Im Sturm: Thriller (German Edition)
bekannten Saboteure in Baku verhaftet und vom Staatssicherheitsdienst streng verhört, ebenso alle Bekannten und Arbeitskollegen der Täter. Ehe die Täter vom Grenzschutz unschädlich gemacht werden konnten, sabotierten sie die Steueranlage des Ölfeldes auf eine Weise, die einen Großbrand auslöste. Es gelang ihnen auch, die Steuereinrichtungen so zu beschädigen, daß selbst qualifizierte Ingenieure die Katastrophe nicht hätten verhindern können. Die KGB-Truppen waren gezwungen, das Gebäude, das später ausbrannte, zu verlassen. Sie konnten nichts mehr machen.« Sergetow erinnerte sich an die Tränen auf den Blasen im verbrannten Gesicht des Feldwebels.
»Und die Feuerwehr?« fragte der Generalsekretär.
»Über die Hälfte der Männer kam bei der Bekämpfung des Brandes um«, erwiderte Sergetow, »dazu mehr als hundert Bürger, die mithalfen, den Komplex zu retten. Man kann hier wirklich niemandem die Schuld geben, Genosse. Sowie dieser Tolkase sein Teufelswerk begonnen hatte, war es so leicht unter Kontrolle zu bringen wie ein Erdbeben. Die Brände sind inzwischen zum größten Teil gelöscht, denn der bei der Raffinerie lagernde Treibstoff wurden binnen fünf Stunden von den Flammen verzehrt, und aus den zerstörten Bohrlöchern tritt kein Öl mehr aus.«
»Wie war eine solche Katastrophe nur möglich?« fragte ein altes Mitglied. Sergetow war von der ruhigen Stimmung im Raum überrascht. Hatte man den Fall bereits zuvor besprochen?
»Mein Bericht vom 20. Dezember befaßte sich mit den Gefahren. Vom Kontrollzentrum aus werden Pumpen und Ventile auf einem Gebiet von über hundert Quadratkilometern gesteuert. Von hier aus kann ein mit der Anlage vertrauter Mann die verschiedenen Systeme des gesamten Feldes nach Belieben manipulieren und erreichen, daß sich der ganze Komplex praktisch selbst zerstört. Tolkase verfügte über diese Kenntnisse. Er war ein Aserbeidschaner, wegen seines Geschicks und seiner vorbildlichen Treue ausgewählt, Absolvent der Staatsuniversität Moskau, angesehenes Parteimitglied. Außerdem scheint er ein zu verblüffender Heimtücke fähiger religiöser Fanatiker gewesen zu sein. Alle Männer, die im Kontrollzentrum getötet wurden, waren seine Freunde – oder hielten sich zumindest dafür. Nach fünfzehn Jahren in der Partei waren die letzten Worte dieses Mannes, der ein gutes Gehalt, den Respekt seiner Kollegen und sogar einen Privatwagen hatte, der schrille Schrei: ›Allah ist groß‹, schloß Sergetow trocken. »Aserbeidschaner sind offensichtlich unberechenbar, Genossen.«
Der Verteidigungsminister nickte. »Und welche Auswirkungen wird das auf die Ölproduktion haben?« Am Tisch beugte man sich vor, gespannt auf Sergetows Antwort.
»Genossen, wir haben für mindestens ein Jahr, womöglich für drei Jahre, etwa vierunddreißig Prozent unserer Förderkapazität verloren.« Sergetow schaute von seinen Unterlagen auf und sah, wie sich die steinernen Mienen schmerzlich verzogen. »Alle Bohrungen müssen neu niedergebracht, alle Pipelines vom Ölfeld zur Raffinerie neu verlegt werden. Der gleichzeitige Verlust der Raffinerie ist ernst, aber kein unmittelbarer Anlaß zur Sorge, denn sie kann erstens wieder aufgebaut werden und stellte zweitens nur ein Siebtel unserer Gesamtkapazität dar. Der Rückgang der Ölförderung dagegen wird unserer Volkswirtschaft den schwersten Schaden zufügen. Wegen der chemischen Zusammensetzung des Nischnewartowsk-Öls sind die Auswirkungen auf die Wirtschaft schwerer, als der Nettoverlust zunächst andeutet. Sibirisches Erdöl ist ›leicht und süß‹, was bedeutet, daß es einen unverhältnismäßig hohen Anteil wertvollster Bestandteile, aus denen wir Benzin, Kerosin und Dieseltreibstoff herstellen, und einen geringen Schwefelgehalt hat. Der Nettoverlust auf diesen Gebieten beträgt vierundvierzig Prozent unserer Benzin-, achtundvierzig Prozent der Kerosin-und fünfzig Prozent der Dieselproduktion. Diese Zahlen sind das Ergebnis vorläufiger Berechnungen, die ich auf dem Rückflug anstellte, sie sollten aber bis auf plus-minus zwei Prozent exakt sein. Genaue Werte wird meine Behörde in ein, zwei Tagen vorlegen.«
»Also die Hälfte?« fragte der Generalsekretär leise.
»Korrekt, Genosse«, gab Sergetow zurück.
»Und wann kann die Förderung wieder beginnen?«
»Genosse Generalsekretär, wenn wir alle verfügbaren Bohrtürme heranziehen und rund um die Uhr arbeiten lassen, kann die Förderung in zwölf Monaten wieder beginnen. Die
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