Im Sturm erobert
weißt ja bereits, daß dein Onkel einer von Cox’ Kunden war.«
»Ja.«
»Clarinda hatte recht, als sie erwähnte, daß Sibson große Mengen des Elixiers der Manneskraft gekauft hat, und das seit Jahren.«
Beatrice überlegte, was das bedeutete. »Das erklärt, wieso sich die beiden so gut kannten. War noch etwas von Interesse in dem Journal?«
»Nein.« Leos Mund verzog sich zu einem kleinen Lächeln. »Obwohl es faszinierend war, zu sehen, welche hochrangigen Mitglieder der Gesellschaft Cox’ Elixier benutzt haben.«
Beatrice hörte, wie die Musiker einen weiteren Walzer anstimmten. Sie war sich Leos Gegenwart intensiv bewußt -wie immer, wenn sie in seiner Nähe war. Ein tiefes Gefühl von Erkenntnis durchströmte sie, das Gefühl, ein ganzes Leben lang auf diesen Mann gewartet zu haben.
Sie versuchte, sich von dieser emotionalen Gratwanderung, die sie seit der Nacht vollführte, in der sie ihn kennengelernt hatte, zu lösen, indem sie zu analysieren versuchte, was er bei ihr ausgelöst hatte. Es wäre so viel einfacher, mit ihren chaotischen Gefühlen umzugehen, wenn sie sie den Auswirkungen flüchtiger Leidenschaft zuschreiben könnte.
Sie hatte genausoviel Freude an Manneskraft und körperlicher Kraft wie alle anderen Frauen ihrer Bekanntschaft. Sie hatte andere Gentlemen kennengelernt, die in Abendkleidung genausogut aussahen wie Leo. Justin war ein sehr gutaussehender Mann gewesen, wenn auch ein bißchen zierlich, verglichen mit Leo. Graham Saltmarsh war körperlich attraktiv, aber neben Leo schien er irgendwie dandyhaft.
Und genau da lag das Problem, beschloß sie. Sie verglich jeden Mann, der ihr begegnete, mit Leo und stellte fest, daß sie dem Vergleich nicht standhielten.
Keinem von ihnen gelang es, daß sich ihr die Nackenhaare aufstellten oder ihr Inneres in etwas Warmes, Federleichtes verwandelte. Keiner von ihnen löste in ihr das Bedürfnis aus, näher zu ihm zu rücken, damit sie seinen Duft einatmen konnte.
Mit einem Mal wurde sie sich der harten Steine unter ihren Fingern bewußt. Sie sah nach unten und mußte erschrocken feststellen, daß sie die Balustrade mit beiden Händen umklammerte.
»Stimmt etwas nicht?« Leos Augen wanderten zu ihren verkrampften Händen.
»Nein, alles in Ordnung.« Sie zwang sich, die Balustrade loszulassen. Er war ihr Liebhaber. Und in den Augen der Gesellschaft war sie praktisch mit ihm verlobt.
»Bist du sicher, daß es dir gutgeht?« fragte er.
»Ja.« Sie runzelte die Stirn. »Ich habe gerade an die Ringe gedacht.«
Er zögerte und zuckte dann kaum merklich die Schultern. »Ich auch.«
Was nicht anders zu erwarten war, sagte sich Beatrice aufmunternd. Nur weil sie plötzlich weiche Knie hatte und keine Luft mehr bekam und sich jeden Moment in eine warme Pfütze auflösen würde, hieß das noch lange nicht, daß er irgendwelche, auch nur im entferntesten ähnliche Gefühle hatte.
»Was denkt Ihr sonst noch, Mylord?« fragte sie höflich.
»Daß wir eine Möglichkeit finden müssen, die Tatsache auszunützen, daß Sibson und Saltmarsh nicht in der Stadt sind. Wir haben keine Möglichkeit, herauszufinden, wie lange sie weg sein werden.«
Seine Aussage hatte ähnliche Wirkung auf sie wie ein Eimer kaltes Wasser. Soviel zu Gedanken von Leidenschaft, ob flüchtig oder nicht.
»Was können wir denn noch tun, das wir nicht schon getan haben?«
»Es gibt noch ein Teil des Rätsels, das wir noch nicht untersucht haben«, sagte Leo leise.
»Was meinst du damit? Wir haben die Wohnungen aller drei Männer durchsucht. Wir haben einen Runner engagiert, der Nachforschungen anstellt, und du hast Dr. Cox’ Journal untersucht. Ich weiß nicht, was wir sonst noch tun könnten.«
»Wir können uns Trulls Museum genauer ansehen.«
Sie unterdrückte den Angstschauer, der ihr über den Rücken lief. »Aber du hast gesagt, es wäre seit dem Nachmittag, an dem Mr. Saltmarsh und ich darin gefangen waren, geschlossen.«
»Ich habe das Haus überwachen lassen. Kein Anzeichen von irgendwelchen Aktivitäten. Aber das Etablissement spielt scheinbar eine zentrale Rolle bei dieser Geschichte. Ich glaube, es verdient, genauer inspiziert zu werden.« »Du planst, ihm einen Besuch abzustatten?« Sie hielt inne, als sie Arabella und Pearson Burnby aus dem Ballsaal kommen sah. Pearson hielt sanft aber bestimmt Arabellas Arm fest, wie sie bemerkte.
Das Paar ging quer über die Terrasse zu Beatrice und Leo. »Hallo, Arabella.« Beatrice lächelte. »Wolltest du mit Mr. Burnby
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