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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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Sie mal drüber nach.« Die Hände auf die Knie gestützt beugte sich Beaurain vor. »Freut mich, Sie kennengelernt zu haben. Aber jetzt zum geschäftlichen Teil. Wie Sie wissen, ziehen da ein paar Unruhestifter durch die Stadt, verletzen ihre Mitmenschen und bringen alles durcheinander. Sie sind gierig und dumm und müssen dafür bezahlen. Ihre Mannschaft ist da derselben Ansicht wie meine, Detective, und wir alle sind gegen die Schiedsrichter.«
    »Das hab ich gehört«, antwortete Shade. »Aber ich bin kein bezahlter Killer.«
    »Idiot.«
    »Shuggie, wenn du mich noch einmal einen Idioten nennst, dann kriegst du ’n Arschtritt, genau hier, vor deinem Boss.«
    »Na los, Rene.«
    »Ruhe, bitte«, sagte Beaurain mit einem Zucken verletzter Eleganz. »Alle beide. Ich fühle mich in meine Kindheit zurückversetzt angesichts all dieser Brachialgewalt, und, glaubt mir, meine Kindheit zählt nicht zu meinen Lieblingserinnerungen.« Beaurain blickte über die Schulter in die Petunien. »Norman, bring diese Gentlemen doch bitte zur Tür.« Dann wandte er sich blitzschnell noch einmal Shade zu. »Ich möchte nicht, dass Ihnen etwas zustößt, Detective Shade, aber Sie wissen zu wenig Bescheid über die Welt, in der Sie leben. Ich könnte Ihnen viel beibringen, aber leider habe ich nicht genug Zeit.«
    Shade stand auf, streckte die Beine und spürte seinen angenehm aufgeputschten Herzschlag.
    »Man hat einen von uns umgelegt, Mr. B., und deswegen bin ich hier. Aber es ist durchaus möglich, dass ich Sie später mal unter die Lupe nehme, nur um zu sehen, was Sie so treiben.« Damit streckte er dem Herrscher der Stadt die Hand entgegen.
    »Sehr gut. Bonne chance. Ich freue mich schon darauf.« Auch Beaurain erhob sich und reichte Shade die Hand. »Denken Sie nur immer an die Prinzipien des Geschäfts – ich leg dich rein, sonst legst du mich rein. Und Leute, die mich reinlegen, feiern nicht mehr allzu viele Geburtstagspartys.«
    Shade grinste in Beaurains Gesicht.
    »Mr. B, Sie reden ’ne Menge Scheiß, dass man die Welt kennen soll, in der man lebt und so, aber was mich betrifft, da sind Sie ziemlich auf dem Holzweg. Das möchte ich von vornherein klarstellen.«

10
    Wie an vielen wichtigen Tagen in Wanda Bone Bouviers Leben war der Himmel über ihr trübe und voll mit schmutziggrauen Wolkenbergen. Wanda fuhr in Richtung Westen, auf der Suche nach einer nördlichen Durchgangsstraße. In der linken Hand, mit der sie das Lenkrad umklammerte, hielt sie einen glimmenden Joint, in der rechten ein verspätetes Mittagessen in Form einer mit gesalzenen Erdnüssen aufgefüllten Flasche Pepsi.
    Sie kam zur River Road und trat aufs Gaspedal, was bei entgegenkommenden Sonntagsfahrern Panikreaktionen auslöste. Sie zog an ihrem Joint, mampfte und trank gleichzeitig ihren Dixie-Snack und fuhr eine verwahrloste Straße mit kleinen Werkstätten und Geschäften hinunter, in denen die Kassierer die Hände unter die Theke wandern ließen, wenn Fremde hereinkamen.
    Es war ein grauer, schwüler Nachmittag, wie ihn die Pferdebremsen mochten, und Wandas Haut glänzte vor Schweiß, als sie in den Parkplatz des Rio, Rio Clubs einbog. Der Schuppen war aus großen Alu-Fertigteilen errichtet, die sich unter Garantie bei der nächsten starken Windbö südwärts verabschieden würden, und auf dem Schild über der Tür stand: Busch vom Fass, Zimmer zu vermieten.
    Wanda hatte mehrere Methoden in Betracht gezogen und sich dann für die Frisch-aus-der-Highschool-aber-willig-Nummer entschieden. Sie trug ein blassgrün-gelbes Sommerkleid, eine Fünfzig-Cent-Perlenkette, roten Lippenstift und gelbe hochhackige Schuhe. Als sie den Club betrat, sah sie eine runde Bühne, die von oben beleuchtet wurde, und eine Frau auf einer Decke, die Spagat übte. Jerry Lee Lewis, ein Held hier in der Gegend, dröhnte aus den Lautsprechern. »The Killer« sang ein trauriges Lied über eine unglückliche Liebe, die immer unglücklicher wird, und dabei drosch er auf das Klavier ein, als wäre er mit ihm verheiratet.
    Wanda setzte sich auf einen Platz vor der Bühne und studierte die Darbietung des spärlich bekleideten Mädchens. Das Publikum war eine geiläugige Gruppentherapie-Versammlung von Nachtschicht-Zombies, Spesenkonto-Maulhelden und schüchternen Hinterwäldlern. Die Tänzerin vollführte ihre Verrenkungen auf der rosaroten Decke, als würde sie gar nicht merken, dass noch andere Leute im Raum waren, und vermittelte den Zuschauern dabei gynäkologische Einblicke wie zu

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