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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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hab Sie verstanden«, sagte er, »aber ich glaube nicht, dass ich Ihnen dafür etwas schuldig bin.«
    » O nein, Sie schulden mir gar nichts. Ich helfe Ihnen nur ein wenig, die Welt zu verstehen, in der Sie leben.« Zufrieden faltete Beaurain die Hände und rief: »Norman, bring uns was zu trinken!«
    Hinter einem grünen Vorhang aus Pflanzen trat ein blasser Mann hervor. Er war kahlköpfig, hatte ein rundes Gesicht und trug ein Schulterhalfter.
    »Wer ist das?«, wollte Shade wissen.
    »Das ist mein Schwiegersohn, Norman der Jude. Er passt auf mich auf – er und meine Tochter. Schlimme Gegend hier, wissen Sie.«
    Alle lachten, denn keiner von ihnen wäre je freiwillig irgendwo anders hingezogen. Von der Straße aus sah Beaurains Haus ziemlich bescheiden aus, aber es war großzügig eingerichtet, und an der Rückseite hatte er den Pool bauen lassen. Obwohl er sich locker anderswo einen Palast hätte leisten können, blieb Beaurain hier, in Frogtown, keine zwei Blocks von seinem Geburtshaus entfernt.
    Nach kurzer Zeit kam Norman mit den Drinks zurück. Er stellte das Tablett auf das Glastischchen und ging leise zurück in sein Versteck hinter den Grünpflanzen.
    »Ich trinke im Sommer nur Tonic Water«, sagte Beaurain. »Das Chinin, wissen Sie.«
    Shade spürte die ersten prickelnden Anzeichen illegaler Wachsamkeit. Er hob sein Glas und nahm einen großen Schluck.
    »Sind Sie je verhaftet worden?«, fragte er. »Ich hab gehört, dass wir Sie nie drangekriegt haben.«
    »Richtig«, bestätigte Beaurain. »Ich komm in den Himmel. Meine Weste ist blütenweiß.«
    »Erstaunlich.«
    »Nun, ich bin ein liebenswerter Mensch. Die Leute sind gern nett zu mir. Außerdem bin ich nicht gierig, also mach ich mir keine Feinde, auch wenn Sie jetzt etwas anderes vermutet hätten.«
    Shade wusste, dass Mr. B. in dem Ruf stand, ein zwar unerbittlicher und furchteinflößender, aber fairer Gangster zu sein. Im Umgang mit Abschaum oder mit hinterhältigen Geschäftemachern war er oft strikter als das Gesetz und wesentlich gerechter, aber wenn er jemanden verurteilte, lautete die Strafe meist Kaliber fünfundvierzig.
    »Vielleicht krieg ich Sie irgendwann mal dran«, sagte Shade zähneknirschend und mit dem ganzen Optimismus seiner Black Beauty.
    »Idiot«, knurrte Shuggie.
    »Wozu sollte das gut sein?«, fragte Beaurain. »Ich bin ein braver Bürger. Detective, ich werd Ihnen was über Habgier erzählen, die mir persönlich übrigens vollkommen fremd ist. Unten in der Southside, da treiben sich Del McKechnie und Benny Kreuger und Georgie Sedillo und vielleicht ein, zwei andere rum. Leg ich mich mit denen an? Mach ich ihnen das Leben schwer? Nein. Nein, ich kriege hin und wieder ein paar Abgaben, eigentlich sind es eher Geschenke, die man mir anbietet, und das, offen gesagt, immer aus freien Stücken. Verlange ich mehr? Verlange ich alles? Nein, das wäre gierig. Gier bringt nur Ärger. Also nehme ich eine kleine Gebühr, und alles läuft bestens. Drüben in Pan Fry hat Mr. Sondown Phillips die Dinge weitgehend unter Kontrolle, aber ich kenne ein paar Leute, die er nicht kennt, also gibt er mir ein paar Prozente, nur aus Respekt. Und ich nehme sein Angebot höflich an. Ich schicke nicht etwa Shuggie rüber, damit er Ärger macht, und ich lasse auch nicht Rudy Regot oder Steve Roque oder irgend sonst einen aus der Frogtown-Clique in die Southside marschieren, um den Kerlen dort die Hölle heißzumachen.«
    »Ja«, sagte Shade, »und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.«
    »Idiot.«
    »Shade«, sagte Beaurain, »wenn Sie nicht Cop wären, was wären Sie dann?«
    »Vielleicht einer wie Sie.«
    »Nein, niemals, Sie verstehen ja nicht mal die Welt, in der Sie leben, wie könnten Sie dann wie ich sein?«
    »Ich kann mich auch schick anziehen und große Töne spucken, aber ich lauf lieber in Lumpen rum und mach die fertig, die die großen Töne spucken.«
    »Tut mir leid, Mr. Beaurain«, mischte sich Shuggie ein. »So ist er immer.«
    »Oh, du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, sagte Beaurain. Er klaubte noch eine Cashew aus der Schüssel, steckte sie sich in den Mund und nuckelte eine Weile grinsend daran. »Er ist genauso, wie du ihn beschrieben hast. Shade, ich hab mich gefragt, ob Sie ein guter Christ sind.«
    »Da steht das Urteil noch aus.«
    »Aha, aber ich glaube, Sie bemühen sich. Das bewundere ich. Das Streben nach Höherem kann die Mitmenschen beflügeln, wissen Sie. Aber es kann sie auch blenden. Denken

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