiß, dass er kein Geld mehr bekommt.«
Teresa hätte die Geschichte lieber für sich behalten, sie hasste es, eine solche Last weiterzugeben. Aber der Junge hatte ein Recht darauf, es zu erfahren. »Er ist außer sich. Die jüngsten Probleme und Skandale passen nicht in sein gesellschaftliches Bild und verursachen ihm, wie er behauptet, beträchtlichen Ärger. Offenbar hat ihn die Polizei im Zuge ihrer Ermittlungen verhört, und dein Vater gibt Eli die Schuld daran.«
»Er wird nicht wieder anrufen. Ich kümmere mich darum.«
»Ich weiß. Du bist ein guter Junge, Tyler.«
Er blickte Teresa an und zwang sich zu einem Lächeln. »Tatsächlich?«
»Ja. Ich würde dich nicht damit belasten, aber Eli hat ein weiches Herz. Und die Sache hat ihm einen Schlag versetzt.«
»Mein Herz ist nicht so weich.«
»Immer noch weich genug.« Sie streichelte ihm über die Wange. »Ich verlasse mich auf dich.« Als er sie überrascht ansah, fuhr sie fort: »Überrascht dich das oder jagt es dir Angst ein?«
»Vielleicht beides.«
»Gewöhn dich daran.« Mit diesem sanften Befehl trat sie einen Schritt zurück. »Und jetzt bist du entlassen. Such Sophia und lock sie hier weg.«
»Sie ist nicht leicht zu verlocken.«
»Ich glaube, du schaffst das schon. Und es gibt nicht viele, die es schaffen. Ich habe sie jetzt schon seit einer Weile nicht mehr gesehen. Such sie und lenk sie für ein paar Stunden von der Arbeit ab.«
Das kam schon beinahe einem Segen gleich, dachte Tyler. Er war sich nicht sicher, ob er das wollte. Für den Augenblick jedoch befolgte er nur Teresas Befehl. Such Sophia und verschwinde mit ihr.
Sie war nicht im Ballsaal und auch nicht auf der Terrasse. Er fragte jedoch niemanden, ob er sie gesehen hätte, sondern schlenderte durch die Räume und warf einen Blick in einen Salon, in dem Gäste zusammensaßen und sich unterhielten. Dort saßen auch die Moores. Helen trank Tee, und James paffte eine Zigarre, während er über irgendeinen alten Fall dozierte. Linc und seine Freundin, die doch schon vor einer Stunde hatten gehen wollen, saßen auf dem Sofa, entweder in Geiselhaft oder hypnotisiert.
»Ty, komm her. Nimm dir eine Zigarre.«
»Nein, danke. Ich ... La Signora hat mich gebeten, Sophia zu suchen.«
»Ich habe sie seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen. Oh, mein Gott, wie spät es schon ist!« Linc sprang auf und zog Andrea hoch. »Wir müssen jetzt wirklich gehen.«
»Vielleicht ist sie nach unten gegangen, Ty«, warf Helen ein. »Um ihr Make-up zu erneuern oder Luft
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