Im Sturm erobert
zurückbringen, aber er sagte, das könnte er nicht tun, weil er sonst die Münzen, die ihm Dr. Cox gegeben hätte, zurückgeben müßte.« »Also hast du das Fläschchen genommen.« Beatrice hatte ganz weiche Knie.
»Schien mir das einfachste.«
Leo ging zum Fenster. »Weißt du, wo ich den jungen Simon finden kann?«
»Er kommt und geht. Manchmal hängt er in der Blue Cat rum.« Clarinda warf ihm einen grimmigen Blick zu. »Ich hab Euch gesagt, er ist ein braver Junge. Was wollt Ihr von ihm?« Leo sah auf die Straße hinunter. »Ich möchte ihm nur ein paar Fragen stellen.«
»Na ja, das kann wohl nichts schaden«, sagte Clarinda langsam. »Aber er wird Euch auch nicht mehr sagen können als mir.«
»Da hast du zweifellos recht. »Leo ballte die Hände zur Faust. »Verflucht, diese Sache wächst wie ein tödliches Kraut. Wir müssen die Wurzel finden.«
Beatrice fuhr fort: »Clarinda, wann genau hat Simon dir dieses Fläschchen gebracht?«
»Später Nachmittag war’s.«
Beatrice sah Leo an.
»Er wurde wahrscheinlich erst vor ein paar Stunden getötet«, sagte Leo leise. »Am frühen Abend vielleicht.«
»Nachdem er Clarinda das Fläschchen geschickt hatte, wie es scheint.«
»Vielleicht war das der Punkt, an dem jemand beschloß, er wäre nicht mehr nützlich.«
»Getötet?« Clarinda erstarrte. »Dr. Cox ist tot?«
»Ja«, sagte Beatrice. »Das ist der Grund, warum wir hier sind. Du hast gesagt, keiner weiß, daß du neulich nachts Seine Lordschaft und mich hier versteckt hast?«
»Ja, da bin ich ganz sicher.« Clarinda sah benommen aus. »Ich hab’s keinem erzählt, und wenn euch einer gesehen hätte, dann könnt Ihr euren Unterrock drauf verwetten, daß Ginwilly Jack bei mir an die Tür gehämmert hätte.«
»Hältst du es für möglich, daß jemand von unserer finanziellen Abmachung weiß ?« fragte Leo.
»Ich hab’s keiner Menschenseele erzählt, Mylord.«
Leo schwieg einen Augenblick. »Jemand hat mich vielleicht gesehen, als ich das erste Mal mit dir geredet habe, nach meinem ersten Besuch in Sibsons Laden.«
»Jeder, der uns hätte sehen können, hätte angenommen, daß ich bloß meinem Geschäft nachgehe«, warf Clarinda ein, »und daß Ihr abgelehnt habt, mit in mein Zimmer zu kommen. Er würde sich nichts dabei denken.«
»Außer er hätte gemerkt, daß ich dir Geld für nichtgeleistete Dienste gegeben habe.«
Beatrice schloß die Augen. »Und außer er weiß auch, daß du im Begriff bist, die Blue Cat zu kaufen, und sich fragt, wie du zu soviel Geld kommst, so kurz, nachdem du mit Monkcrest geredet hast.«
Eine schwere Stille legte sich über den Raum. »Diese Neuigkeit würde ein paar Fragen aufwerfen, nicht wahr.«
Clarinda ließ die Schultern hängen. »Nicht viele Frauen in meinem Gewerbe verdienen genug, um eine Taverne zu kaufen, oder?«
»Nein«, sagte Leo.
Beatrice warf einen Blick auf das Fläschchen. »Eines ist klar, wer immer das ist, glaubt, du weißt zuviel. Mord ist jedoch ein großes Risiko für den Täter. Die Frage ist, wieso sich Dr. Cox ausgerechnet heute entschlossen hat, dich zu vergiften?«
Clarinda riß die Augen auf. »Wollt Ihr damit sagen, daß in der kleinen Flasche Gift ist?«
Beatrice nickte. »Sehr wahrscheinlich.«
Leo sah Clarinda mit zusammengekniffenen Augen an. »Du hast mir neulich nachts gesagt, du hättest nichts Ungewöhnliches bei Sibsons Laden gesehen.«
»Das stimmt.«
»Hast du seither was Ungewöhnliches bemerkt?«
»Nein.« Clarindas Stirn runzelte sich vor Konzentration. »Heute war’s ruhig auf seiner Straßenseite. Einer von seinen Stammkunden hat ihn besucht, aber das war alles.« »Wann war das?« fragte Beatrice.
»Gegen mittag war’s. Ich bin gerade mit einer Fleischpastete aus der Blue Cat gekommen. Ich hab mir gedacht, daß ich die Fleischpasteten verbessern werde, wenn ich die Blue Cat übernehme. Da gehört mehr Gewürz rein. Und ein paar gelierte Schweinsohren und eingemachter Aal kommen auch auf die Speisekarte.«
»Gab es irgend etwas bei dem Stammkunden von Sibson, das dir als ungewöhnlich aufgefallen ist?« fragte Leo.
»Der hat sich ganz schön mit Sibson gestritten, aber das ist nichts Neues. Viele von Sibsons Kunden kommen zurück, um sich zu beschweren. Ich hab ihm mal gesagt, daß es auf lange Sicht nicht gut fürs Geschäft ist, wenn man die Kunden mit falscher Ware betrügt. Aber er wollte nicht auf mich hören.« »Hast du den Streit mitangehört?« fragte Beatrice.
»Ein paar Fetzen davon.«
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