Im Sturm: Thriller (German Edition)
strömte aus den geborstenen Pipelines in den Ob. Sie konnten zusehen, wie sich das von einem starken Wind angefachte Feuer rasch ausbreitete. Im sichtbaren Spektrum hüllte Rauch den Großteil der Anlage ein, aber InfrarotSensoren durchdrangen ihn und zeigten eine Vielzahl von Hitzequellen, die nur riesige, heftig brennende Seen von Erdölprodukten darstellen konnten. Burnettes Sergeant kam aus dem Osten von Texas und hatte als junger Mann auf Ölfeldern gearbeitet. Er brachte Tageslichtaufnahmen der Anlage auf den Monitor und verglich sie mit dem Bild auf dem Sichtgerät nebenan, um festzustellen, welche Teile der Raffinerie bereits Feuer gefangen hatten.
»Verflucht, Colonel.« Der Sergeant schüttelte andächtig den Kopf. »Die Raffinerie ist im Eimer, Sir. Das Feuer rast vor dem Wind her und ist unmöglich zu löschen. Die Anlage ist ein Totalverlust und brennt vielleicht noch drei, vier Tage weiter, stellenweise sogar eine Woche. Und wenn sie den Brand nicht unter Kontrolle bekommen, geht auch das Ölfeld hoch. Beim nächsten Durchlauf steht der ganze Schlamassel in Flammen, brennendes Öl aus allen Bohrlöchern ... Mann, da traut sich selbst Red Adair nicht ran!«
»Von der Raffinerie bleibt also nichts übrig? Hmm.« Burnette ließ eine Bandaufzeichnung der Satellitenaufnahmen ablaufen. »Das ist ihre neueste und größte Anlage. Bis die von Grund auf wieder aufgebaut ist, gibt es bei Petroleumprodukten mit Sicherheit Engpässe. Wenn der Brand gelöscht ist, werden sie ihre Benzin- und Dieselproduktion radikal umstellen müssen. Eins muß ich dem Russen lassen: Wenn bei seiner Industrie etwas schiefgeht, stößt er sofort zu. Ein lästiger Rückschlag für unsere russischen Freunde also, nicht mehr.«
Diese Analyse wurde tags darauf vom CIA und einen Tag später von den britischen und französischen Nachrichtendiensten bestätigt.
Sie lagen alle schief.
2
Außenseiter im inneren Zirkel
DATUM – ZEIT 31/01–06:15 BLATT 01 GROSSBRAND UDSSR BC – Soviet Fire, Bjt 1809 ·FL·
Feuerkatastrophe auf sowjetischem Ölfeld im Nischnewartowsk ·FL.
EDS: Für Nachmittagsausgabe MITTWOCH vorgezogen ·FL·.
Von William Blake ·FC·
Militärkorrespondent AP
WASHINGTON (AP) – »Der schwerste Brand auf einem Ölfeld seit der Katastrophe in Mexico City 1984 und selbst dem Texas-City-Brand 1947« erhellte laut militärischen und nachrichtendienstlichen Quellen die Nacht in der mittleren Sowjetunion. Der Brand wurde mit »nationalen technischen Mitteln« ausgemacht, ein Begriff, der im allgemeinen auf von der CIA mittels Aufklärungssatelliten gewonnene Daten hinweist. Die CIA lehnte jeglichen Kommentar zu dem Vorfall ab.
Quellen im Pentagon bestätigten den Bericht und betonten, die von der Unfallstelle abgestrahlte Energie habe bei NORAD vorübergehend Unruhe und die Besorgnis ausgelöst, es könne sich um den Abschuß einer Rakete gegen die Vereinigten Staaten handeln oder den Versuch, amerikanische Frühwarnsatelliten mit einem Laser zu blenden.
Es sei jedoch zu keinem Zeitpunkt erwogen worden, erhöhte Alarmbereitschaft auszulösen. »Nach dreißig Minuten war alles vorbei«, erklärte die Quelle.
Von der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS ging bisher keine Bestätigung ein.
Die Tatsache, daß amerikanische Regierungsbeamte außergewöhnliche Industrieunfälle erwähnten, läßt darauf schließen, daß dieser Großbrand viele Todesopfer gefordert hat. Quellen im Verteidigungsministerium waren nicht bereit, über die Möglichkeit von Opfern unter der Zivilbevölkerung zu spekulieren. Der Erdölkomplex Nischnewartowsk grenzt an die gleichnamige Stadt an.
Das Feld Nischnewartowsk liefert 31,3 Prozent der gesamten sowjetischen Ölförderung, und die angrenzende, erst kürzlich erbaute Raffinerie 17,3 Prozent aller Erdöldestillate.
»Zu ihrem Glück«, erklärte Donald Evans, Sprecher des American Petroleum Institute, »brennt unterirdisches Öl nicht, und aus diesem Grund ist damit zu rechnen, daß das Feuer in ein paar Tagen von selbst ausgehen wird.« Der Wiederaufbau der Raffinerie jedoch könne sehr kostspielig werden. »Wenn so etwas hochgeht«, meinte Evans, »dann gewöhnlich mit einem großen Knall. Die Russen verfügen jedoch über ausreichende ungenutzte Raffineriekapazität und können den Ausfall ausgleichen, zum Beispiel mit ihrem erweiterten Komplex bei Moskau.«
Evans sah sich nicht in der Lage, Vermutungen über die Brandursache anzustellen: »Mag sein, daß das Klima etwas damit zu
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