Im Sturm: Thriller (German Edition)
seinen Mut. »Worüber sollen wir sprechen?«
»Über die Einstellung der Feindseligkeiten vielleicht?«
»Ich höre.«
»Natürlich wissen Sie, daß ich mit diesem Wahnsinn nichts zu tun hatte.«
Robinson wandte den Kopf. »Das geht uns Soldaten doch immer so. Wir vergießen das Blut und bekommen die Schuld. Ihr Vater war Soldat, nicht wahr?«
»Bei den Panzern. Er hatte mehr Glück als Ihrer.«
»Tja, darauf läuft es oft hinaus – Glück, sonst nichts.«
»Das sollten wir unseren politischen Führern besser nicht verraten.« Alexejew hätte beinahe gelächelt, merkte aber dann, daß er Robinson einen Einstieg gegeben hatte.
»Wer sind Ihre politischen Führer? Wenn wir zu einer machbaren Übereinkunft kommen wollen, muß ich meiner Führung sagen, wer in Moskau verantwortlich ist.«
»Der Generalsekretär der KP der Sowjetunion ist Michail Eduardowitsch Sergetow.«
Wer? fragte sich Robinson. Den Namen hatte er noch nie gehört. »Was ist eigentlich passiert?«
Alexejew sah Robinsons Verblüffung und gestattete sich diesmal ein Lächeln. »Sagen wir, es war Zeit für eine Wende.«
»Was schlagen Sie vor?«
»Ich bin Soldat, kein Diplomat«, sagte Alexejew. »Wir schlagen einen Waffenstillstand vor, gefolgt von einem schrittweisen Rückzug auf die Vorkriegspositionen innerhalb von zwei Wochen.«
»In zwei Wochen schaffe ich das auch ohne Waffenstillstand«, erwiderte Robinson kalt.
»Um einen hohen Preis – und mit gewaltigem Risiko«, gab der Russe zu bedenken.
»Wir wissen, daß bei Ihnen Treibstoffknappheit herrscht. Ihre gesamte Volkswirtschaft könnte zusammenbrechen.«
»Jawohl, General Robinson, und wenn auch unsere Armee zusammenbricht, bleibt uns zum Schutz des Staates nur eine Option.«
»Ihr Land hat einen Angriffskrieg gegen das atlantische Bündnis begonnen. Meinen Sie vielleicht, wir lassen Sie so einfach zum status quo ante zurückkehren?« fragte der SACEUR leise. »Und erzählen Sie mir bloß nichts von dem Bombenanschlag im Kreml – Sie wissen genau, daß wir damit nichts zu tun hatten.«
»Ich hatte nichts damit zu tun, sagte ich gerade. Ich befolgte nur Befehle, aber erwarteten Sie, daß das Politbüro tatenlos dem Ruin unserer Wirtschaft zusah? Welchen politischen Druck würden Sie auf uns ausgeübt haben, wenn Sie von der Ölknappheit erfahren hätten?«
»Davon wissen wir erst seit ein paar Tagen.«
Hat die maskirowka wirklich funktioniert? fragte sich Alexejew.
»Warum haben Sie uns nicht gesagt, daß Sie Öl brauchen?« fragte Robinson.
»Hätten Sie uns denn welches gegeben? Ich bin doch nicht naiv.«
»Wir hätten Konzessionen verlangt und bekommen. Aber meinen Sie nicht, wir hätten versucht, einen Krieg zu verhindern?«
Alexejew riß ein Blatt von einem Baum, starrte es kurz an, das vielfältige verzweigte Geäder. »Daran hat unser Politbüro wohl gar nicht gedacht.«
»Sondern einen Aggressionskrieg begonnen. Wie viele Menschen mußten ihretwegen sterben?«
»Die Männer, die diese Entscheidung fällten, sind unter Arrest und werden vor Gericht gestellt. Genosse Sergetow sprach sich gegen den Krieg aus und setzte so wie ich das Leben ein, um ihn zu einem gerechten Ende zu bringen.«
»Für einen Vertreter einer neuen und noch sehr wackligen Regierung sprechen Sie mit großem Selbstvertrauen.«
»Und Sie, General, klingen sehr selbstsicher für einen Mann, der noch vor zwei Wochen am Rand der Niederlage stand! Treiben Sie uns nicht zu weit. Gewinnen kann die Sowjetunion nicht mehr, aber beide Seiten können noch immerverlieren. Hätten Ihreunsichtbaren Bomber nicht am zweiten Kriegstag unsere Brücken zerstört, wäre es uns gelungen, noch drei oder vier Ihrer Geleitzüge zu zerschlagen, wären Sie nun derjenige, der um einen Waffenstillstand bäte.«
Eher nur einen oder zwei Geleitzüge, dachte Robinson. So knapp war es gewesen.
»Ich biete Ihnen einen Waffenstillstand in gegenwärtigen Positionen an«, wiederholte Alexejew. »Beginnen könnte er schon um Mitternacht. Zwei Wochen später ziehen wir uns auf unsere Vorkriegsstellungen zurück, und dann hat das Töten ein Ende.«
»Austausch der Gefangenen?«
»Können wir später regeln. Im Augenblick halte ich Berlin für den naheliegenden Ort.« Berlin war wie erwartet weitgehend unberührt geblieben.
»Und die deutschen Zivilisten hinter Ihren Linien?«
Darüber mußte Alexejew erst nachdenken. »Die haben nach dem Waffenstillstand freien Abzug – oder, besser noch, ich werde
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