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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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war typisch für Tips oft reichlich derben Humor, doch Shade brachte es nur selten fertig, sich dabei ein Lächeln abzuringen.
    Shade sah zu, wie Tip einen doppelten Bourbon eingoss und ein Bier zapfte. Er bediente einen hochaufgeschossenen Gauner namens Pavelich, der beim Bowling früher die beste Kugel der Stadt geworfen hatte, jetzt aber regelmäßig die zweitbeste für die Seite stieß, die mehr Kohle versprach. Tip schob ihm das Wechselgeld hin und schlenderte dann an Shades Ende der Bar.
    »Noch ’n Rum, kleiner Bruder?«, fragte Tip mit seiner leisen, aber stets latent aggressiven Stimme.
    »Klar. Setz ihn auf deine Rechnung.«
    Tip grinste, hob eine Flasche dunklen Jamaikarum und kippte einen kräftigen Schuss in Shades Glas.
    »Kostenloser Rum ist okay, aber wenn du meine Kundschaft vergraulst, ist das was anderes. Suchst du jemanden, oder bist du bloß einsam und willst mal unter Leute?«
    »Hab ich hier schon mal einen hochgenommen?«
    »Zum Glück nicht. Oder ich müsste dich hochnehmen.«
    Hinter dieser Bemerkung steckte mehr als Geschwisterrivalität. Tip führte sich immer so auf, als könnte er Shade jederzeit bestrafen, wenn er das für nötig hielt. Und Shade gestand ihm das auch zu. Mit seinen hundertsechzig Pfund war er ihm fast sechzig Pfund unterlegen, und obwohl er wesentlich schneller war, hatte er doch viel weniger Erfahrung in Raufereien ohne Ringrichter, und er wusste, dass sie sich in puncto Kampfgeist ebenbürtig waren.
    Shade grinste und nickte.
    »Ich hab hier noch keinen hochgenommen – aber es wäre kinderleicht.« Er drehte sich auf seinem Stuhl um, damit er den Raum besser überblicken konnte. »Allein auf dem Weg zum Klo könnte ich sechs Festnahmen machen.«
    »Und dir die Sympathie deiner gesamten Nachbarn und alten Freunde verscherzen, kleiner Bruder.«
    »Dich könnte ich wahrscheinlich auch drankriegen, Tip, wenn ich zehn oder zwölf Minuten drüber nachdenken würde.«
    Tip begann zu nicken, schüttelte dann aber den Kopf. »Ich bin vielleicht ein Gauner, aber dumm bin ich nicht.«
    Shade fragte sich wahrscheinlich zum tausendsten Mal, was wohl aus seinem älteren Bruder geworden wäre, wenn seine Knie mehr als zwei unvergessliche Spielzeiten in der College-Liga durchgehalten hätten.
    »Liegt an den Genen«, meinte Shade.
    »Was soll das denn heißen?«
    »Ach, weiß auch nicht – wenn ich’s wüsste, wär ich vielleicht etwas optimistischer.«
    Tip begab sich ans andere Ende der Bar, um eine Gruppe von Männern zu bedienen, die ihm mit ihren leeren Gläsern zugewinkt hatten.
    Also hing Shade wieder seinen Gedanken über die Klientel nach, die hier verkehrte. Er kannte viele der Gäste seit seiner Kindheit, hatte mit ihnen alle möglichen Ballspiele gespielt, an kühlen Sommermorgen unter den Ulmen im Frechette Park mit ihnen geboxt und auf Tanzveranstaltungen der katholischen Kirche rumgehangen, wo er sich mit ihnen in Colaflaschen abgefüllten Whiskey geteilt hatte. Er hatte mit ihnen in den engen Gassen die Kämpfe der Jugend durchgestanden, die immer noch wichtiger schienen als die des Erwachsenenalters, hatte für die älteren Männer Botengänge erledigt und miterlebt, wie ihre Töchter nach auswärts heirateten und nur für kurze Ferienaufenthalte und zu Begräbnissen nach Frogtown zurückkehrten.
    Eine kräftige Hand packte ihn an der Schulter und riss ihn aus den nostalgischen Träumen, an die er selbst nicht so recht glaubte.
    »Rene! Lang nicht gesehen. Heute Abend schon was vor?«
    Es war Wendell Piroque, ein fetter Lastwagenfahrer, der wahrscheinlich öfter Blackjack gespielt als hinter dem Steuer gesessen hatte. Shade kannte ihn seit der Grundschule, als Piroque sich immer im Poolsalon seiner Mutter herumgetrieben hatte.
    »Ich sitz hier rum und lass mir von Tip einen ausgeben.«
    »Na, du hast’s gut«, meinte Piroque und ließ sich auf dem Hocker neben Shade nieder. »Wirklich praktisch, ’nen Bartender als Bruder zu haben.« Piroque hatte ein sanftes, rundes Gesicht mit dunkler Haut und einem unschuldigen Lächeln. »Und deine Mutter hat ’nen Pool-Billardsalon. Das muss deine irische Hälfte sein, so viel Glück auf einem Haufen.«
    »Bestimmt. Es gibt jedenfalls kein Sprichwort über das Glück der Frogs.«
    »Hier in der Stadt sowieso nicht«, sagte Piroque und klopfte mit dem Finger auf den Tresen. Dann deutete er unvermittelt auf den Billardtisch hinten im Raum, der rätselhafterweise im Moment nicht besetzt war. »Lust auf ein

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