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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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Virgils und Bills Werkstatt herum, und es gab auch noch andere, die da herumstanden, was nur heißen konnte, dass er mit längerer Wartezeit zu rechnen hatte. Also rückte er den Klappkrempenhut so zurecht, dass es was Verwegenes hatte, und machte sich auf, die Promenade an einem Steilufer entlangzuspazieren, von wo man das breite braune Wasser überblicken konnte.
    Das Steilufer war grasbewachsen, geschmückt von Blumenbeeten, die man mit Steinwällen umfriedet hatte, und welke Blätter schienen aufgesammelt zu werden, kaum dass sie gefallen waren, denn es lagen nur einige wenige auf der Erde. Der Tag war abnorm heiß. Eigentlich hätte es Jackett-Wetter sein müssen, aber es war Nackter-Oberkörper-Wetter, und Lunch schwitzte, so ganz in Schwarz. Eine freundliche Frau gab ihm eins der Flugblätter, mit denen sie sich Luft zugefächelt hatte, und er fand eine Parkbank, wo er sich hinsetzen konnte, um es zu lesen.
    Bevor er den Handzettel überflog, genoss er die weite Aussicht über den Fluss und gab sich ganz dem Staunen hin. Höchstens diese Immigranten, die nach Schwämmen tauchen, oder einer von diesen Südsee-Typen könnten da hinüberschwimmen. So breit war das Wasser, so stark war die Strömung. Über diesem majestätischen Markstein schwebte eine Unmenge Vögel, und darauf trieb ein Lastkahn. Lunch hatte so ein Gefühl, als könne es mit ihm noch so weit kommen, dass er für so einem Wasserlauf Sympathie entwickelte. Besonders, wenn diese Vögel hoch oben in einer langen Linie mit ihm mitziehen würden und andere am Ufer die Bäume füllten.
    »Das kann man Fluss nennen, was?«, sagte eine Männerstimme.
    Ein Mann und eine Frau in den Dreißigern saßen auf der Nachbarbank. Sie waren ebenfalls bei Virgil und Bill gewesen.
    »Tolle Aussicht«, sagte Lunch.
    Er nahm das Flugblatt aus blauem Papier zur Hand. Alles ging um Natchez und den Natchez-Pfad. Da gab es Ratschläge, wo man hingehen sollte, wo man essen müsste, wo man übernachten konnte, und Infos darüber, zu welchen Zeiten die Pferdekutschen für sieben Dollar abfuhren und an welchen besonderen Sehenswürdigkeiten sie vorübertrotteten. In den paar Zeilen zur Geschichte war ein Absatz besonders hervorgehoben, und Lunch las ihn gleich zweimal: »John Thompson Hare, der abgefeimte Gesetzesbrecher, war einer der Ersten, der durchschaute, welche Möglichkeiten sich einem Wegelagerer auf dem Natchez-Pfad boten. Diese Straße machte ihn reich, aber auch übellaunig. In ihrer Wildnis zerbrach er, hatte Halluzinationen und wurde schließlich gefangen und gehenkt.«
    »Verdammt«, kommentierte Lunch. »Der Ort hier gibt einem zu denken.«
    Der Mann auf der Nachbarbank sagte: »Er hat eine bizarre Geschichte.«
    »Unsere Vorfahren waren ein ruppiger Haufen.«
    »Oh ja, Kumpel. Die Typen hier unten, das waren seinerzeit ein paar echt harte Brocken. Da gibt’s wohl keinen Zweifel.«
    »Hat auch seine traurigen Seiten«, sagte Lunch.
    Er stand auf, ging auf das Paar zu und streckte dem Mann, der sehr groß war, die Hand entgegen. Der schüttelte sie, und dann reichte Lunch der Frau, die emsig ein Knäuel rotes Garn verstrickte, die Hand. Sie nahm sie und hielt sie ein ganz klein wenig zu lange.
    »Rich Moody«, stellte sich Lunch vor, »freut mich, Sie kennenzulernen.«
    »Unser Name ist Smith«, erwiderte der Mann, und die Frau fugte hinzu: »John und Mary Smith«, und dann beide: »Und das ist kein Scherz!« Die kleine Vorstellung war bestens geprobt, und zum Abschluss kicherten die Smiths.
    »Find ich hübsch«, meinte Lunch.
    »Danke«, sagte John Smith. »Wir stammen aus der Gegend nördlich von Cedar Rapids, südlich von Waterloo.«
    »Ah-hah. Ich hab Sie bei Virgil and Bill gesehen.«
    »Stimmt. Da haben wir Sie auch gesehen. Kommt die Quetschung da in Ihrem Gesicht vom Unfall?«
    Lunch berührte mit den Fingern das Gesicht.
    »Oh, yeah«, sagte er.
    »Wir hatten auch einen«, sagte Mary. »Eine Einheimische ist von hinten auf uns draufgefahren.«
    »Wohl wahr«, bestätigte John Smith. »Wir waren auf Urlaub hier unten, aber so, wie’s sich jetzt entwickelt hat, haben wir auch noch ein bisschen Geld gemacht.« Er neigte Lunch seine große Gestalt entgegen. »Die Fahrerin des anderen Autos war beschwipst, verstehen Sie, aber wohlhabend. Also hat uns ihre Familie vor einer guten Stunde bar ausbezahlt.«
    Mary griff in ihre Handtasche und hielt einen fetten Geldpacken in die Höhe.
    »Bares lacht«, sagte sie, und ihr Gatte machte »Hi-hi«.
    In diesem

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