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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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»Du kannst mit ihnen auf der Straße spielen, aber nicht im Haus, verstanden?«
    »Warum schmeißt du sie nicht einfach raus?«
    »Den Rum bezahlst du, du Klugscheißer«, zischte er und baute sich drohend auf. »Der geht leider nicht mehr aufs Haus.«
    »Ich hab zu tun«, erklärte Shade und ging zur Tür.
    Tip kam hinter der Bar hervor, als wäre diese ein kompakter kleiner Highschool-Lineman und Shade ein vorbeipreschender Quarterback. Die zwei Streifenbeamten fingerten an ihren Dienstwaffen herum und blickten nervös in die Runde, während die beiden Brüder aufeinander zugingen.
    »Verpiss dich, wenn du Schwierigkeiten machen willst«, sagte Tip. Er ballte die Faust in Shades Richtung. »Ich hab dich gewarnt – wenn du mich Kundschaft kostest, dann tret ich dir in den Arsch, Bruder hin oder her.«
    Shade wandte eine uralte Spottgeste an: Er kratzte sich mit dem Finger unterm Kinn. Dann sagte er: »Versuch’s doch, Brüderchen.«
    Tip öffnete den Mund, um zu antworten, doch dann warf er einen Blick auf die Polizisten und zog sich wieder zurück.
    »War mir ein Vergnügen, Rene«, sagte er und nickte ein paarmal. »Wenn die Welt untergeht, dann schick mir ’ne Postkarte, ja?«
    Shade wandte sich ab, blieb aber vor dem großen, unübersehbaren Bild stehen, das ihn geschlagen und gedemütigt zeigte.
    »Wenn ich das nächste Mal komme, Tip, ist das hier verschwunden!«
    »Nee. Das ist mein Lieblingsbild«, flüsterte Tip deutlich hörbar. »Das bist nämlich du, kleiner Bruder, wie du leibst und lebst. Haargenau!«
    Shade betrachtete das Bild noch einmal. Schließlich zuckte er die Achseln und hob resigniert die Hände. »Jeder sieht irgendwann mal so aus«, sagte er und ging aus der Tür.
    Das Blut war auch auf den Fernsehapparat gespritzt. Detective How Blanchette reckte den Hals über das teure Gerät und inspizierte den Tisch dahinter. In den roten Flecken waren graue Einsprengsel und weiße Partikel zu erkennen.
    »Sieht so aus, als hätte er gerade umgeschaltet oder so«, sagte er. »Aber wenn ich für Vermutungen bezahlt würde, könnt ich jetzt Feierabend machen.«
    Der Streifenbeamte, mit dem er gesprochen hatte, antwortete nicht, sondern starrte wie gebannt auf die zusammengekrümmte Leiche eines etwa vierzigjährigen Schwarzen, den ein paar Schüsse in den Hinterkopf ins Jenseits befördert hatten.
    »Gibt uns die Körperhaltung irgendwelche Hinweise, Cooper?«, fragte Blanchette. How Blanchette war rotblond und fett. Er trug fast immer einen schwarzen Ledertrenchcoat, der ihn angeblich zwanzig Pfund schlanker wirken ließ.« Vielleicht ist Rankin ja in Form eines Buchstabens gestorben, um uns so was mitzuteilen? Sieht wie ein ›M‹ aus, oder doch eher wie ein ›Z‹, was meinst du?« Cooper sah weg. »Aber vielleicht ist das ja auch Zeichensprache, oder, Cooper? Das ist bei den Politikern ja heutzutage so üblich.«
    Endlich sah Cooper Blanchette an.
    »Du hast echt ein weiches Herz, How«, sagte Cooper. »Fast schon matschig.« Er zuckte die Achseln und ging dann im Zimmer auf und ab. Ein elegant ausgestattetes, behagliches Arbeitszimmer mit dekorativen Lampen und schimmernden Mahagonimöbeln. Er schüttelte den Kopf. »Ich hab den Mann gekannt. Damals, als das mit den Rassenunruhen war, da war ich zum Personenschutz bei ihm abkommandiert.« Er schwieg, den Rücken zur Leiche. »Er hat mich verdammt anständig behandelt. Nicht wie ’nen Butler mit Knarre. Verdammt anständig.«
    Blanchette nickte – dafür hatte er offenbar Verständnis. »Irgendjemand hat ihn anscheinend für nicht so anständig gehalten. Mit meinen neun Jahren Erfahrung würd ich das glatt für eine Tatsache halten. Also, ich würd sagen, du holst jetzt mal dein schwarzes Notizbuch raus, das mit den vielen leeren Blättern, und fängst ’ne neue Seite an – Alvin Rankin, Stadtratsabgeordneter, wurde von jemandem, der ihn nicht so verdammt anständig fand, der Kopf weggepustet.«
    »Ich wart draußen«, sagte Cooper. »Du blöder Fettsack.«
    Blanchette hob die Hand, um ihn zurückzuhalten.
    »Für dich immer noch Detective Sergeant Fettsack.«
    »Meinetwegen«, antwortete Cooper und ging hinaus.
    Blanchette sah sich im Zimmer um. Seine dunklen Augen nahmen alles um ihn herum auf, und er runzelte konzentriert die dichten Brauen. Der Raum war ein wenig mitteilsamer Zeuge. Für einen Tatort, was er ja zweifellos war, setzte er neue Maßstäbe in Bezug auf Ordnung und Sauberkeit. Abgesehen von dem Blut und der Leiche, die ja

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