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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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hämisch.
    »Har, har, har!«, tönte es von ihm. »Rodney, mein Alter, ich glaub nicht, dass du mit einer wie der hier fertig wirst. Har, har! Die ist nämlich aus demselben Holz geschnitzt wie ich. Sie holt sich doch nur die weiße Lady mit auf die Anklagebank, Mann – tut tatsächlich so, als hätte sie mir nicht mal die Hand geschüttelt, wenn ich ohne Koks aufgekreuzt wäre.« Lunch rückte seinen Hut gerade. »Mädels von ihrer Sorte kenn ich bestens. Die musst du etwas härter anfassen, oder sie kochen dir den Arsch zu Püree, alter Kumpel. Eine wie sie braucht eine verpasst, wenn du Respekt von ihr willst. Ab und zu ’n Satz dicke Lippen wirkt Wunder.« Rodney hatte noch immer den Blick gesenkt, und daher fasste Lunch mit hohler Hand unter sein feistes Kinn und hob seinen Kopf, bis sie einander in die Augen sahen. »Sei ein Mann, Sohn – diesen Scheiß darfst du dir von ihr nicht bieten lassen.« Er kniff Rodneys Wange, dass sie dunkelrot anlief »Sei ein Mann .«
    Die Gewitterwolken über dem Golf entluden sich, und drüben auf der Couch biss Dolly die Zähne zusammen und schaute gemeingefährlich drein.
    Das Kondom, das Lunch benutzt hatte, lag neben der Couch. Sie hob es auf und schwang es wie eine Schleuder.
    »He, Lunch«, rief sie, »friss Scheiße und krepier daran.«
    Lunch ahnte, dass da etwas auf seinen Kopf zugeflogen kam, und drehte sich so, dass das Wurfgeschoss seine Hutkrempe streifte und weiter abwärts kreiselte, bis es auf Rodneys Schuh landete.
    Der Inhalt sickerte auf das Importleder über seinen Zehen.
    Augenblicklich fing Rodney wieder zu weinen an. Ein reflexartiger Anfall von Manieren veranlasste ihn aber auch, prompt ein weißes Tuch aus seiner Brusttasche zu ziehen und unbeholfen seinen Schuh abzuwischen.
    Lunch sah auf Rodney hinab, dessen Heulsusenreaktion zeigte, dass die Ratschläge von Mann zu Mann bei ihm so gut wie nicht angekommen waren. Er schüttelte angeekelt den Kopf und hob die Hände, um anzudeuten, dass er sich geschlagen gab. Dann stampfte er in Richtung Tür und sagte nur noch: »Sohn, du bist absolut nicht zu retten ! «
    Der Parkplatz von Enoch’s Ribs and Lounge war bis auf ein paar Bierdosen und Papierabfalle leer. Ein Schild im Fenster des dunklen Restaurants verkündete: Wegen Renovierung geschlossen.
    Lunch parkte seinen VW -Käfer im Schatten einer großen Eiche, damit die Spätnachmittagssonne seine Schalensitze nicht verschmorte, und nahm die Vordertür. Der vordere Raum war düster, und muffiger Geruch hing in der Luft. Umgekehrte Stühle waren auf die Tische gestapelt, und Spinnweben dehnten ihren Herrschaftsbereich in den oberen Gefilden des Raums immer weiter aus.
    Auf halbem Weg hörte Lunch Kochgeräusche, und dann war auch der Geruch unverkennbar. In der Küche war der Grill in Betrieb. Lunch beugte sich zu seiner linken Stiefelette und kam mit einer zweischüssigen Derringer wieder hoch. Leise durchquerte er den Schankraum in Richtung Küche und stieß langsam die Pendeltüren auf. Da am Grill stand Short Paul aus Tampa, Fleischwender in der Hand, und kümmerte sich um zwei T -Bone-Steaks.
    Short Paul sah Lunch an und sagte: »Keine Kartoffeln? Hab überall gesucht und konnte nirgends welche finden. Nicht mal tiefgefrorene.«
    »Hä?«, machte Lunch.
    »Ich zähl zu den Menschen, die’s gern einfach haben, verstehst du – zum Fleisch gehören Kartoffeln. Vielleicht auch Erbsen oder ein Salat oder sonst was, aber das wär’s dann mit Extras.« Short Paul war nicht besonders klein, vielmehr normal groß, aber in seinen Jugendtagen war er meistens knapp bei Kasse gewesen, wenn’s darum ging, seine Kneipenschulden zu löhnen, und daher stammte der Spitzname. Seine im Übermaß vorhandenen grauen Haare bürstete er sich aus dem munteren Gesicht glatt nach hinten, und ebendies Gesicht verhalf ihm bei Kellnerinnen mit Ehekummer zu schneller und freundlicher Bedienung. Meistens knurrte er seine Sätze giftig wie ein Großstadtköter, und er war gebräunt wie der Besitzer einer Eigentumswohnung am Strand. »Aber Kartoffeln sind bei Fleisch kein Extra – sie sind Pflicht.«
    Lunch verstaute die Derringer in seiner Vordertasche und steckte sich in aller Ruhe Salem Nummer vier an.
    »Bist du hier, um mir Druck zu machen?«
    »Dir Druck machen, das würde ich niemals versuchen.«
    »Du solltest besser niemals, niemals, niemals sagen.«
    »He, he, nun bleib mal ganz cool«, sagte Short Paul mit einem hastigen Grinsen. »Angelo und ich, wir wollen nur

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