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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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tun, gelegentlich, wenn wir Freunde wären.«
    »Ich wär vielleicht noch nützlicher als Officer Bell, was?«
    »Glaub ich nicht«, sagte Shuggie. »Bell war hochmotiviert, und du machst mir gar nicht den Eindruck.«
    »Ich hab in St. Louie ein tolles Baseballspiel gesehen«, mischte sich Tip aus heiterem Himmel ein. »Jack Clark hat geschlagen, und der Ball ist bloß zwei Reihen vor mir runtergekommen.«
    »Ich werde nicht für dich arbeiten, Shuggie.«
    »Ah, du willst nicht, weil du mich kennst, und wenn man jemanden kennt, hat man keinen Respekt mehr vor ihm.«
    »Wenn man dich kennt, ganz bestimmt nicht.«
    »Clark ist der beste Schlagmann, den wir seit Stan the Man hatten, wenn ihr mich fragt.«
    »Ach, leck mich doch, Shade.«
    »Gleichfalls, Zeck.«
    »Wenn dem der Pitcher ’nen guten Wurf auf die Innenseite vom Homeplate serviert, kriegt einer auf den billigen Plätzen ’nen Ball vor die Füße.« Auf einmal schlug Tip mit der flachen Hand auf die Bar, dass sogar die dösenden Besoffenen in den finsteren Ecken aufschreckten. »Shuggie«, sagte der große Tip, »das ist mein kleiner Bruder Rene. Und Rene, du kleines Ferkel, das ist Shuggie. Ihr beide fangt noch mal von vorne an, kapiert? Die Vergangenheit ist vergeben und vergessen, in den Kreislauf der Natur zurückgekehrt wie Scheiße. An eurer Stelle wär ich mal ein bisschen netter zueinander. Und falls das nicht klappt, dann legt los und regelt die Sache mit den Fäusten.«
    Einer der Besoffenen, den Tips Versöhnungsschlag geweckt hatte, stimmte irgendeinen uralten Song an, in dem es hieß, der Sänger sei in inzestuöse Beziehungen verwickelt und in Wirklichkeit sein eigener Großvater. Zuerst versuchte sein Saufkumpan ihn zum Schweigen zu bringen, aber als das nicht funktionierte, fiel er selbst in den traurigen Familienrefrain mit ein.
    »Na komm«, meinte Shuggie. »Tip hat recht. Gehen wir, da will sich nämlich jemand mit dir treffen, und den solltest du nicht warten lassen.«
    »Solang was dabei rauskommt«, sagte Shade. Dann klopfte er seinem Bruder auf die Schulter und fragte: »Wenn ich nicht mit Zeck hier gewesen wäre, hättest du mir das von Bobby Gillette trotzdem erzählt?«
    »Du weißt genau, dass ich es nicht getan hätte, Rene«, antwortete Tip. »Das wäre nicht die richtige Taktik gewesen, wenn ich’s mir recht überlege.«
    »Das war mir klar«, sagte Shade, während er Shuggie zur Tür folgte. »Ich wollt nur noch mal dran erinnert werden.«

9
    Als sich die Schiebetüren zum Swimmingpool öffneten und Shade und Shuggie eintraten, ertönte eine laute Stimme: »Erst das Rätsel! Erst das Rätsel! Nicht das Rad drehen, du gierige Schlampe, lös erst das Rätsel!«
    Auguste Beaurain saß am Poolrand in einem Korbstuhl mit tahitianischen Ambitionen, der jedoch in Memphis hergestellt worden war, und sah sich eine Gameshow im Fernsehen an. Der Swimmingpool war mit einer Glaswand umgeben, hatte ein Dach aus Glas, und auf dem Parkettboden standen mehrere Kübel mit verschieden hohen Pflanzen. Beaurain trug einen weißen Anzug und ein blaues Hemd mit einer eleganten gelben Krawatte. Der Pool war ruhig und leer; die Klimaanlage summte.
    »Tag, Mr. Beaurain«, sagte Shuggie. »Das ist Rene Shade.«
    »Ich weiß«, erwiderte Beaurain. Er wandte den Blick keine Sekunde vom Bildschirm, bis die Kandidatin verloren hatte. Dann knurrte er: » Manchmal kriegen gierige Leute, was sie verdienen.« Er machte den Fernseher aus und sagte: »Detective Shade, verstehen Sie die Welt, in der Sie leben?«
    »Welchen Teil davon?«, fragte Shade.
    »Alles.«
    »Nein. Und Sie auch nicht.« Shade setzte sich auf einen Stuhl in der Nähe und legte die Füße auf einen kleinen Glastisch, womit er von Anfang an klarstellte, dass er sich nicht einschüchtern ließ. »Stört es Sie, wenn ich mich setze?«
    »Selbstverständlich nicht.« Beaurain streckte ihm eine Schale mit Nüssen entgegen. »Bedienen Sie sich. Ich persönlich mag die Cashews am liebsten, es wäre deshalb nett, wenn Sie die übrig ließen.«
    »Nein danke.«
    »Okay.« Beaurain stellte die Schale weg. »Shuggie, setz dich, mach’s dir bequem.« Beaurain war keine eins siebzig groß, hatte ein schmales, faltiges aber sympathisches Gesicht und trug ein fast permanentes Lächeln zur Schau. Seine Haare waren grau, dünn und sorgfältig gekämmt. Er besaß sämtliche Qualitäten eines Märchenonkels, aber in Wirklichkeit schwang er die Peitsche über die Zahlungsunfähigen und Straffälligen von

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